FDP gegen Wehrpflicht und verpflichtende Musterung
Archivmeldung vom 09.07.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićBundesfinanzminister Christian Lindner und Bundesjustizminister Marco Buschmann lehnen die Einführung einer Wehrpflicht, einer Dienstpflicht und sogar einer verpflichtenden Musterung aus volkswirtschaftlichen sowie rechtlichen Gründen ab. Das geht aus einem Brief der beiden FDP-Politiker an Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hervor, der am Montag versandt wurde und über den die "Welt" berichtet.
Die "Wiedereinführung einer allgemeinen Wehrpflicht beziehungsweise
Dienstpflicht" treffe nicht auf gesellschaftliche Akzeptanz und werde
von der FDP ausgeschlossen, heißt es in dem Schreiben. Eine vom
Bundesministerium der Finanzen beauftragte Kurzexpertise des
Ifo-Instituts zu den "volkswirtschaftlichen Kosten einer
Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines sozialen Pflichtjahres"
komme außerdem zu dem Schluss, "dass gegenüber der Wiedereinführung der
Wehrpflicht die Attraktivitätssteigerung des Soldatenberufs mit deutlich
geringeren individuellen und gesamtwirtschaftlichen Kosten verbunden
ist", wie es in dem Brief heißt. "Allein die jährliche Verpflichtung
eines Viertels einer Alterskohorte im Rahmen einer Wehr- oder
Dienstpflicht, also von circa 195.000 Personen, würde laut Ifo zu einem
Rückgang des Bruttoinlandseinkommens um 17,1 Milliarden Euro führen",
schreiben die beiden Minister weiter.
Nun will Pistorius nicht
die allgemeine Wehrpflicht reaktivieren, sondern die jungen Männer
(verpflichtend) und Frauen (freiwillig) lediglich einen Fragebogen
ausfüllen lassen, auf dessen Grundlage dann zu einer verpflichtenden
Musterung eingeladen werden soll. In einem weiteren Schritt sollen dann
zunächst 5.000 junge Leute eingezogen werden - möglichst freiwillig,
aber wenn nötig auch verpflichtend.
Doch selbst dieses
abgespeckte Modell ist mit der FDP nicht zu machen. Die Unterstützung
der Liberalen findet allein die Idee, "eine weitflächige
Bestandsaufnahme der Menschen in Deutschland" zu machen, "die im
Verteidigungsfall eingezogen werden könnten". Das sei eine "Maßnahme
vorausschauender Klugheit", schreiben Lindner und Buschmann. Doch die
Verpflichtung auch nur eines kleinen Teils eines Jahrgangs, "sich
mustern zu lassen oder gar einen Wehrdienst abzuleisten, würde
unvermeidlich Fragen der Wehrgerechtigkeit aufwerfen und stellt für die
Betroffenen einen tiefen Eingriff in ihre Freiheit und persönliche
Lebensplanung dar", schreiben die Liberalen-Spitzenpolitiker.
Die
Freien Demokraten begrüßten zwar ausdrücklich die von Pistorius
"innerhalb der Bundesregierung angestoßene Debatte zur Steigerung der
Wehrfähigkeit" und unterstützten das Ziel, "die Bundeswehr zu einer der
modernsten und schlagkräftigsten Armeen Europas zu machen". Die FDP will
die Attraktivität der Bundeswehr als Arbeitgeber allerdings mit
"zielgenaueren Maßnahmen" steigern.
So begrüße man den
Gesetzentwurf von Pistorius zur Steigerung der personellen
Einsatzbereitschaft und plädiere darüber hinaus für eine Stärkung der
Rolle der Reserve: "Vor der Diskussion über neue Dienstpflichten sind
wir gefordert, alle Möglichkeiten der Freiwilligkeit vollumfänglich
auszuschöpfen". Man sehe der Debatte innerhalb der Bundesregierung
"zuversichtlich entgegen", schließen die Liberalen.
Um die neuen,
um rund 30 Prozent erweiterten Nato-Fähigkeitsziele zu erreichen,
braucht Pistorius neben mehr Ausrüstung vor allem mehr Personal. Zu
diesem Zweck hat er eine neue Art der Wehrpflicht angekündigt.
Quelle: dts Nachrichtenagentur