Koalitionspolitiker gegen Wiedereinführung der Wehrpflicht
Archivmeldung vom 24.03.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtPolitiker von CDU und SPD haben Forderungen zurückgewiesen, angesichts der Krise um die Krim eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in Betracht zu ziehen. "Das entscheidende Mittel zur Lösung der Ukraine-Krise ist die Diplomatie. Militärische Lösungen oder die Einsetzung der Wehrpflicht werden uns hier nicht helfen. Letzteres würde die Lage sogar noch zuspitzen", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Henning Otte (CDU), "Handelsblatt-Online".
Er betonte, dass Deutschland innerhalb der Nato mit der Bundeswehr einen "glaubhaften Beitrag" leiste. Durch die aktuelle sicherheitspolitische Lage in Europa dürfe man sich daher "nicht in voreilige Rückschlüsse treiben lassen."
Der Vorsitzende der Jungen Gruppe der Unions-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger (CDU), sagte "Handelsblatt-Online": "Aus meiner Sicht gibt es trotz der Krim-Krise keinen Grund, eine Debatte über die Wiedereinführung der Wehrpflicht zu führen." Er plädierte zudem dafür, die Bundeswehrreform erst einmal wirken zu lassen.
Auch der Verteidigungsexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Klingbeil, sieht in der Wiedereinführung der Wehrpflicht keine angemessene Antwort auf die Krim-Krise. "Statt Eskalation brauchen wir jetzt politische und diplomatische Lösungen", sagte Klingbeil "Handelsblatt-Online".
Den Personalproblemen bei der Bundeswehr müsse unabhängig davon mit einer "Attraktivitätsoffensive" begegnet werden, sagte das Mitglied im Bundestags-Verteidigungsausschuss weiter. Der Soldatenberuf müsse attraktiver und familienfreundlicher werden. Zudem seien bessere Aufstiegsmöglichkeiten notwendig. "Die Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre die Kapitulation vor dieser politischen Aufgabe", sagte Klingbeil.
Der CDU-Politiker Otte betonte allerdings auch, dass die Wehrpflicht im Rahmen der Neuausrichtung der Bundeswehr nicht abgeschafft, sondern lediglich ausgesetzt worden sei. Dies sei entscheidend für die Zustimmung der Unionsfraktion gewesen. "Das heißt, im Falle der Landesverteidigung kann sie jederzeit wieder aktiviert werden", sagte Otte und fügte hinzu: "Eine sicherheitspolitische Begründung zum Aufleben der Wehrpflicht gibt es jedoch derzeit nicht."
Krim-Krise löst Debatte über Wiedereinführung der Wehrpflicht aus
Die Eskalation der Krim-Krise und die Auseinandersetzungen mit Russland haben in Deutschland eine Diskussion über die Wiedereinführung der Wehrpflicht ausgelöst. Der frühere Nato-General Egon Ramms, von 2007 bis 2010 Kommandeur des "Allied Joint Force Command" in Brunssum und damit einer der ranghöchsten deutschen Soldaten im Nordatlantikpakt, sagte der "Bild-Zeitung": "Wir brauchen die Wehrpflicht. Deutschland kann die Landesverteidigung im Bündnisfall anders nicht gewährleisten. Auf freiwilliger Basis schon gar nicht. Wir brauchen aber auch die nötige Ausrüstung für einen solchen Fall. Mit dem Material, das wir jetzt haben, ist das nicht zu machen."
Ähnlich argumentierte auch der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat. "Die Bundeswehr ist durch die Abschaffung der Wehrpflicht geschwächt und geht personell in die Knie." Die akute Personalnot der Bundeswehr sei im vergangenen Jahr noch durch den doppelten Schulabgänger-Jahrgang wegen des Abiturs nach 12 und 13 Jahren kaschiert worden, sagte Kujat. "Wir haben nicht genug Soldaten, und nicht genug qualifizierte."
Patrick Sensburg, der als einziger CDU-Abgeordneter gegen die Aussetzung der Wehrpflicht gestimmt hatte, sagte dem Blatt: "Über die Wiedereinführung der Wehrpflicht muss man reden. Allerdings sollte man nicht unter dem Eindruck der jetzigen Krise über das Thema reden, um nicht zu eskalieren. Nach außen würde ein solcher Schritt wie eine Mobilmachung wirken."
Die Wehrpflicht wurde im Juli 2011 in Deutschland "ausgesetzt". Befürworter einer Rückkehr zur Wehrpflicht weisen allerdings darauf hin, dass zunächst auch die inzwischen abgeschafften Kreiswehrersatzämter mit all den logistischen Strukturen für die Musterung wieder aufgebaut werden müssten.
Quelle: dts Nachrichtenagentur