Zeitung: Führungsstreit innerhalb der AfD verschärft sich
Archivmeldung vom 11.05.2015
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 11.05.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer Machtkampf in der Alternative für Deutschland (AfD) gewinnt deutlich an Schärfe. Nachdem der Co-Parteichef Konrad Adam in verschiedenen Interviews das Gerücht gestreut hat, Parteichef Bernd Lucke plane, die AfD zu verlassen und eine neue Partei zu gründen, geht dieser nun in die Offensive.
In einer Mail an alle AfD-Mitglieder, die dem "Handelsblatt" (Online-Ausgabe) vorliegt, weist er die Behauptungen Adams scharf zurück. "Ich war sehr überrascht, sozusagen die Nachricht meines eigenen Ablebens lesen zu müssen", schreibt Lucke in der Mail, die in der Nacht auf Montag versandt wurde. "Dies umso mehr, als Herr Adam mich zu meiner angeblichen Absicht nie befragt hat." An dem Gerücht sei lediglich wahr, so Lucke, dass er sich "große Sorgen um die AfD" mache. "Und zu diesen Sorgen zählt, dass ein von mir geschätzter Mann wie Herr Dr. Adam mit falschen Freunden an der falschen Front kämpft." Die AfD sei "in einer schweren Krise", so Lucke. Und er sei sich nicht sicher, dass die AfD in der Form, in der sie 2013 gegründet wurde, fortbestehen werde. "Es gibt Kräfte in der Partei, die eine andere, radikalere AfD wollen." Er wolle dies nicht, denn die AfD habe nur eine Zukunft als bürgerliche, sachorientierte und konstruktive politische Kraft aus der Mitte der Gesellschaft. "Ich will deshalb alles dafür tun, sie als eine solche zu erhalten. Aber dafür brauche ich Ihre Unterstützung."
Lucke benennt in der Mail drei Probleme, die aus seiner Sicht den Bestand der Partei gefährden. Als ersten Punkt nennt er den Verlust bürgerlicher Mitglieder. "Mitglieder treten aus oder kündigen mir ihren Austritt an, wenn sich das Ansehen der AfD in der Öffentlichkeit nicht sehr bald wieder bessere." Und es handle sich nicht um Einzelfälle, "sondern um eine inzwischen weitverbreitete Stimmung insbesondere im bürgerlichen Kern unserer Partei".
Er widerspreche hier "energisch" dem Brandenburger AfD-Chef Alexander Gauland, der im "Handelsblatt" gesagt hatte, er wolle nicht auf das Bürgertum setzen, denn die AfD sei eine Partei der kleinen Leute. "Ich kann vor dieser Strategie nur eindringlich warnen", so Lucke. "Wer die AfD zu einer Partei der `kleinen Leute` machen will, zerstört die AfD, in der `bürgerliche` Mitglieder einen ganz wesentlichen Teil der Mitgliedschaft ausmachen." Das zweite große Problem der AfD liegt nach Luckes Einschätzung in der Grundausrichtung der Partei. Er spricht von zwei sehr unterschiedlichen Gruppen von Mitgliedern. Die Kritiker des Euro, der Energie- oder der Einwanderungspolitik, die aber die wesentlichen gesellschaftlichen Grundentscheidungen der Bundesrepublik Deutschland akzeptierten, stünden der anderen Gruppe, die eben diese in Frage stellten gegenüber. Die Vorstellungen dieser beiden Gruppen seien unvereinbar. Es nütze daher nichts, Konflikte zuzukleistern, man müsse sie lösen. "Der Konflikt über die Grundausrichtung der Partei muss entschieden werden und auch wenn diese Entscheidung zu Mitgliederverlusten auf der einen oder anderen Seite führen wird, halte ich dies für besser, als dass die Partei sich in einem ständig schwelenden und immer wieder aufflackernden Streit über Monate oder Jahre hin zerreibt." Deshalb, so Lucke: "Je eher wir diese Entscheidung treffen, desto besser." Das dritte große Problem der AfD sieht Lucke in Mitgliedern, die aus ganz unpolitischen Gründen große Aktivitäten in der Partei entfalteten. Die Probleme der AfD böten "Karrieristen, Querulanten und Intriganten die trefflichsten Gelegenheiten der Selbstverwirklichung", stellt Lucke fest. "Wem es mehr um das eigene Fortkommen als um politische Inhalte geht, der paktiert auch mit den Falschen, wenn dies die Gelegenheit schafft, vermeintliche Konkurrenten aus dem Wege zu räumen." Auch Querulanten und Intriganten richteten sich naturgemäß gegen die, "die in den bestehenden Strukturen arbeiten und nutzen deshalb gerne die Möglichkeit, denen zu dienen, die am liebsten das Bestehende umstürzen würden." So erhielten Kräfte in der Partei weit jenseits ihrer tatsächlichen Bedeutung Auftrieb. "Manches Resultat dieser vereinten Anstrengungen haben wir in den vergangenen Wochen auf Mitgliederversammlungen und Parteitagen gesehen", so Lucke, "und es war nicht zum Vorteil der AfD."
Quelle: dts Nachrichtenagentur