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Strafanzeigen gegen Münchner OB und Leiter der Münchner Philharmoniker sowie Bayrischen Staatsoper

Archivmeldung vom 21.03.2022

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.03.2022 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Thorben Wengert  / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Jüngsten Eskalationen des Konflikts um die Ukraine haben nicht nur großes Leid über weite Teile der Zivilbevölkerung vor Ort gebracht, sondern auch zu ungerechtfertigten Übergriffen auf gleichermaßen unbeteiligte Russen geführt, die z.B. in Deutschland leben und nur künstlerisch tätig sind. Dies berichtet das Magazin "Unser Mitteleuropa".

Weiter berichtet das Magazin: "Nach der Entlassung von Valery Gergiev, dem Chefdirigenten der Münchner Philharmoniker, sah sich der Abgeordnete des Deutschen Bundestages, Petr Bystron veranlasst, eine Strafanzeige wegen versuchter Nötigung in einem besonders schweren Fall gem. §§240 I‑III, III Nr. 3, 22ff StGB bei der Staatsanwaltschaft in München einzureichen. Die Strafanzeige richtet sich gegen:

  1. Dieter Reiter, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München
  2. Christian Beuke, Management- Direktor der Münchner Philharmoniker
  3. Serge Dorny, Intendant der Bayerischen Staatsoper München

Zur Vorgeschichte

Das Münchner Medium tz.de meldete am 25. Februar 2022:

Erstmeldung, 25. Februar, 12:10 Uhr: Es sind deutliche Worte, die der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) in einem Schreiben an den umstrittenen Chef-Dirigenten der Münchner Philharmoniker findet. „lch habe gegenüber Valery Gergiev meine Haltung klargemacht und ihn aufgefordert, sich ebenfalls eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg zu distanzieren, den Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt“, sagte Reiter am Freitag. OB setzt dem Chefdirigenten der Philharmoniker ein Ultimatum bis Montag. Dafür räumt ihm der OB nur ein Wochenende Bedenkzeit ein. „Sol|te sich Valery Gergiev hier bis Montag nicht klar positioniert haben, kann er nicht länger Chefdirigent unserer Philharmoniker bleiben“, stellte Reiter klar.

Der Bayerische Rundfunk – BR-Klassik meldete am 4. März 2022 zur selben Causa:

„Die Münchner Philharmoniker trennen sich von ihrem Chefdirigenten Valery Gergiev. Seine positive Haltung gegenüber Russland und Präsident Putin habe er auf Anfrage der Stadt nicht überdacht, sagte der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter am Dienstagvormittag. Die Bayerische Staatsoper und die Hamburger Elbphilharmonie ziehen nach. Der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker Valery Gergiev wird mit sofortiger Wirkung entlassen. Das beschliesst Oberbürgermeister Dieter Reiter am 1. März 2022.

Reiter hatte dem Dirigenten aufgrund seiner Putin-Nähe ein Ultimatum gesetzt: Bis Montagabend, dem 28. Februar, sollte er sich „eindeutig und unmissverständlich von dem brutalen Angriffskrieg“ distanzieren, den „Putin gegen die Ukraine und nun insbesondere auch gegen unsere Partnerstadt Kiew führt“. Zu dieser Aufforderung hatte sich Gergiev nicht geäuβert, sodass er nun keine Konzerte mehr an der lsar dirigieren wird.

Auf Anfrage von BR-KLASSIK gibt es aus dem Orchester keine ergänzenden Äuβerungen zur Entscheidung von Oberbürgermeister Dieter Reiter. Er spreche für die Stadt München und damit auch für das Orchester, so Christian Beuke.“

Eine Analyse der Rechtslage

Die Strafanzeige wirft dem Oberbürgermeister Reiter nach seinem eigenen öffentlichen Geständnis die Tatherrschaft und ein Vergehen der versuchen Nötigung zum Nachteil von Valery Gergiiev vor. Die Ermittlungen werden erweisen, ob die durch Christian Beuke exekutierte Anordnung zur Mittäterschaft oder Beihilfe qualifizieren.

lntendant Dorny räumt in seiner Erklärung ein, dass es von ihm gegenüber Anna Netrebko die Forderung nach einer öffentlichen Distanzierung zu ihrem Heimatland gab und Netrebko diesem Ansinnen nicht nachgekommen sei.

