Bahn-Gewerkschafter weist Wissing-Kritik an EM-Verkehr zurück
Archivmeldung vom 16.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićIn der Debatte um die Leistung der Deutschen Bahn während der Fußball-Europameisterschaft in Deutschland hat ein Bahn-Gewerkschafter die Kritik von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vehement zurückgewiesen.
"Was
Verkehrsminister Wissing zur Rolle der DB Fernverkehr während der EM
gesagt hat, kann ich aus der betrieblichen Praxis nicht bestätigen. Ich
kann nicht erkennen, dass die während der EM zusätzlich durchgeführten
Fahrten im Fernverkehr einen relevanten Einfluss auf die Auslastung des
Netzes gehabt hätten", sagte Manfred Scholze,
Gesamtbetriebsratsvorsitzender der Fernverkehrssparte der Deutschen
Bahn, den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Dienstagsausgaben).
Wissing
hatte am Wochenende erklärt, die Bahn habe sich seiner Auffassung nach
mit der Ankündigung, während der EM täglich 10.000 zusätzliche
Sitzplätze zur Verfügung zu stellen, "übernommen". Was den Fans
teilweise widerfahren sei, "entspricht nicht dem Anspruch Deutschlands
und nicht dem Anspruch, den ich an unsere Verkehrsinfrastruktur habe."
Scholze,
Mitglied der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), sieht das
anders. "Wir reden hier über 14 Züge am Tag, also ein Prozent aller
Fernverkehrsfahrten und viel weniger in Bezug auf alle Züge auf dem
Schienennetz. Es geht zum größten Teil über Fahrten am Tagesrand, also
zum Beispiel spätabends, um die Fans nach den 21 Uhr-Spielen noch nach
Hause zu bringen", erklärte er. Zu dieser Uhrzeit sei das Netz ohnehin
nicht so voll wie tagsüber. Darüber hinaus hätten die Zusatzfahrten auch
dazu beigetragen, Spitzen in der Auslastung anderer Züge zu vermeiden.
Nicht
der Fernverkehr sei schuld am Imageverlust Deutschlands, sondern die
marode Infrastruktur, so Scholze weiter. Dagegen helfe eine auskömmliche
und planungssichere Finanzierung, um die Fehleranfälligkeit des Netzes
abzubauen. "Statt den Schwarzen Peter zur DB Fernverkehr zu schieben,
sollte der Verkehrsminister sich beim Finanzminister für eine
zukunftsfeste Schiene starkmachen", forderte der Gewerkschafter.
Die
EM-Bilanz der Deutschen Bahn schlägt seit Tagen hohe Wellen. Neben
Wissing hatte sich aus der CDU-Abgeordnete Thomas Bareiß geäußert - und
den Rücktritt von Bahnchef Richard Lutz ins Spiel gebracht. Die Bahn
brauche einen Sanierer als Vorstandsvorsitzenden. "Herr Lutz kann diese
Rolle ganz offensichtlich nicht ausfüllen. Wenn er es nicht schafft, die
Bahn wieder auf Vordermann zu bringen, dann muss er gehen", sagte
Bareiß gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Laut Bareiß geben
die Bahn "ein schauriges Bild ab - und das nicht nur während der EM".
Während
des knapp einmonatigen Fußballturniers in Deutschland war die Bahn
immer wieder Ziel von Kritik. Zunächst hatten sich britische Fans über
die Deutsche Bahn ausgelassen. Nach mehreren Unterbrechungen der Fahrt
in einem Sonderzug auf dem Weg zum Spiel gegen die Niederlande im
Berliner Olympiastadion hatten österreichische Fans Schmähgesänge
angestimmt. "Die Deutsche Bahn ist so im Oasch", sangen sie.
Quelle: dts Nachrichtenagentur