Köhler-Rede zeigt Defizite der gegenwärtigen Globalisierung auf
Archivmeldung vom 02.10.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittBundespräsident Horst Köhler hat in seiner so genannten Berliner Rede vom gestrigen Montag nach Ansicht des globalisierungskritischen Netzwerkes Attac viele Defizite der gegenwärtigen Globalisierung aufgezeigt. "Sämtliche Lösungsvorschläge allerdings sind viel zu unkonkret, als dass sich das Handeln irgendeines Politikers daran messen lassen könnte", sagte Pedram Shahyar vom bundesweiten Attac-Koordinierungskreis. Ross und Reiter würden kaum genannt.
"Köhler hat zu Recht festgestellt, dass der Test für Glaubwürdigkeit
im eigenen Land beginnt. Diesen Test hat er in seiner Rede aber selbst
nicht bestanden", betonte der Pedram Shahyar. Wer globale soziale
Gerechtigkeit fordere, könne sich nicht positiv auf Reformen wie die
Agenda 2010 und Hartz IV beziehen, die die soziale Ungleichheit im
eigenen Land vergrößern. "Um glaubwürdig für globale soziale
Gerechtigkeit eintreten zu können, hätte Köhler zumindest Korrekturen
am Arbeitslosengeld II fordern müssen, die allen Menschen auch hier zu
Lande ein menschenwürdiges Leben oberhalb der Armutsgrenze
ermöglichen", sagte er.
Nicht haltbar ist laut Philipp Hersel, der die entwicklungspolitische
Organisation Blue 21 im bundesweiten Attac-Rat vertritt, die Aussage
des Bundespräsidenten, die neoliberale Globalisierung habe die Armut
weltweit verringert und auch den Menschen in den Ländern des Südens
mehr Wohlstand gebracht. Sowohl innerhalb der Gesellschaften als auch
global stünden wenigen Globalisierungsgewinnern viele -verlierer
gegenüber; die Schere zwischen Arm und Reich werde größer.
Zu Köhlers Forderung, die Vereinten Nationen zu stärken und die
internationalen Finanzinstitutionen sowie die internationale
Welthandelsorganisation WTO stärker an sie heran zu führen, sagte
Philipp Hersel: "Nehmen wir ihn beim Wort. Eine Stärkung der Vereinten
Nationen hieße, die Ausnahmestellung der UN-Sonderinstitutionen IWF
und Weltbank zurückzunehmen und im Gegenzug die Welthandels- und
Entwicklungskonferenz UNCTAD zu stärken".
Auf Ablehnung stieß der Vorschlag des Bundespräsidenten, dem IWF die
Kontrolle über die internationalen Finanzmärkte zu übertragen. "Damit
würde der Bock zum Gärtner gemacht", kritisierte Philipp Hersel. In
Horst Köhlers Amtszeit als Geschäftsführender Direktor (2000 - 2004)
habe der IWF die Finanzmärkte noch weiter Leine gelassen als zuvor.
"Warum sollte ausgerechnet diese Organisation geeignet sein, sie
wieder einzufangen?", fragte der Globalisierungskritiker.
Quelle: Pressemitteilung Attac Deutschland