Mehdorn unbeeindruckt von öffentlicher Kritik
Archivmeldung vom 08.03.2014
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Freigeschaltet durch Doris OppertshäuserDie öffentliche Kritik an seiner Leistung als Geschäftsführer des neuen Großflughafens Berlin-Brandenburg (BER) lässt Hartmut Mehdorn nach eigenen Worten kalt. Mehdorn sagte "Bild am Sonntag": "Schulnoten von Leuten, die meine Leistungen gar nicht beurteilen können, interessieren mich nicht." Mehdorn begrüßte es, dass ihm erst vor wenigen Tagen BER-Aufsichtsratschef Klaus Wowereit das Vertrauen ausgesprochen hatte: "Ich habe mich darüber gefreut. Das ist okay. Wir haben das hier im Griff." Ein völliges Scheitern des Projekts schloss Mehdorn "absolut" aus: "Ich bin hierher gekommen, um den Flughafen fertigzustellen. Und genau das werde ich tun.
Einer muss es machen." Kritik an den stark gestiegenen Kosten für den Flughafen hält Mehdorn für ungerechtfertigt: "Seit der ersten Planung haben sich die Zahl der Passagiere und die Zahl der Quadratmeter des Flughafens annähernd verdoppelt. Wen überrascht es, wenn dies auch für die Kosten gilt? Mich nicht! Am Ende wird der BER im internationalen Vergleich ein preiswerter Airport sein." Mehdorn lehnte es jedoch ab, die Kosten zu beziffern: "Wir haben ein genaues Bild davon, wie viel Geld wir bis zur Inbetriebnahme des Flughafens und darüber hinaus benötigen. Aber auch das werde ich Ihnen heute nicht sagen."
Vorwürfe, er führe das Projekt im "Rambo-Stil" wies Mehdorn zurück: "Eine klare Sprache ist kein "Rambo-Stil". Ich war 28 Jahre bei Airbus, zehn Jahre bei der Bahn. Fragen Sie doch mal meine Kollegen, die mit mir arbeiten oder gearbeitet haben." Er räumte aber auch ein: "Ich habe kein Problem damit zu sagen, dass wir hier am BER nicht so schnell sind wie wir gehofft haben. Denn dafür gibt es Gründe." Ein guter Manager muss nach den Worten Mehdorns kommunikationsfähig sein: "Er hört zu. Er entscheidet. Er ist ein guter Teamleader. Er muss kritikfähig sein. Und er darf kein Weichei sein." Er selbst sei mit seiner beruflichen und privaten Situation voll zufrieden: "Ich bin ein wunschlos glücklicher Mensch. Den Rest regelt meine Frau."
Mehdorn: Bei Ausweitung des Nachtflugverbots hat BER keinen Sinn mehr
Bei einer einer Ausweitung des Nachtflugverbots für den neuen Großflughafen Berlin-Brandenburg (BER), wie vom Land Brandenburg gefordert, hat nach den Worten von BER-Chef Hartmut Mehdorn das ganze Projekt keinen Sinn mehr. "Eine Ausweitung des nächtlichen Flugverbots halten wir nicht für erforderlich", sagte Mehdorn der "Bild am Sonntag". "Sollte es dennoch dazu kommen, dann hätte man diesen Flughafen gar nicht bauen müssen. Dann wird der BER nicht mehr zu einem internationalen Umsteigeflughafen", so der BER-Chef. "Die Flughäfen weltweit richten sich nicht nach einem Nachtflugverbot in Berlin. Wenn sie einen Slot haben, muss eine Landung in Berlin möglich sein." Generell stellt Mehdorn ein Nachtflugverbot für den BER in Frage: "Ein Hauptstadt-Airport sollte nach meiner Überzeugung überhaupt keinerlei zeitlichen Einschränkungen unterliegen, 24 Stunden offen sein. So ist es auf der ganzen Welt."
Mehdorn machte aber auch deutlich, dass er die Sorgen der Anwohner ernst nimmt: "Natürlich haben wir als Management eine Verantwortung dafür, die Lärmbelästigung der Anwohner zu minimieren. Deswegen gibt es hier schon lange einen sorgsam austarierten und sehr anwohnerfreundlichen Kompromiss bei den Flugzeiten. Und deswegen haben wir hier Lärmschutzmaßnahmen ergriffen, die es in diesem Ausmaß und dieser Qualität nirgendwo auf der Welt gibt." Jedes Gespräch in einem Büro mache mehr Lärm, als die Landung eines Flugzeugs im Hausinneren in der Flughafenumgebung machen dürfe.
Gleichzeitig kritisierte Mehdorn aber auch die Anspruchshaltung der Anwohner: "Wir leben in einer Wohlstandsgesellschaft und wollen stets pünktlich nach Mallorca kommen. Doch den Lärm sollen andere haben. Das geht nicht."
BER-Chef Mehdorn kritisiert deutsches Baurecht
Nach Ansicht von Berlins Flughafenchef Hartmut Mehdorn gibt es in Deutschland zu viele Bau-Vorschriften, der deutsche Staat sei "völlig überreguliert". In einem Beitrag für das Nachrichtenmagazin "Focus" beschreibt Mehdorn nach einjähriger Amtszeit das deutsche Baurecht als Zeit- und Geldfresser Nummer eins. "Wir leisten uns eine undurchsichtige Kleinstaaterei, in jedem Bundesland gelten andere Regeln. Ständig wird das Baurecht um neue Vorschriften und Normen ergänzt", kritisierte der 71-Jährige. "Das Kapitel Baurecht ist ein Dorado für Mahner und Bedenkenträger geworden." Politiker trauten sich kaum noch aus der Deckung, wenn ein Beamter drohend den Zeigefinger hebe und von "Gefahr für Leib und Leben" spreche.
Bis heute ereilten den Flughafen neue Vorschriften oder Vollzugshinweise, mit denen bereits geleistete Arbeit zunichte gemacht werden könne. Viele Monate Zeit würden auch europaweite Ausschreibungen kosten, die für Planungs- und Bauaufträge ab gewissen Schwellenwerten gemacht werden müssten, in denen der Flughafen aber lieber planen und bauen würde. Deswegen sei der BER kein Einzelfall. "Bei fast allen großen Infrastrukturprojekten in Deutschland kommt es zu Verzögerungen und damit zu Kostensteigerungen", schrieb Mehdorn im "Focus". Gerade das Beispiel BER zeige, dass es in Deutschland grundsätzliche Probleme gebe, "die wir dringend angehen müssen, wenn wir als größte europäische Volkswirtschaft unsere Wettbewerbsfähigkeit erhalten wollen."
Selbst wenn Projekte höchstrichterlich genehmigt seien, gingen die Auseinandersetzungen weiter. "Wenn einer streitbaren Minderheit ein Projekt nicht passt, initiiert sie eine Volksbefragung und setzt damit die Politiker unter Druck", kritisierte der Airport-Manager. Im Zweifelsfall habe ja die Opposition versprochen, das Projekt nach der nächsten Wahl zu kippen. Das sei letztlich ein gesellschaftspolitisches Problem: "Alle wollen Mobilität, doch keiner will deren Begleiterscheinungen in Kauf nehmen. Mobilität ohne Lärm ist leider noch nicht erfunden worden." Je länger er mit dem Problem zu tun habe, "desto schleierhafter wird mir, wie man je annehmen konnte, den BER im Jahr 2012 oder gar schon 2011 eröffnen zu können", so Mehdorn.
Quelle: dts Nachrichtenagentur