ZDF-Politbarometer September I 2018: Union auf Rekordtief
Archivmeldung vom 14.09.2018
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Freigeschaltet durch André OttNach den Vorgängen in Chemnitz und der Debatte um Verfassungsschutzpräsident Maaßen verliert die Union an Unterstützung. Wenn am nächsten Sonntag wirklich Bundestagswahl wäre, käme sie nur noch auf 30 Prozent (minus 1), das ist ihr bisher schlechtester Wert in der Politbarometer-Projektion. Die SPD könnte sich dagegen mit 20 Prozent (plus 2) deutlich verbessern, genauso die Grünen mit 16 Prozent (plus 2). Die AfD könnte nur noch mit 15 Prozent (minus 2) rechnen, die Linke bliebe bei 8 Prozent (unverändert) und die FDP erreichte 7 Prozent (minus 1).
Die anderen Parteien lägen zusammen bei 4 Prozent (unverändert). Neben einer großen Koalition hätte damit von den derzeit politisch denkbaren Bündnissen nur eine Jamaika-Koalition aus CDU/CSU, FDP und Grünen eine parlamentarische Mehrheit. Während vor allem der Polizei (81 Prozent), aber auch den Gerichten (58 Prozent) in Deutschland von einer Mehrheit der Befragten großes Vertrauen entgegengebracht wird, ist dies beim Verfassungsschutz mit 38 Prozent weit weniger häufig der Fall. Insgesamt 55 Prozent haben in die Behörde nicht so großes oder gar kein Vertrauen (Rest zu 100 Prozent hier und im Folgenden jeweils "weiß nicht").
Flüchtlingspolitik: Unzufriedenheit überwiegt
Sowohl Merkel als auch Seehofer erhalten für ihre Flüchtlingspolitik mehrheitlich schlechte Noten. Doch während sich die Bewertung der Kanzlerin nur wenig verändert hat, geht die Zustimmung für Innenminister Seehofer deutlich zurück. So macht Angela Merkel für 42 Prozent (Juni II: 46 Prozent) der Befragten ihre Sache in der Flüchtlingspolitik gut, 55 Prozent stellen ihr ein schlechtes Zeugnis aus (Juni II: 50 Prozent). Horst Seehofers Kurs in der Flüchtlingspolitik finden nach 41 Prozent im Juni jetzt nur noch 29 Prozent gut, 65 Prozent (Juni II: 51 Prozent) bewerten ihn als schlecht. In der eigenen Anhängerschaft hat Merkel wesentlich mehr Rückhalt als Seehofer. 63 Prozent der CDU/CSU-Anhänger finden Merkels Politik gut (schlecht: 35 Prozent) und nur 31 Prozent die Politik Seehofers (schlecht: 63 Prozent).
Top Ten: Seehofer mit deutlichen Verlusten
Die beste Bewertung der nach Meinung der Befragten zehn wichtigsten Politikerinnen und Politiker erhält erneut Wolfgang Schäuble. Er erreicht auf der Skala von +5 bis -5 einen Durchschnittswert von 1,8 (Aug. II: 1,7). Angela Merkel rückt mit verbesserten 1,2 (Aug. II: 0,9) auf Platz zwei vor. Danach folgt mit ebenso verbesserten 1,2 (Aug. II: 0,9) Olaf Scholz, dann Cem Özdemir mit 1,0 (Aug. II: 0,9) und Heiko Maas mit 0,8 (Aug. II: 0,8). Christian Lindner wird mit 0,3 (Aug. II: 0,3) eingestuft, Andrea Nahles mit 0,2 (Aug. II: 0,0), Ursula von der Leyen mit 0,2 (Aug. II: 0,1) und Sahra Wagenknecht mit 0,1 (Aug. II: 0,2). Am Ende der Liste liegt mit deutlichen Ansehensverlusten weiterhin Horst Seehofer, er kommt nur noch auf minus 0,9 (Aug. II: minus 0,5).
AfD: Rechtsextremes Gedankengut weit verbreitet
Nachdem es bisher am langfristigen Erfolg der AfD stets mehrheitlich Zweifel gab, ist das Meinungsbild jetzt gespalten. Direkt nach der Bundestagswahl waren 72 Prozent (Sept. IV 2017) eher skeptisch und 23 Prozent erwarteten einen dauerhaften Erfolg der AfD. Aktuell bezweifeln nur noch 48 Prozent eine Etablierung der Partei und 47 Prozent gehen davon aus, dass die AfD dauerhaft erfolgreich sein wird - darunter 74 Prozent der AfD-Anhänger. Sehr konstant fällt dagegen die Einschätzung zum rechtsextremen Gedankengut bei der AfD aus. Für 77 Prozent der Befragten sind rechtsextreme Ansichten in der AfD sehr weit oder weit verbreitet, für 18 Prozent ist das nicht der Fall. Das sehen lediglich die Anhänger der AfD mehrheitlich anders (weit verbreitet: 26 Prozent; nicht weit verbreitet: 72 Prozent).
Demokratie: Größere Gefahr droht von rechts
Für 79 Prozent der Befragten stellt der Rechtsextremismus eine große Gefahr für unsere Demokratie dar, 20 Prozent sehen das nicht so. Damit wird die Gefahr, die von rechts ausgeht, als deutlich größer wahrgenommen als die von links. 48 Prozent halten den Linksextremismus für eine große Gefahr für die Demokratie, für 49 Prozent ist das nicht so. Diese Einschätzung wird in West und Ost geteilt.
Syrien: Mehrheit gegen Beteiligung Deutschlands an möglichem Einsatz des Westens
Wenn das syrische Militär erneut Giftgas einsetzen sollte, kommt es möglicherweise zu einem stärkeren militärischen Eingreifen der USA und westlicher Verbündeter. 63 Prozent der Befragten würden eine Beteiligung Deutschlands ablehnen, 31 Prozent wären dafür.
Organspende: Widerspruchslösung findet Zustimmung
Der Vorschlag, dass künftig nach dem Tod jeder automatisch Organspender sein soll, wenn er oder sie zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat, wird von 59 Prozent der Befragten unterstützt, 39 Prozent sind dagegen.
Die Umfrage zum Politbarometer wurde wie immer von der Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen durchgeführt. Die Interviews wurden in der Zeit vom 11. bis 13. September 2018 bei 1.339 zufällig ausgewählten Wahlberechtigten telefonisch erhoben. Dabei werden sowohl Festnetz- als auch Mobilfunknummern berücksichtigt. Die Befragung ist repräsentativ für die wahlberechtigte Bevölkerung in Deutschland. Der Fehlerbereich beträgt bei einem Anteilswert von 40 Prozent rund +/- drei Prozentpunkte und bei einem Anteilswert von 10 Prozent rund +/- zwei Prozentpunkte. Daten zur politischen Stimmung: CDU/CSU: 31 Prozent, SPD: 23 Prozent, AfD: 11 Prozent, FDP: 7 Prozent, Linke: 8 Prozent, Grüne: 18 Prozent. Das nächste bundesweite Politbarometer sendet das ZDF am Freitag, 28. September 2018. Am Freitag, den 21. September gibt es ein Politbarometer-Extra für Bayern und Hessen. Weitere Informationen zur Methodik der Umfrage und zu den genauen Frageformulierungen finden Sie auch auf www.forschungsgruppe.de
Quelle: ZDF (ots)