NRW fordert im Braunkohle-Streit vollständige Kehrtwende des Bundes
Archivmeldung vom 27.04.2015
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtNRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) hat im Streit um die Zukunft der Braunkohle die Bundesregierung zur vollständigen Umkehr aufgerufen. "Es geht nicht um das Drehen an Detailschrauben, sondern um einen grundsätzlich anderen Weg, um die Klimaziele zu erreichen", sagte Duin der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung".
Duin kritisierte die Fokussierung von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) auf die Braunkohle bei der geplanten Reduzierung des klimaschädlichen Kohlendioxids. "Es ist schlicht Unsinn, dass allein die Braunkohle für das Erreichen der Klimaziele verantwortlich sein soll. Wenn die Bundesregierung an ihren ursprünglich ehrgeizigen Ausbauvorhaben bei der Kraft-Wärme-Koppelung festhalten würde, könnte sie alleine damit CO2-Tonnen im zweistelligen Millionenbereich sparen", sagte Duin der WAZ. Es sei nicht nachvollziehbar, dass auf der einen Seite Klimaschutz-Anstrengungen unterlassen und auf der anderen Braunkohle-Reviere hart getroffen würden.
Aigner will auch künftig zusätzliche Kraftwerke in Bayern
In der Diskussion um den Bau neuer Stromleitungen beharrt Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) auf zusätzlichen Kraftwerken im Freistaat. "Das hohe Maß an Versorgungssicherheit kann nur aufrechterhalten werden, wenn es auch in Zukunft konventionelle Kraftwerke in Bayern gibt", erklärte Aigner gegenüber dem Nachrichtenmagazin "Focus". Ohne eine Klärung in dieser Sache werde es keine Entscheidung in der Frage der Stromleitungen geben, unterstrich die Ministerin.
Aigner kritisierte zugleich die Bundesnetzagentur: "Ich empfinde es, gelinde gesagt, als ungewöhnlich, dass eine Behörde Öffentlichkeitsarbeit in dieser Form betreibt, während die politischen Verhandlungen laufen." Die Agentur hatte erklärt, beide geplanten Stromtrassen seien nötig.
Gabriel gerät wegen Kohleabgabe in eigener Partei unter Druck
Bundeswirtschaftsminister und SPD-Chef Sigmar Gabriel gerät wegen seiner geplanten Klimaabgabe für ältere Braunkohlekraftwerke auch in der eigenen Partei unter Druck. "Wir lassen nicht zu, dass Tausende von Arbeitsplätze geschreddert werden, um die Klimapolitik der Bundesregierung aufzuhübschen", sagte die SPD-Landesvorsitzende aus Sachsen-Anhalt und Spitzenkandidatin für die Landtagswahl, Katrin Budde, der "Bild am Sonntag". "Ich habe Sigmar Gabriel klipp und klar gesagt, dass die Braunkohleabgabe zurückgenommen werden muss."
Union setzt Gabriel bei Kohlefrage weiter unter Druck
Die Unionsabgeordneten im Bundestag Michael Fuchs, Joachim Pfeiffer, Thomas Bareiß und Georg Nüsslein halten den Druck gegen die Kohleabgabe von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aufrecht.
In einem Brief vom Freitag, über den das "ARD-Hauptstadtstudio" berichtet, fordern die Abgeordneten erneut von Gabriel Nachbesserungen. Trotz eines bereits Mitte April von Gabriel beantworteten Fragenkatalogs der Union "bleiben leider auch im Lichte dieser Ausführungen bei zentralen Themen des Energie-Paketes weiterhin offene Fragen", heißt es demnach in dem Schreiben.
Die Unionsabgeordneten bitten "um eine ausführliche, nachvollziehbare und plausible Darlegung, wie sich aktuell die ursprünglich angenommene CO2 Lücke im Strombereich von 22 Millionen Tonnen errechnet". Außerdem bitten sie dem Bericht zufolge um eine erneute Berechnung, die darstelle, dass es aufgrund der Kohleabgabe zu keinen Kraftwerksstilllegungen komme."Für uns ist diese Aussage in keiner Weise nachvollziehbar", heißt es laut "ARD-Hauptstadtstudio" in dem Schreiben.
Weiterhin wollen die Abgeordneten eine Darlegung der "aktuellen und zukünftigen Stromimportabhängigkeit Deutschlands in Hochlastphasen, in denen a) kein Wind weht, b) keine Sonne scheint und c) weder Wind- noch Sonnenstrom zur Verfügung stehen."
Zusätzlich forderten sie ein "Preisschild für die Kapazitätsreserve", den neuesten Stand bei den Gesprächen mit der EU-Kommission in Sachen Kraft-Wärme-Kopplung und Auskunft darüber, welchen "Zubau von Windenergie an Land das BMSI für 2015 und 2016 erwartet".
