IW kritisiert Wirtschaftspläne der Union

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Der Chef des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) Köln, Michael Hüther, sieht Widersprüche in den wirtschaftspolitischen Plänen der Union und warnt sie vor einer Kehrtwende in der Energiepolitik.
"Im 15-Punkte-Programm der CDU stehen zum Beispiel die Wiedereinführung
der Agrardieselrückvergütung, steuerfreie Zuschläge für Überstunden und
bis zu 2000 Euro steuerfreies Gehalt für Rentner", sagte Hüther dem
"Spiegel". "Das sind neue Subventionen, die man eigentlich vermeiden
wollte. Natürlich müssen wir das Angebot an Arbeitskräften ausweiten -
aber nicht, indem wir mehr Geld verteilen."
Hüther zufolge sollte
die nächste Bundesregierung in der Wirtschaftspolitik kurzfristig vor
allem drei Dinge tun: "Investitionen fördern, Netzentgelte senken und
einen weiteren Anstieg der Sozialbeiträge verhindern." Zur Förderung von
Investitionen sprach sich Hüther für eine Prämie, wie sie auch die SPD
fordert, oder sogenannte Superabschreibungen aus. "Wir wissen aus der
Forschung, dass sich Investitionen so wirksam hebeln lassen", sagte er.
"Deshalb verstehe ich auch nicht, dass die Union sich dagegen wehrt.
Steuersenkungen könnte man in einem zweiten Schritt versprechen, dann
könnte der Soli für alle abgeschafft werden. Denn den zahlen inzwischen
zu zwei Dritteln die Unternehmen."
Bei den Netzentgelten sehe er
nach den Wahlprogrammen die geringsten Probleme, so Hüther weiter. "Man
könnte die Entgelte senken und die Kosten über ein Amortisationskonto
zwischenfinanzieren. Das würde von den Verbrauchern ausgeglichen, wenn
sich die Kosten für den Netzausbau stabilisiert haben." Bei den
Sozialbeiträgen müssten sich "vor allem die Sozialdemokraten bewegen".
Es gebe keinen Spielraum mehr für weitere Kostensteigerungen. "Man
sollte ein Moratorium verkünden, das die Beiträge einfriert - und dann
eine Reformkommission über Lösungen beraten lassen."
Investitionen
in die Infrastruktur ließen sich Hüther zufolge auch mit der
Schuldenbremse stemmen - über finanzielle Transaktionen, bei denen den
Zuschüssen des Staates ein entsprechendes Vermögen gegenübersteht. "Das
eigentliche Problem ist aber die Verteidigung. Für die gibt es schon ein
Sondervermögen, das jedoch von derzeit 100 auf rund 300 Milliarden
steigen müsste. Da könnte man vielleicht einen Deal mit der Linken
machen", so Hüther. Möglicherweise könnte die Partei einem
Sondervermögen Infrastruktur zustimmen, das zusammen mit einer
Aufstockung des Sondervermögens Bundeswehr beschlossen wird. "Aber
offenbar will Merz noch im alten Bundestag die Schuldenbremse
thematisieren - ein Beweis für Realismus."
Hüther wies zudem das
Vorhaben von Merz zurück, das sogenannte Heizungsgesetz in seiner
jetzigen Form wieder rückgängig zu machen. "Spätestens, wenn es ab 2027
über das Emissionshandelsystem ETS 2 auch für Gebäude und Verkehr einen
einheitlichen CO2-Preis gibt, wird das Heizen noch viel teurer", so der
IW-Chef. "Es ist deshalb nicht dumm, zielgenauere Anreize für den Umbau
der Heizungsanlagen zu setzen - nur eben mit Gemach."
Kritisch
äußerte sich der IW-Chef zudem über eine mögliche Rückkehr zur
Atomkraft. "Davor würde ich warnen", sagte er. "Selbst wenn man das in
diesem Jahr beschließen würde, dürfte es 20 Jahre dauern, bis wir wieder
laufende Atomkraftwerke haben. Ich habe Sorge, dass die Union jetzt
alle Bälle in die Luft wirft, die sie vorgefunden hat - das funktioniert
nun auch nicht."
Quelle: dts Nachrichtenagentur