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digitalcourage: Bundesregierung kann die Chatkontrolle noch stoppen!

Archivmeldung vom 18.09.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.09.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: cven, CC-BY 4.0
Bild: cven, CC-BY 4.0

Die Bundesregierung wird im Rat der EU voraussichtlich am 28. September über die Chatkontrolle abstimmen. Der Vorschlag der EU-Kommission (CSA-Verordnung) sieht gesetzliche Vorgaben für Unternehmen vor, die Inhalte der privaten Kommunikation aller Menschen zu scannen. Das Bündnis ChatkontrolleSTOPPEN! fordert die Bundesregierung auf, im Rat der EU gegen die Chatkontrolle zu stimmen. Dies schreibt das Lobbybündnis digitalcourage e.V. in ihrer Pressemitteilung.

Weiter heißt es darin: "Die bisherige Position der Bundesregierung [1] widerspricht nicht nur jeglichen rechtlichen und technischen Gutachten, sondern bricht auch mit den gesetzten Zielen des Koalitionsvertrags. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Ziele zum Schutz von Grundrechten im digitalen Raum sind mit der vorgeschlagenen Chatkontrolle unvereinbar.[2]

Im Koalitionsvertrag verspricht die Ampel:

„Maßnahmen zum Scannen privater Kommunikation und eine Identifizierungspflicht lehnen wir
ab. Anonyme und pseudonyme Online Nutzung werden wir wahren.“ ‐
„Wir führen ein Recht auf Verschlüsselung, ein wirksames Schwachstellenmanagement, mit dem
Ziel Sicherheitslücken zu schließen, und die Vorgaben „security-by-design/default“ ein.“
„Zum Schutz der Informations- und Meinungsfreiheit lehnen wir verpflichtende Uploadfilter ab.“

Das schließt die Maßnahmen der Chatkontrolle explizit aus, also das anlasslose
Durchleuchten privater Nachrichten, die Alterskontrollen, die erweiterten Uploadfilter
und die Netzsperren. Die einzige logische Konsequenz ist, eine klare Position gegen die
Chatkontrolle einzunehmen. Nicht nur das Ablehnen einzelner Punkte, sondern das Gesetz als
solches.

Juristen der europäischen Institutionen sowie der deutschen Regierung warnen vor den
diversen Grundrechtsverletzungen, die von der Chatkontrolle ausgehen.[3] Sie würde nicht
nur Millionen von Menschen unter Generalverdacht stellen, sondern auch eine
Ausweispflicht im Internet bedeuten. Hunderte von Wissenschaftler, haben davor
gewarnt, dass der Vorschlag technisch gefährlich ist und eine ernsthafte Bedrohung für
vertrauliche und sichere Kommunikation darstellt.[4] Dies könnte 2 Milliarden Menschen
weltweit gefährden, die auf Verschlüsselung angewiesen sind, um ihr digitales Leben sicher
zu gestalten - darunter auch die Kinder, mit deren Schutz das Gesetz begründet wird.

Selbst die an den Verhandlungen beteiligten Regierungen haben die Gefahren für ihre
eigene Kommunikation erkannt und vorgeschlagen, sich selbst von der Chatkontrolle
auszunehmen.[5] Dennoch wurde nach wie vor versäumt, wesentliche Änderungen zum
Schutz der Menschenrechte für die Bevölkerung vorzunehmen, darunter Privatsphäre, freie
Meinungsäußerung und die Unschuldsvermutung.

Trotzdem planen die EU-Innenminister am 28. September über eine Position zur
Chatkontrolle (CSA-Verordnung) abzustimmen, die mit europäischen Grundrechten
unvereinbar wäre. Als ChatkontrolleSTOPPEN! rufen wir die Bundesregierung dazu auf,
gegen die Chatkontrolle zu stimmen und damit die Rechte, Freiheiten und IT-Sicherheit
der Bevölkerung zu schützen.
ChatkontrolleSTOPPEN!
Das zivilgesellschaftliche Bündnis ChatkontrolleSTOPPEN! wendet sich gegen eine geplante
Verordnung der EU-Kommission, welche das anlasslose Überwachen privater Nachrichten
und weitere Einschränkungen der freien Internetnutzung vorsieht.
Weiterführende Informationen zur Chatkontrolle auf der Website https://chatkontrolle.eu/
und bei den beteiligten Organisationen am Bündnis. E-Mail: [email protected]

Endnoten zum offenen Brief:

  • [1] Position der Bundesregierung: https://netzpolitik.org/2023/bundesregierung-innenministeriumsetzt-sich-bei-chatkontrolle-durch/, vergleiche dagegen die „roten Linien“ der FDP geführten
    Minsterien Justiz und Verkehr/Digitales: https://netzpolitik.org/2022/klare-kante-gegenchatkontrolle-fdp-papier-bringt-innenministerin-faeser-in-zugzwang/.
  • [2] Zusammenstellung durch European Digital Rights (EDRi) der breiten Kritik an dem Gesetz „Is
    this the most criticised draft EU law of all time?“: https://edri.org/our-work/most-criticised-eu-law-ofall-time/.
  • [3] Gutachten des Juristischen Dienstes des Rates der Europäischen Union vom 26. April 2023:
    https://www.bitsoffreedom.nl/wp-content/uploads/2023/05/20230426-opinion-legal-services-oncsar-proposal.pdf.
  • [4] Vergleiche Bericht von netzpolitik.org „Wissenschaftler warnen: Chatkontrolle ist der falsche
    Weg“: https://netzpolitik.org/2023/wissenschaftler-warnen-chatkontrolle-ist-der-falsche-weg/.
  • [5] Bericht von EDRi mit Link auf die Position des Rats der EU: https://edri.org/our-work/councilpoised-to-endorse-mass-surveillance-as-official-position-for-csa-regulation

Quelle: digitalcourage e.V.

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