GEPA fordert Bundesregierung zu wirksamem Lieferkettengesetz auf
Archivmeldung vom 11.09.2019
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Freigeschaltet durch André OttMenschenrechte kennen kein Pardon: Fair Trade-Pionier GEPA unterstützt eine breit angelegte zivilgesellschaftliche Kampagne für ein Lieferkettengesetz (Lieferkettengesetz.de), die jetzt gestartet ist.
Zusammen mit zahlreichen namhaften zivilgesellschaftlichen Akteuren in Deutschland wie die GEPA-Gesellschafter MISEREOR und "Brot für die Welt" fordert die GEPA die Bundesregierung dazu auf, noch in dieser Legislaturperiode ein wirksames Lieferkettengesetz zu verabschieden, das alle transnational agierenden Unternehmen ab 250 Mitarbeiter*innen mit Sitz in Deutschland menschenrechtliche und ökologische Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorschreibt. Unternehmen müssen demnach Risiken untersuchen, Maßnahmen ergreifen, berichten, Beschwerdestellen einrichten und bei Nichteinhaltung Bußgelder zahlen.
Transparente Lieferkette im Tee-Anbau
Die GEPA fordert die Ausweitung eines solchen Gesetzes in Risikosektoren wie beispielsweise im Tee-Anbau auch auf kleine und mittelständische Unternehmen aus Deutschland. Erst kürzlich hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung in ihrer Studie "Edle Tees für Hungerlöhne" über massive Ausbeutung im Anbaugebiet Darjeeling berichtet. Wie es besser funktioniert, zeigt der langjährige GEPA-Partner Tea Promoters India (TPI): In rund 30-jähriger Kooperation mit dem Anbauverband Naturland und der GEPA ist die sozial engagierte Tee-Firma zur Erfolgsgeschichte und zum Modell für Fairen Handel und Bio-Anbau in Darjeeling geworden. Auch bei Mitbestimmung ist TPI Pionier. Teearbeiter und Pflückerinnen waren von Anfang an im gemeinsamen Komitee mit dem Management vertreten und haben über die Sozialmaßnahmen mitentschieden. Frauen werden besonders gefördert. Beispielsweise leitet dort die einzige Frau Indiens einen Teegarten. Gleiche Chancen durch Fairen Handel ist auch das diesjährige Motto zur Fairen Woche (www.fairewoche.de).
Politik und Tee-Importeure in der Pflicht
Systematische Verstöße gegen Arbeitsrechte und das Recht auf Nahrung der Teearbeiter*innen zeigen, dass bestehende Gesetze in Indien wie der Plantations Labour Act nicht ausreichen. Damit hier flächendeckend menschenwürdige Arbeitsbedingungen durchgesetzt werden können, sind sowohl die deutsche wie die indische Regierung als auch die Tee-Importeure in der Pflicht. "Ein Lieferkettengesetz, das sowohl menschenrechtliche als auch ökologische Sorgfaltspflichten entlang der gesamten Wertschöpfungskette vorschreibt, ist gerade im Risikosektor Tee unabdingbar", so GEPA-Geschäftsführer Peter Schaumberger. "Diese Praxis sollte auch für Tee-Importeure aus anderen Ländern gelten. Daher sehen wir die Bundesregierung in der Verantwortung, sich international für ein starkes, verbindliches UN-Abkommen zu Wirtschaft und Menschenrechten einzusetzen. Wir fordern die deutsche Regierung darüber hinaus auf, die Empfehlungen der indischen Regierungskommission zur Verdopplung des Mindestlohns auf ein existenzsicherndes Niveau zu unterstützen."
