Von der Leyen deutet Kompromisslinie bei Hartz-IV an
Archivmeldung vom 04.12.2010
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen ist trotz vieler Proteste von Verbänden und Parteien von der Verfassigsfestigkeit der jüngsten Hartz-IV-Reform überzeugt. In einem Video-Interview mit der Mediengruppe Madsack erklärte die Politikerin, die auch stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende ist: "Ich bin der festen Überzeugung, dass, auch wenn jemand klagen würde, dieses Gesetz verfassungsfest ist. Wir haben detailliert seit knapp elf Monaten die Vorgaben des Bundesverfassungsgericht durchgearbeitet."
Die Verfassungsrichter hätten verlangt, dass die Kinder Zugang zu Bildung haben müssten, dass Teilhabe ihr Recht sei, dass dieses in einer Geldleistung oder auch in einer Sach- und Dienstleistung erbracht werden könnte.
Zugleich versicherte die Ministerin, dass sie gute Chancen für eine Verständigung mit Blick auf die notwendige Zustimmung im Bundesrat sehe. Dabei signalisierte sie die Bereitschaft zum Entgegenkommen insbesondere bei der Ausgestaltung des Bildungspaketes.
"Ich bin bei allem dabei, was dieses Land voranbringt und was sinnvoll ist", sagte Frau von der Leyen. Es dürfe aber nicht utopisch sein, wie die Forderung der Opposition, mal eben den gesamten Bildungsföderalismus auf den Kopf zu stellen. "Aber für vernünftige Dinge, die gerade bei dem Bildungspaket auch die richtigen Akzente setzen, bin ich offen. Das Entscheidende ist: Wer verhandeln möchte, muss an den Verhandlungstisch kommen. Die Tür ist offen, seit Wochen", so die Politikerin.
Entschieden verteidigte Frau von der Leyen ihre Lösung mit dem Bildungspaket, dessen Richtung von der Opposition besonders heftig kritisiert worden war. "Ganz wichtig ist, dass die Kinder in Vereinen mitmachen und merken, dass sie etwas können und dass es ohne sie nicht geht. Da beginnt Herzens- und Charakterbildung", betonte Frau von der Leyen. "Natürlich haben wir einen riesigen Nachholbedarf bei Ganztagesschulen und dem Ausbau der Kinderbetreuung. Das Verfassungsgericht hat aber gesagt, wir können nicht warten, bis das soweit ist in Deutschland, sondern jetzt müssen die bedürftigen Kinder den Anschluss halten können", so die CDU-Politikerin. "Wir können nicht die Kinder vertrösten, wenn in fünf, zehn Jahren alles so ist, wie wir uns das wünschen. Wir wollen diesen Kreislauf der vererbten Armut durchbrechen, der ja durch Nichtbildung kommt, vor allen Dingen in den Hartz-IV-Familien." Die Kinder bräuchten jetzt eine Chance, um in Zukunft auf eigenen Beinen zu stehen und raus zu sein aus Hartz IV.
Die besonders emotionalen und lautstarken Proteste gegen sie bei der Abschlussberatung der Reform an diesem Freitag im Bundestag erklärt sich Frau von der Leyen mit der Tatsache, dass sie mit ihrer Politik offenkundig die SPD ins Herz treffe. "Ich glaube, ich habe die Opposition am schmerzhaftesten Punkt getroffen. Sie haben es versäumt, in der Vergangenheit ein solches Bildungspaket für die Kinder auf den Weg zu bringen. Wir tun dies jetzt", sagte Frau von der Leyen.
Die Tatsache, dass die neue CDU-Bundesvize jetzt offenkundig von der Opposition als Hauptgegnerin und als Kanzlerinnen-tauglich behandelt wird, mache sie nicht stolz: "Überhaupt nicht." Unter Hinweis auf die Attacken von SPD-Chef Sigmar Gabriel in diesem Zusammenhang sagte sie: "Wenn er so spielt, mit diesen Unterstellungen und dieses Gift verspritzt, dann hat er eine andere Intention, als sachlich zu sein."
Quelle: Leipziger Volkszeitung