Hamburg wird Transparenz-Hauptstadt
Archivmeldung vom 13.06.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittHamburg bekommt ein deutschlandweit bislang einmaliges Transparenzgesetz. Künftig müssen Politik und Verwaltung Dokumente von öffentlichem Interesse unaufgefordert und kostenfrei im Internet zur Verfügung stellen. Die Einführung eines Informationsregisters war eine der Hauptforderungen der Volksinitiative „Transparenz schafft Vertrauen“, die jetzt von allen Bürgerschaftsfraktionen übernommen wurde. An diesem Mittwoch soll das Gesetz von der Bürgerschaft beschlossen werden. Ein für Sommer geplantes Volksbegehren wird damit obsolet.
„Mit der Einführung des Transparenzgesetzes wird Hamburg Transparenz-Hauptstadt“, so Gregor Hackmack vom Verein Mehr Demokratie, der die Volksinitiative zusammen mit Transparency International und dem Chaos Computer Club (CCC) initiiert hatte. „Wir haben aus dem Informationsrecht der Menschen eine Informationspflicht der Behörden gemacht. Das ist ein Quantensprung auf dem Weg zu einer offenen Gesellschaft.“
Das Hamburgische Transparenzgesetz geht weit über das bisherige Informationsfreiheitsgesetz hinaus. Viele Daten und Dokumente sind nicht mehr nur auf Antrag zugänglich, sondern für Bürgerinnen und Bürger frei im Internet verfügbar. Zu den Informationen, die dort von Amtswegen veröffentlicht werden müssen, zählen Senatsprotokolle, Gutachten, öffentliche Pläne, Geodaten, Subventionsvergaben und Bau- bzw. Abrißgenehmigungen. Veröffentlichungspflichtig sind insbesondere auch alle Verträge über 100.000 Euro, die im weitesten Sinne die öffentliche Daseinsvorsorge betreffen. Wesentliche Unternehmensdaten städtischer Beteiligungen inklusive der jährlichen Vergütungen und Nebenleistungen der Leitungsebene sind ebenfalls verpflichtend zu veröffentlichen. Personenbezogene Daten sowie juristisch klar definierte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse bleiben aber geschützt. In Zweifelsfällen entscheidet der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit.
„Frei zugängliche Informationen sind ein wirksames Mittel gegen Steuerverschwendung und Korruption“, so Gerd Leilich von Transparency International. „Da Bürger und Öffentlichkeit nun frühzeitig Einblick erhalten, werden sie auch frühzeitig auf einen Mißstand aufmerksam machen können.“
Daten, die nicht von der Verwaltung und öffentlichen Unternehmen im Informationsregister veröffentlicht werden müssen, können weiterhin auf Antrag zugänglich gemacht werden. Hierfür soll künftig eine Kostenschätzung vor unrealistischen Forderungen schützen.
Sämtliche Daten werden strukturiert und maschinenlesbar zur Verfügung gestellt. Aus Sicht des Chaos Computer Clubs wird die gesetzliche Festschreibung von Open-Data-Grundsätzen bundesweit Maßstäbe setzen. „Dadurch wird sichergestellt“, so Michael Hirdes vom CCC, „daß mit öffentlichen Geldern generierte Daten auch für alle Bürger zugänglich sind."
Der am Mittwoch in der Bürgerschaft zur Abstimmung stehende Gesetzentwurf war in weiten Teilen in einer Gemeinschaftsarbeit von Bürgerinnen und Bürgern im Internet (Wiki) sowie in Bündnistreffen erarbeitet worden. Im November und Dezember 2011 hatte das Transparenzbündnis aus Mehr Demokratie, Transparency, CCC, Piratenpartei, ödp, Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, attac und Omnibus für direkte Demokratie 15.119 Unterschriften gesammelt. Daraufhin war der SPD-geführte Senat zusammen mit allen Bürgerschaftsfraktionen im Mai 2012 in die Verhandlungen mit der Volksinitiative eingestiegen.
Quelle: CCC