Im Übrigen zeigten sich die Abgeordneten bereit, die zwei Mal abgesagten Energiegespräche mit Gabriel in der nächsten Sitzungswoche wieder aufzunehmen. Von Gabriels jüngstem Vorschlag die Höhe der Kohleabgabe an den Stromkreis zu koppeln, zeigten sich die Unionsabgeordneten offenbar unbeeindruckt. Dieses Angebot werde in dem Schreiben mit keiner Silbe erwähnt.
Özdemir: Gewerkschaftsprotest gegen Kohleabgabe "rückwärtsgewandt"
Grünen-Chef Cem Özdemir hat den Protest der Gewerkschaft Verdi gegen die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) geplante Klimaschutzabgabe für alte Kohlekraftwerke als "rückwärtsgewandt" kritisiert. Anstatt die Kohleindustrie in die Zukunft retten zu wollen, sollten die Arbeitnehmervertreter einen aktiven Beitrag zum Strukturwandel leisten, sagte Özdemir in einem Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
"Die entscheidende Frage ist doch, wie alte Kohle-Arbeitsplätze in neue Jobs im Bereich Erneuerbarer Energie umgewandelt werden", betonte Özdemir. Er warf Verdi-Chef und Grünen-Mitglied Frank Bsirske vor, erst gegen Atomenergie und dann für Kohle zu sein. "Das passt nicht zu Grünen, und auch nicht zu einer modernen Gewerkschaft", sagte Özdemir mit Blick auf die Demonstration an vergangenen Samstag. Der Plan des Wirtschaftsministers gehe in die richtige Richtung, meinte der Grünen-Vorsitzende. "Aber er wird nicht reichen. Gabriels Vorhaben erfasst gerade mal zehn Prozent der fossilen Stromgewinnung".
Den SPD-Ministerpräsidenten Hannelore Kraft und Dietmar Woidke warf Özdemir vor, im Streit um die Kohle-Abgabe mit "gezinkten Karten" zu spielen. Es sei "abenteuerlich", wenn die Regierungschefs der Kohleländer Nordrhein-Westfalen und Brandenburg von der Gefährdung Hunderttausender Arbeitsplätze redeten. Das seien Zahlen, "die Angst machen sollen".
Laut Umweltbundesamt seien lediglich 4.700 Kohle-Jobs betroffen. Auch vom "Plattmachen der Kohle", wie Unions-Fraktionschef Volker Kauder kritisiert habe, könne keine Rede sein. Es gehe um den schrittweisen Ausstieg, sagte der Grünen-Chef.
Tausende demonstrieren für und gegen Gabriels Pläne zu Kohle-Abgabe
Tausende Menschen haben am Samstag für und gegen die von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel geplante Abgabe für Kohlekraftwerke, die älter als 20 Jahre sind, demonstriert. Die Gewerkschaften Verdi sowie die IG BCE hatten zu einem Marsch vom Bundeswirtschaftsministerium zum Kanzleramt in Berlin aufgerufen. Sie fürchten den Verlust von Zehntausenden Arbeitsplätzen, sollte Gabriels Vorhaben wie geplant umgesetzt werden.
"Wir erwarten, dass alles vom Tisch geräumt wird, was das Aus der Braunkohleförderung und Braunkohleverstromung in Deutschland bedeuten würde", erklärte der Vorsitzende der ID BCE, Michael Vassiliadis. Nach Angaben der Gewerkschaft beteiligten sich an dem Marsch rund 15.000 Menschen.
Der Umweltschutzorganisation Greenpeace zufolge versammelten sich unterdessen rund 6.000 Befürworter der Abgabe im rheinischen Kohlerevier. Dort hätten sie eine etwa 7,5 Kilometer lange Menschenkette zwischen Keyenberg und dem Braunkohletagebau Garzweiler II gebildet.
"Die große Mehrheit im Lande will den Kohleausstieg", erklärte ein Sprecher der Organisation Campact, die zu den Veranstaltern der Protestaktion gehört. Die Bundesregierung dürfe im Streit mit der Kohlelobby keine faulen Kompromisse eingehen. "Sie müssen die klimaschädlichsten Kohlemeiler endlich vom Netz nehmen. Die Zukunft gehört nicht einer Steinzeit-Technologie, sondern Sonnen- und Windenergie."
Gabriel: Energiepolitik wird Rolle im Koalitionsausschuss spielen
Der Streit um die Energiepolitik wird auch auf dem Treffen der Koalitionsspitzen am Sonntag eine Rolle spielen: Er sei sich dessen sicher, sagte der SPD-Parteivorsitzende, Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel, der F.A.Z. (Samstagausgabe). Gabriel äußerte sich verwundert über die vielfältige Kritik aus der Union an seiner Energie- und Kohlepolitik zur Eindämmung der CO2-Emissionen. "Mal abgesehen davon, dass unser Vorschlag natürlich mit der Bundeskanzlerin besprochen ist es war die alte Bundesregierung aus CDU/CSU und FDP, die mit Angela Merkel an der Spitze nicht nur eine Verringerung der C02-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent, sondern bis 2030 sogar um 55 Prozent und bis 2040 um 70 Prozent gegenüber 1990 beschlossen hat."