Die Strafanzeige wirft die Frage auf, ob die von OB Reiter und Intendant Dorny verlangten Handlungen überhaupt berechtigt sind:

Ein Dirigentenvertrag räumt in einem Rechtsstaat dem Dienstherrn gegenüber dem Künstler keinen Anspruch ein, diesen zu öffentlichen Erklärungen mit politischen Inhalten zu nötigen. Schon gar nicht Verlautbarungen, die vom Dienstherrn vorgegeben würden und letztlich eine Unterwerfung unter dessen politischer Linie darstellten. Schon dieses Ansinnen von OB Reiter gegenüber Gergiev ist krass rechtswidrig.

Dazu kommt, dass es auf den lnhalt nicht ankommt. Ein Anspruch besteht auch dann nicht, wenn der Künstler mit dem lnhalt einverstanden wäre. lst er es nicht, wird die Angelegenheit schlimmer und überschreitet die Grenze zur Kriminalität, nämlich dann, wenn, wie hier, ein Druckmittel eingesetzt würde, das vom Gesetz als „empfindliches Übel“ definiert wird.

Zweifellos ist die auβerordentliche Kündigung eines Zeitvertrags als Chefdirigent eines Orchesters von Weltruf ein „empfindliches Übel“ i.S. von § 240 I StGB.

Die Zweck-Mittel-Relation nach § 240 Abs. ll StGB

Wenn schon das von OB Reiter artikulierte Begehren als solches rechtswidrig ist, dann erst recht, wenn es mit einem Ultimatum und einer Kündigungsandrohung unterlegt ist. Hier ist der Angriff auf die Willensfreiheit des Betroffenen – dem Rechtsgut der Strafvorschrift – mehr als offensichtlich.

Die beiden Geschädigten, Gergiev und Netrebko, haben sich von den ultimativen Kündigungsdrohungen nicht einschüchtern lassen und sich geweigert, dem Verlangen nach der Abgabe öffentlicher Unterwerfungserklärungen nachzugeben. Damit blieben die Taten im Versuchsstadium stecken. Nachdem die Kündigungen nunmehr ausgesprochen wurden, ist der Versuch fehlgeschlagen und ein strafbefreiender Rücktritt nach § 24 StGB nicht mehr möglich. Sowohl OB Reiter als auch lntendant Dorny handelten in ihrer Eigenschaft als lnhaber eines Amtes, welches sie allein in die Lage versetzte, sowohl die Nötigungshandlung zu begehen als auch das Nötigungsmittel kraft eigener Entscheidung umzusetzen.

Erschwerende Tatbestände

Üblicherweise ist in Verträgen mit Künstlern die Klausel enthalten, dass sie – was für Kulturschaffende in einem Vertragsverhältnis ohnehin selbstverständlich sein müsste – öffentlich politische Aussagen jeglicher Art zu unterlassen hätten. Ein auβerordentlicher Kündigungsgrund läge dann vor, wenn sie sich dennoch politisch äuβerten. Sie könnten dann zu Recht entlassen werden, weil sie ja indirekt ihren Arbeitgeber bzw. Dienstherrn kompromittieren. Dieses Prinzip aus dem Arbeits‑, Dienst- und Künstlerrecht wird lm vorliegenden Fall in sein paradoxes Gegenteil verkehrt: Plötzlich soll – nach der Sichtweise der Beschuldigten, ein Dienstherr seinen zur Zurückhaltung verpflichteten Vertragspartnern die Abgabe politischer Erklärungen abnötigen können. Genau zum Schutz gegen solche Übergriffe und Anschläge auf die Handlungs- und Willensfreiheit wurde die Strafvorschrift des § 240 StGB geschaffen.

Anlass zu gröβter Sorge gibt die Feststellung, dass die Medien und nicht zuletzt die öffentlich-rechtlichen, offenbar gar nicht realisiert haben, dass hier die Grenze zur Kriminalität überschritten wurde, nur um ihre ideologische Suppe zu kochen."

Quelle: Unser Mitteleuropa

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