Auch Tee-Importeure haben die Marktmacht, existenzsichernde Löhne zu beeinflussen und ein Signal an die Regionalregierungen zu senden. Weltweit dominieren laut MISEREOR-Studie von 2014 ("Hunger ernten: Plantagenarbeiter und das Recht auf Nahrung") drei Konzerne 80 Prozent des Teehandels. Diese Konzerne diktieren die Preise und Produktionsbedingungen. Auch mit Blick auf den deutschen Teemarkt ist die ungleiche Preisgestaltung entlang der Teelieferkette eine der zentralen Auslöser für die Missstände von Teepflückerinnen in Darjeeling.
Anteil an der Wertschöpfung erhöhen
Eine Musterkalkulation für den GEPA Darjeeling-Grüntee zeigt, dass das Partnerunternehmen TPI einen Anteil von 25 Prozent hat. Der Anteil der Pflückerinnen und Teearbeiter beträgt 7,15 Prozent. Damit liegt der direkte Anteil der Pflückerinnen und Arbeiter zweieinhalb bis fünf Mal so hoch wie bei den konventionellen Fallbeispielen, die die Rosa-Luxemburg-Studie ermittelt hat. Peter Schaumberger: "Deutsche Teehändler sollten Preise zahlen, die der hohen Tee-Qualität des Darjeeling-Tees tatsächlich entsprechen. Das ist auch die Basis für existenzsichernde Löhne.
Im Dialog mit ihren indischen Partnerfirmen und Gewerkschaften sollten sie darauf hinwirken, dass die Löhne deutlich erhöht werden, beispielsweise auch durch Bonuszahlungen, wie sie bei unserem Partner TPI schon üblich sind." TPI gewährt darüber hinaus viele geldwerte Leistungen, die über gesetzliche Vorgaben hinausgehen. Dazu zählen beispielsweise Workshops zu Bio-Anbau, Finanzbuchhaltung, Schulstipendien, Solarstrom und Biogas für Küche der Familien. Was den Fairen Handel mit TPI im Einzelnen ausmacht, kann man im Hintergrundpapier zu Menschenrechtsverletzungen im Teesektor: Fairer Handel und Lieferkettengesetz als wirksame Maßnahmen nachlesen, zum Download unter
Papier-Lieferkettengesetz
TPI-Geschäftsführer Gautam Mohan: "Würde man diese geldwerten Leistungen umrechnen und zum Lohn dazu addieren, läge der Lohn theoretisch beträchtlich höher. Dennoch ist die (staatlich geregelte) Lohnauszahlung generell zu niedrig und muss überarbeitet werden. Die Regierung plant daher einen Mindestlohn im Teesektor auf der Grundlage der tatsächlichen Lebenshaltungskosten." In dem Hintergrundpapier zu Menschenrechtsverletzungen im Teesektor: Fairer Handel und Lieferkettengesetz als wirksame Maßnahmen werden politische Forderungen und Vorschläge für konkrete Maßnahmen näher erläutert.
Als Fair Trade-Pionier steht die GEPA seit über 40 Jahren für Transparenz und Glaubwürdigkeit ihrer Arbeit. Wir handeln als größte europäische Fair Handelsorganisation mit Genossenschaften und sozial engagierten Privatbetrieben aus Lateinamerika, Afrika, Asien und Europa. Durch faire Preise und langfristige Handelsbeziehungen haben die Partner mehr Planungssicherheit. Hinter der GEPA stehen MISEREOR, Brot für die Welt, die Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland (aej), der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und das Kindermissionswerk "Die Sternsinger". Für ihre Verdienste um den Fairen Handel und die Nachhaltigkeit ist die GEPA vielfach ausgezeichnet worden, u. a. beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2014 als "Deutschlands nachhaltigste Marke"; gleichzeitig wurde sie dabei unter die Top 3 der nachhaltigsten Kleinunternehmen (bis 499 Mitarbeiter) gewählt. Außerdem hat sich die GEPA nach dem neuen Garantiesystem der WFTO prüfen lassen. Näheres zu Preisen und Auszeichnungen sowie zur GEPA allgemein unter www.gepa.de
Quelle: GEPA mbH (ots)