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Konferenz warnt, Deutschland müsse sich Menschenrechtsfragen im eigenen Land stellen, um nicht seine moralische Autorität zu verlieren

Archivmeldung vom 23.01.2013

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 23.01.2013 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: ExtremNews
Bild: ExtremNews

Ein Forschungsteam aus Akademikern, Politologen, Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Minderheitenvertretern stellte am Montag in Brüssel eine Studie vor, die ernsthaft die Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland in Frage stellt. Im Ergebnis warnt die Studie, das Land riskiere, seine eigene moralische Autorität zu untergraben, wenn es nicht mehr für den Schutz der Grundrechte innerhalb seiner eigenen Grenzen unternehme.

Der Bericht mit dem Titel "Der Niedergang Europas" wurde mit Unterstützung der Organisationen Amnesty International, Human Rights Watch und Reporter ohne Grenzen zusammengestellt und erörtert Deutschlands Reputation im Bereich der Grundfreiheiten in Verbindung mit der Behandlung von friedlichen Demonstranten, Minderheiten und der Pressefreiheit.

Eynulla Fatullayev, ein Journalist aus Aserbaidschan und Präsident der Organisation Public Union for Human Rights, der in seinem Heimatland vier Jahre lang inhaftiert war, stellte die Ergebnisse der Studie vor. Dabei hob er hervor, das Wertesystem vieler osteuropäischer Länder und ehemaliger sowjetischer Republiken sei auf die aktuelle Krise der liberalen Werte und der Multikulturalität in Europa zurückzuführen.

Er erklärt, seine erste breite Untersuchung der Rechte in Europa habe er deshalb in Deutschland begonnen, weil er in seiner Gefängniszelle etwas gelesen habe: einen Bericht über die Zerschlagung einer Demonstration während der Occupy-Bewegung in Frankfurt und einen ähnlichen Polizeieinsatz zur Auflösung einer Demonstration gegen den Bau einer Bahnstrecke in Stuttgart.

"Ich war schockiert darüber, dass Friedensdemonstranten auf diese Art behandelt wurden wegen ihrer Versuche, die Umwelt zu schützen", erklärte er dem Publikum bei der Veranstaltung im Brüsseler Presseclub.

Seit der Zerschlagung dieser Demonstrationen sind neue Zweifel an der in Artikel 8 des deutschen Grundgesetzes verankerten Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Deutschland aufgekommen.

Um solche Demonstrationen einzuschränken, erfuhr man bei der Veranstaltung, verlegte sich die Polizei auf das Anhalten von Bussen auf dem Weg in die Stadt, weil sie an den Demonstrationen beteiligt sein könnten, und sie konfiszierte sogar Zelte und Schlafsäcke. Einschränkende Regeln wurden eingeführt um sicherzustellen, dass sich nie mehr als 20 Menschen an einem Standort versammeln konnten. Thomas Occupy, ein Aktivist der Occupy-Bewegung in Frankfurt, sagte: "Man hat sich all diese Einschränkungen angeschaut und sich gefragt: Soll so unsere Demokratie funktionieren?"

Fatullayev, der im vergangenen Jahr mit dem UNESCO-Preis für Pressefreiheit ausgezeichnet wurde, sagte bei der Konferenz: "Ich kam hauptsächlich zu dem Schluss, dass trotz der zivilisatorischen, technologischen und wirtschaftlichen Gegensätze zwischen unseren Regionen eine Menge europäischer Länder, insbesondere Deutschland, ebenfalls vor Menschenrechtsproblemen stehen."

Bei der Konferenz wurde ein Dokumentarfilm gezeigt, der nicht nur die Zerschlagung von Demonstrationen auflistete, sondern auch Themen von Korruption bis Rassismus in Deutschland untersuchte.

Der Konferenzteilnehmer Stephen Ellis, Programmdirektor des Internationalen Presseinstituts, warnte, Deutschland trage eine besondere Verantwortung gegenüber Entwicklungsländern, da es weithin als Vorbild in Menschenrechtsfragen angesehen werde. Und das, so Ellis, bringe eine besondere Problematik mit sich.

"Diese Präsentation heute war wie eine Art Blick in den Spiegel. Zu sehen, dass dies in Deutschland geschieht, in einem Staat, der führend ist bei der Förderung der Grundrechte, ist ebenfalls besorgniserregend", sagte er.

"Wenn Deutschland seine Glaubwürdigkeit in Bezug auf diese Themen verliert, werden andere Nationen nicht mehr auf das Land hören."

Im Ergebnis kam die Konferenz zu dem Schluss, dass Deutschlands gutgemeinte, führende Rolle als Berater oder in manchen Fällen Kritiker anderer Nationen in Menschenrechtsfragen zwar kaum angezweifelt wird. Das Land müsse aber sicherstellen, dass es innerhalb der eigenen Grenzen mit demselben Mass messe wie in Entwicklungs- und Schwellenländern.

Quelle: Public Union for Human Rights (ots)

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