Dies und noch mehr zur Bekräftigung der deutschen Klimaschutzziele sei "alles unter Federführung der CDU-Parteivorsitzenden und Bundeskanzlerin" beschlossen worden. "Entweder weiß die CDU das alles nicht, oder hier wird ein leicht durchschaubares taktisches Spiel gespielt", sagte Gabriel der F.A.Z. Der Fraktionsvorsitzende der Union, Volker Kauder (CDU), hatte zuvor gesagt, Gabriels Kohlevorschlag sei "nicht umzusetzen".
Gabriel muss bei umstrittener Klimaabgabe nacharbeiten
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) muss bei seiner umstrittenen Klimaabgabe für Kohlekraftwerke offenbar nacharbeiten: Auf Wunsch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sollen die Wirtschaftsprüfer der Energiekonzerne RWE, Vattenfall und Mibrag ausrechnen, ob Gabriels Pläne zur Gefahr für die deutsche Braunkohle werden könnten, berichtet der "Spiegel".
Im CDU-Präsidium beruhigte Merkel am vergangenen Montag demnach Ministerpräsidenten und Wirtschaftspolitiker ihrer Partei: Gabriel werde noch mal rechnen. Bundesländer wie Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie die Gewerkschaften wehren sich vehement gegen das Vorhaben, pro Tonne Kohlendioxid eine Abgabe von 18 bis 20 Euro zu erheben. Sie befürchten das Ende des deutschen Braunkohlebergbaus. Gabriels Ministerium widerspricht und hält die negativen Auswirkungen einer Klimaabgabe für gering.
Widerstand kommt aber auch aus der eigenen Partei: "Wir erreichen nichts für das Weltklima, schädigen aber massiv die deutsche Wirtschaft", so Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD). Die Bundesbürger hingegen befürworten zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen, um die Reduktion der CO2-Emissionen bis 2020 um 40 Prozent zu erreichen.
Dies geht aus einer aktuellen Umfrage hervor, die der WWF und Campact beim Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid in Auftrag gegeben haben. Demnach begrüßen 70 Prozent der Befragten verstärkte Maßnahmen zur Luftreinhaltung. Besonders umweltbewusst zeigt sich die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen: Von ihnen plädieren 81 Prozent für größere Anstrengungen. 73 Prozent aller Befragten sind zudem dafür, den CO2-Ausstoß der ältesten Braunkohlekraftwerke des Landes zu drosseln.
Studie: Durch Energiewende entstehen Tausende Arbeitsplätze
Eine weiterer konsequenter Ausbau der erneuerbaren Energien wird die Zahl der Arbeitsplätze in der Energiebranche und anderen Sektoren der Wirtschaft in den nächsten Jahrzehnten deutlich ansteigen lassen - trotz des Rückgangs der Beschäftigung in den Bereichen Atom und Kohle. Das zeigt eine neue Studie, die für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt wurde und über die die "Frankfurter Rundschau" berichtet.
Wird die Energiewende weiter forciert, entstehen laut der Studie durch den Erneuerbaren-Sektor in der gesamten Volkswirtschaft bis zum Jahr 2030 rund 100.000 Arbeitsplätze mehr als ohne den Umstieg von den fossilen Energien zu Sonne, Wind und Biomasse. Bis 2040 liegt das Job-Plus sogar bei 190.000 und 2050 bei über 230.000 Stellen.
Auch die Wirtschaft insgesamt profitiert laut der Analyse von einem Ergrünen der Energiebranche. Das Bruttoinlandsprodukt liegt im gesamten Zeitraum bis 2050 im Energiewende-Szenario höher als ohne Energiewende. Besonders nach 2030 profitiert auch der private Konsum. Die Ausgaben für Energieimporte - etwa Erdöl für den Sprit sowie Heizöl und Kohle für die Verstromung - gehen spürbar zurück, zudem schlägt die Verbilligung der Öko-Energien durch. Die Bürger können das eingesparte Geld für andere Zwecke ausgeben.
Die Studie gewinnt besondere Brisanz durch die heftige Debatte über die Kohlepolitik von Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD), der die Stilllegung eines Teils der alten, besonders ineffizienten Kohlekraftwerke erreichen will. Dagegen machen nicht nur die Gewerkschaften IG BCE und Verdi mobil, sondern auch die SPD-geführten Landesregierungen der Braunkohle-Länder NRW und Brandenburg sowie der Wirtschaftsflügel der Union. An der Studie waren fünf Institute beteiligt, darunter das DIW, Prognos und das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR).
Quelle: dts Nachrichtenagentur