Forscher fahnden nach Twitter-Psychopathen
Archivmeldung vom 29.08.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittForscher der Florida Atlantic University haben eine Methode entwickelt, mit der sie aufgrund von Twitter-Nachrichten feststellen können, ob Nutzer des Microblogging-Dienstes Psychopathen sind. Für die Studie wurde die Wortwahl von 3.000 Twitter-Nutzern analysiert. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass das häufige Verwenden von Wörtern wie "töten", "stirb" oder "begraben" auf einen tendenziell psychopathischen Charakterzug hinweist. Diese neue Methode könnte schon bald im Gesetzesvollzug zum Einsatz kommen.
Randall Wald und Taghi Khoshgoftaar wollen mit diesem Analyseverfahren helfen Verbrechen vorzubeugen und Arbeitgebern Einblick in die Psyche ihrer potenziellen Mitarbeiter gewähren. Für die Studie wurde eine Formel angewendet, die in der Kriminologie bereits erfolgreich eingesetzt wird. Der Algorithmus durchsuchte die Tweets der Personen, die freiwillig an der Studie teilgenommen haben. Dabei kam man zum Ergebnis, dass 1,4 Prozent aller Teilnehmer psychopathische Neigungen zeigen.
"Das ist ein Indikator für Psychopathie. Wir können aber keine hundertprozentigen Resultate liefern", sagt Wald. Studien über die Verbindung von Sprache und der mentalen Gesundheit von Menschen wurden schon oft erstellt und in der Kriminologie zur Kriminalprävention verwendet. In dieser Studie wurden aber zum ersten Mal auch soziale Medien unter die Lupe genommen.
"In sozialen Medien wird oft über andere geurteilt. Es gibt sogar Unternehmen, die Arbeitssuchende auf Auffälligkeiten analysieren", sagt Chris Summer von der Online Privacy Foundation, die die Studie in Auftrag gegeben hat. Bevor das Analyse-Werkzeug zur Verbrechensbekämpfung eingesetzt wird, dürfte aber noch einige Zeit vergehen: "Wir müssen noch viel Forschung betreiben."
Die Forscher sind von dem neuen Verfahren überzeugt, geben aber auch zu, dass es nicht perfekt ist. Darüber hinaus verstehen sie, dass es zu Konflikten mit Datenschützern kommen könnte. "Für unsere Studie wurden alle Tweets anonymisiert. Im Allgemeinen muss man aber sagen, dass man selbst dafür verantwortlich ist, was man im Web von sich preisgibt", sagt Khoshgoftaar.
Experte kritisiert Studie
"In dieser Form wird diese Methode bestimmt nicht zum Einsatz kommen - ich halte das für absurd. Wenn ich über einen Mord schreibe, werden Wörter wie töten sehr oft vorkommen. Es kommt immer auf den Kontext an", sagt Hans Schanda, Ärztlicher Leiter der Justizanstalt Göllersdorf http://bit.ly/RiL605 , gegenüber pressetext.
Der forensische Psychiater ist von der Studie nicht überzeugt und spricht von "Menschen, die sich in den Medien wichtig machen wollen". "Bei psychisch gestörten Personen stellen wir oft Sprachstörungen fest. Diese Herangehensweise ist aber nicht seriös", so Schanda.
Die Methode, die im Dezember bei der International Conference of Machine Learning and Applications in Boca Raton vorgestellt werden soll, hat grundlegende Einschränkungen, die sich auf das Resultat auswirken. Das Verfahren kann abgekürzte Wörter, die auf Twitter sehr häufig sind, nicht erkennen. Außerdem werden die Emotionen der Nutzer nicht berücksichtigt.
Quelle: www.pressetext.com/Peter Oslak