Schäuble und Steinbrück werfen sich Versagen beim Kampf gegen Steuerhinterziehung vor
Archivmeldung vom 27.04.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und sein Vorgänger Peer Steinbrück (SPD) haben sich gegenseitig Versagen beim Kampf gegen Steuerflüchtlinge vorgeworfen. Steinbrück sagte in einem Interview des Nachrichtenmagazins "Focus": "Der eigentliche Skandal ist doch, dass diese Bundesregierung gegen Steuerhinterziehungen und Steuerbetrug nicht ehrgeizig genug vorgeht. Zu meiner Zeit als Bundesfinanzminister waren wir da schon viel weiter."
Als Beispiel nannte Steinbrück eine "sehr wirkungsvolle, internationale schwarze Liste der OECD". Dagegen griff Schäuble den SPD-Kanzlerkandidaten massiv an: "Mein Amtsvorgänger hat geglaubt, er würde die Schweiz zur Kooperation zwingen können, wenn er nur markig mit der Kavallerie droht", sagte der Bundesfinanzminister ebenfalls in einem "Focus"-Interview. "Das hat schon Wilhelm II. versucht und das ist erkennbar schief gegangen." Die Rezepte des 19. und 20. Jahrhunderts nützten heute gar nichts mehr.
Schäuble warf der SPD vor, durch deren Blockade des Steuerabkommens mit der Schweiz seien "Deutschland und damit den ehrlichen Steuerzahlern rund zehn Milliarden Euro unwiederbringlich verloren gegangen". Außerdem würde Deutschland mit dem Abkommen "von allen deutschen Steuerpflichtigen mit Konten in der Schweiz Steuer auf Kapitalerträge bekommen". Das seien "Jahr für Jahr einige 100 Millionen Euro", sagte Schäuble. "Die verjähren jetzt erst einmal weiter jedes Jahr am 31.12.. Das alles ist ein hoher Preis für Parteipolitik."
Steinbrück kritisierte, dass Schäuble auf den Ankauf von CDs mit Bankdaten aus der Schweiz verzichten wollte. "Ich war der erste Minister, der so eine CD gekauft hat", sagte Steinbrück "Focus". "Die CDs bereiten vielen Steuerbetrügern schlaflose Nächte. Und sie führen zu vielen Selbstanzeigen, die dem Staat übrigens auch sehr viel Geld einbringen."
Brüderle warnt vor "Schnellschüssen" gegen Steuerbetrug
FDP-Spitzenkandidat Rainer Brüderle hat Forderungen der Opposition zurückgewiesen, die Regelungen gegen Steuerhinterziehung rasch zu verschärfen. Vernunft und Besonnenheit seien gefragt, sagte er der "Welt". "Ich warne davor, die strafbefreiende Selbstanzeige im Schnellschuss zu beseitigen nur weil wir einen prominenten Fall haben", fügte er angesichts der aktuellen Ermittlungen gegen einen prominenten Fußball-Funktionär hinzu. Die Politik müsse in ihren Entscheidungen "sachlich und rational bleiben". Die Bestimmungen zur Selbstanzeige seien von der schwarz-gelben Koalition gegen die Stimmen von Rot-Grün bereits verschärft worden.
Brüderle rief prominente Deutsche, die ihren Wohnsitz aus Steuergründen ins Ausland verlegt haben, indirekt zur Rückkehr auf. "Es ist eine Stilfrage, ob man als populärer und in Deutschland höchst erfolgreicher Mensch seine Steuern im Ausland zahlt", sagte der Fraktionsvorsitzende. "Ich freue mich über jeden, der in Deutschland lebt, investiert und Steuern zahlt."
Den Ankauf von Steuersünder-Daten etwa aus der Schweiz beurteilte Brüderle kritisch. Diese Praxis bleibe "fragwürdig und hat einen Beigeschmack", sagte er. "Deutsche Behörden animieren zu Strafvergehen in der Schweiz, wenn sie Prämien für Datendiebstahl aussetzen."
Quelle: dts Nachrichtenagentur