Bürgerrechtsorganisationen kritisierten Angriffe auf Rechtsstaat
Mehrere Bürgerrechtsrechtsorganisationen und juristische Berufsvertretungen haben eine gestiegene Infragestellung rechtsstaatlicher Mechanismen in diesem Bundestagswahlkampf kritisiert. "Überzogene Law and Order-Forderungen und verfassungswidrige Gesetze sind für uns nichts neues, gegen diese politisch und juristisch vorzugehen, ist schon lange ein Teil unserer Arbeit", schreiben unter anderem die Humanistische Union und die Vereinigung Demokratischer Juristen (VDJ).
Dieser Wahlkampf habe jedoch eine andere Qualität. "Im Zuge einer
radikalisierten Migrationspolitik, die durch den Aufstieg der AfD in den
Wahlumfragen begünstigt wird, werden das Recht an sich und die
Institutionen des Rechtsstaats, allen voran die Gerichte und die
Rechtsanwaltschaft, auch von demokratischen Parteien offen in Zweifel
gezogen", schreiben die Vereinigungen.
Durch die Zustimmung zum
sogenannten "5-Punkte-Plan" hätten CDU/CSU, FDP, BSW und AfD
"unverhohlen den Bruch mit Europarecht und Verfassungsrecht" gefordert.
"Durch einen kalkulierten Rechtsbruch qua permanenter Grenzkontrollen
soll Druck auf die europäische Gesetzgebung ausgeübt werden.
Ob
Urteile des Europäischen Gerichtshofs noch umgesetzt werden, ist zu
einer offenen Frage geworden", heißt es in der Erklärung, die auch das
Komitee für Grundrechte und Demokratie sowie der Republikanische
Anwälteverein (RAV) unterzeichnet haben. In den letzten Jahren sei neben
dem Migrationsrecht auch im Klima- und Umweltrecht öfter von einem
sogenannten 'exekutiven Ungehorsam' die Rede, indem
"Gerichtsentscheidungen seitens der Regierung und Verwaltung schlicht
ignoriert werden", kritisieren die Organisationen.
Gegen die
Einhaltung des gesetzten Rechts werde von Politikern und in Teilen der
Medien das Argument vorgebracht, das Recht dürfe nicht gegen "den Willen
des Volkes stehen". Falls es dies tue, müsse es verändert werden. "Aber
erstens geht es bei den allermeisten rechtlichen Aspekten, die aktuell
infrage gestellt werden, nicht um einfaches Gesetzesrecht. Stattdessen
geht es um Grund- und Menschenrechte, internationale und europäische
Verträge oder um die Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit an sich", geben
auch die Neuer Richtervereinigung (NRV) und der Postmigrantische
Juristenbund zu bedenken. "Richtig ist, dass das Recht immer das
Ergebnis von gesellschaftlichen Aushandlungsprozessen ist. Aber
unteilbare Grund- und Menschenrechte dürfen in politischen Verhandlungen
nicht zur Disposition stehen."
Die Bürgerrechtsorganisationen
mahnen an, dass diese Rechtsgrundlagen gerade in Deutschland das
Ergebnis der historischen Erfahrungen aus zwei Weltkriegen und der
NS-Herrschaft seien. "Sie sind ein Teil der Aufarbeitung von
Vergangenheit, die nichts an ihrer Gültigkeit verloren hat. Dazu zählt
vor allem die Unteilbarkeit der menschlichen Würde und die Gleichheit
aller Menschen vor dem Gesetz, auch unabhängig von ihrer Herkunft."
Quelle: dts Nachrichtenagentur