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Studie zur Bundestagswahl 2017: "Wahl-O-Mat" stärkt CDU/CSU, das "Wahl-Navi" SPD und Grüne

Archivmeldung vom 14.09.2017

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.09.2017 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Studie zur Bundestagswahl 2017: "Wahl-O-Mat" stärkt CDU/CSU, das "Wahl-Navi" SPD und Grüne Bild: "obs/Nordlight Research GmbH"
Studie zur Bundestagswahl 2017: "Wahl-O-Mat" stärkt CDU/CSU, das "Wahl-Navi" SPD und Grüne Bild: "obs/Nordlight Research GmbH"

Verschiedene Wahlentscheidungshelfer im Internet führen bei der Nutzung durch die gleiche Personengruppe zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen. Dies zeigt eine heute veröffentlichte Studie der unabhängigen Forschungsinstitute Webfrager Internetmarktforschung aus Bochum und Nordlight Research aus Hilden.

Besonders eklatant sind die Abweichungen der Wahlhelfer-Tools bei der Zuordnung der Übereinstimmung der Bundesbürger mit den großen Volksparteien. Signifikante Abweichungen zeigen sich aber auch bei Grünen und AfD. Ebenfalls sehr deutlich weichen die algorithmisch ermittelten Rankings von den Wahlabsichten der Bundesbürger ab ("Sonntagsfrage"). Verschiedenen automatisierten Wahlhilfe-Tools zufolge käme es bei der bevorstehenden Bundestagswahl 2017 auch zu völlig unterschiedlichen Regierungsmehrheiten. Die häufig suggerierte Objektivität, Validität und Unparteilichkeit der im Internet und als Apps boomenden Wahlentscheidungshelfer sollte daher kritisch betrachtet werden.

Generell geben 24 Prozent der mit den digitalen Wahlhelfern bereits vertrauten Bundesbürger an, dass diese ihre Wahlentscheidung in der Vergangenheit bereits schon einmal stärker beeinflusst hätten. 74 Prozent halten diese grundsätzlich für hilfreich.

Vergleichend getestet wurden in der Studie der "Wahl-O-Mat" der Bundeszentrale für politische Bildung sowie das neue "Wahl-Navi" von RTL. Über 1.000 wahlberechtigte Bundesbürger ab 18 Jahren wurden Anfang September als Testgruppe befragt. Zugleich wurde die Übereinstimmung der Ergebnisse der beiden Wahlautomaten (Platz 1 im Ranking) mit der Antwort der Testpersonen auf die "Sonntagsfrage" sowie die subjektiv erlebte Qualität der beiden Wahlhelfer-Tools untersucht. Andere Wahlentscheidungshilfe-Angebote, wie beispielsweise "Wahlswiper", "Bundeswahlkompass" oder "Deinwal.de", wurden aufgrund ihrer bisher erst geringen Bekanntheit nicht gesondert getestet.

Markante parteienspezifische Abweichungen

Insbesondere bei der Zuordnung der (gleichen) Nutzer zu den großen Volksparteien zeigen sich erhebliche Abweichungen: in den Präferenzrankings der Wahlautomaten landet die CDU/CSU in der Testgruppe im "Wahl-O-Mat" durchschnittlich zu 36% auf Platz 1, im "Wahl-Navi" von RTL hingegen nur zu 13 Prozent. Bei der SPD ist es umgekehrt: im "Wahl-O-Mat" liegt die SPD durchschnittlich nur zu 15 Prozent auf Platz 1 des ermittelten Rankings, im "Wahl-Navi" hingegen zu 36 Prozent. Auch bei den GRÜNEN (12% vs. 24%) sowie bei der AFD (7% vs. 13%) zeigen sich ebenfalls deutliche Abweichungen in der Parteipräferenz-Zuordnung der beiden Wahlautomaten. Lediglich bei FDP und LINKE bewegen sich die Abweichungen im kleineren Rahmen von plus/minus zwei Prozent.

Zusätzlich weichen beide getestete Wahlautomaten deutlich von der geäußerten Wahlabsicht der Nutzer ab ("Sonntagsfrage"): der "Wahl-O-Mat" zu 38 Prozent, das "Wahl-Navi" sogar zu 63 Prozent.

