Fernsehinterview: Wulff will nicht zurücktreten
Archivmeldung vom 04.01.2012
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundespräsident Christian Wulff hat in einem Fernsehinterview bekräftigt, nicht zurücktreten zu wollen. In einem Interview mit der ARD und dem ZDF räumte das Staatsoberhaupt zwar Fehler ein, lehnte einen Rücktritt allerdings ab. "Ich nehme meine Verantwortung gerne wahr", sagte Wulff laut Medienberichten in dem Interview. Weiterhin übe der Bundespräsident sein Amt mit Freuden aus.
Wulff räumte ein, dass der Anruf bei "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann "ein schwerer Fehler" gewesen sei, der ihm leid tue. Außerdem betonte der Bundespräsident, dass er bei dem Anruf bei Diekmann darum gefragt habe, den Artikel über seine Hausfinanzierung um einen Tag zu verschieben. Das vollständige Interview wird am Mittwochabend um 20.15 Uhr in der ARD und dem ZDF ausgestrahlt.
Ex-Ministerpräsident Böhmer lehnt Nachfolge-Debatte um Wulff ab
Der ehemalige Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), lehnt eine Nachfolgediskussion über das Amt des Bundespräsidenten ab. "Einen Bundespräsidenten kann man nicht einfach austauschen wie eine Schachfigur, weil die Wahl eines Bundespräsidenten an ein festes Verfahren gebunden ist", sagte Böhmer im Gespräch mit "Handelsblatt-Online". Die Wahl eines Bundespräsidenten lasse sich auch nicht über Rundfunkinterviews herbeireden, dies sei weder rechtlich noch politisch möglich.
Böhmer reagiert mit seiner Kritik unter anderem auf die Forderung der CDU-Politikerin Vera Lengsfeld, die Wulff zum Rücktritt aufgefordert und Joachim Gauck als möglichen Nachfolger ins Spiel gebracht hatte. "Ich habe damals gesagt, dass Gauck ein sehr guter Kandidat ist", sagte Böhmer, "aber heute stellt sich diese Frage nicht mehr, denn diese Wahl ist entschieden worden. Joachim Gauck lässt sich nicht einfach so ins Amt einsetzen."
Mit Blick auf die heftige Kritik an Wulff forderte Böhmer Mäßigung. "So kann man nicht mit dem höchsten Amt des Staates umgehen - und auch nicht mit den handelnden Personen."
Umfrage: Fast jeder zweite Deutsche will Wulffs Rücktritt
Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage im Auftrag der Mediengruppe Madsack, zu der unter anderem die "Leipziger Volkszeitung" gehört, ist fast jeder zweite Deutsche für einen Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff. 46 Prozent der Deutschen meinen, er sollte sein Amt zur Verfügung stellen, ebenso viele meinen aber, er solle bleiben. Vor allem die Ostdeutschen sowie die 18- bis 29-Jährigen wollen Wulff weiterhin als Bundespräsidenten sehen.
Für einen Rücktritt sprechen sich vor allem die über 60-jährigen Bürger und Beamte aus. Käme es zu einer Neuwahl, hätte Wulffs Kontrahent der letzten Wahl, der frühere Chef der Stasi-Unterlagenbehörde Joachim Gauck, mit 30 Prozent Zustimmung den größten Rückhalt in der Bevölkerung. Auf den Plätzen folgen: der Moderator Günther Jauch mit 13 Prozent, Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mit 12 und die frühere Bischöfin Margot Käßmann mit 11 Prozent Zustimmung.
Auf die Frage, ob es besser wäre, wenn der Bundespräsident künftig direkt vom Volk gewählt würde, sagten 56 Prozent der Befragten ja. 40 Prozent meinten, nein, es wäre egal, wie der Bundespräsident gewählt würde. An der Forsa-Umfrage vom gestrigen Dienstag nahmen 1.005 Personen teil.
SPD-Fraktionsvize Schäfer fordert Rücktritt von Bundespräsident Wulff
SPD-Fraktionsvize Axel Schäfer hat den Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff gefordert. "Der Bundespräsident ist aus meiner Sicht aufgrund seines Verhaltens nicht mehr tragbar. Es ist an der Zeit, Konsequenzen zu ziehen", sagte Schäfer der "Rheinischen Post" (Donnerstagausgabe). "Die SPD hat sich bislang bewusst zurückgehalten, den Rücktritt des Bundespräsidenten zu fordern", erklärte der SPD-Fraktionsvize weiter. Nun stehe Wulff aber in der Verantwortung für sein Amt und für die Bürger "eine kluge Entscheidung zu treffen", so Schäfer.
Merkel vertraut auf weitere Aufklärung durch Bundespräsident Wulff
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vertraut darauf, dass Bundespräsident Christian Wulff in der Affäre um seinen umstrittenen Privatkredit und den Anruf bei der "Bild"-Zeitung weitere Aufklärung liefern wird. Das sagte der stellvertretende Regierungssprecher Georg Streiter am Mittwoch in Berlin. Die Kanzlerin habe demnach volles Vertrauen, dass Wulff alle Fragen beantworten werde. Streiter betonte zudem, dass Merkel die Arbeit des Bundespräsidenten weiterhin schätze.
Quelle: dts Nachrichtenagentur