"Digitale Wahlhelfer haben einen positiven Effekt auf die Wahlbeteiligung und beeinflussen bis zu einem gewissen Grade auch tatsächliche Wahlentscheidungen", sagt Bodo Griehl, Projektleiter bei der Webfrager Internetmarktforschung. "Umso mehr wären eine größere Objektivität und geringere Abweichungsquoten wünschenswert".

Rafael Jaron, Geschäftsführer bei Nordlight Research ergänzt: "Der Hinweis, dass die Wahlhelfer-Tools keine Wahlempfehlung darstellen bzw. geben wollen, entbindet deren Entwickler und Verbreiter nicht von der Pflicht, diese ausreichend zu validieren und parteienneutral zu gestalten. Zugleich sind die Nutzer, die sich eine bequeme Parametrisierung ihrer Parteienpräferenz erhoffen, aufgefordert, konkretes politisches Handeln mit zu verfolgen, um sich jenseits von Algorithmen eine Meinung zu bilden."

Je nach Auswahl der Themen, der Formulierung der Fragen, der Konstruktion der Antwortskalen und der algorithmischen "Verrechnungslogik" ergeben die Wahlhelfer auf Basis der Antworten der gleichen Nutzer ganz offensichtlich sehr unterschiedliche Übereinstimmungszuordnungen - und damit auch "virtuelle" Parteistärken und Regierungsmehrheiten. Kurz: Die Ergebnisse der automatisierten Wahlhelfer werden stark davon beeinflusst, was und wie jeweils gefragt wird und wie die Antworten in den Wahlautomaten algorithmisch verrechnet werden.

Wahlentscheidungshelfer werden grundsätzlich als hilfreich erlebt - im subjektiven Gesamturteil liegt der "Wahl-O-Mat" vor dem "Wahl-Navi"

Generell erleben drei Viertel der Bundesbürger (74%) die digitalen Wahlhelfer zumindest teilweise als hilfreich für ihre eigene Wahlentscheidung; davon 18 Prozent als "sehr hilfreich". Rein subjektiv beurteilten die Testpersonen den "Wahl-O-Mat" positiver (59% Präferenz) als das "Wahl-Navi" (41% Präferenz). Im Test wirkte der "Wahl-O-Mat" auf die Teilnehmer vergleichsweise seriöser, vertrauenswürdiger und informativer.

Eine Ursache dafür kann darin liegen, dass der seit 2002 angebotene und mit öffentlichen Mittel geförderte "Wahl-O-Mat" den Bundesbürgern bereits deutlich länger bekannt und vertraut ist als der neue "Wahl-Navi" von RTL. Aktuell liegt die Bekanntheit des "Wahl-O-Mat" bei den befragten Wahlberechtigten bei 94 Prozent, die des neuen "Wahl-Navi" bei 21 Prozent (vor dem Test abgefragt). Andere digitale Wahlhelfer sind jeweils erst zu deutlich unter zehn Prozent bekannt.

Fazit

Das Ausmaß der Abweichungen unterschiedlicher Wahlentscheidungshelfer-Tools bei der Zuordnung der Zustimmung zu wahlrelevanten Aussagen zu den einzelnen Parteien ist erstaunlich - und im Hinblick auf deren Objektivität und Validität kritisch zu betrachten.

Dennoch haben die digitalen Wahlhelfer in der "Mediendemokratie" eine durchaus nützliche und auch diskursive Funktion. Die Wahlentscheidung selbst sollte von mündigen Bürgern jedoch in der eigenen Hand behalten werden, und nicht an Automaten und Algorithmen delegiert werden.

Aus den Studienergebnissen selbst lässt sich zudem ausdrücklich nicht ableiten lässt, welcher der beiden getesteten Wahlautomaten grundsätzlich "besser" ist, "richtiger" zuordnet oder Wahleinstellungen "am objektivsten" wiederspiegelt. Zudem stellen die Ergebnisse keinerlei Prognose zur tatsächlichen Wahlentscheidung der Bundesbürger und zum Ausgang der Bundestagswahl 2017 dar.

Quelle: Nordlight Research GmbH (ots)

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