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"Munition nur für zwei Tage" – Gründe für Lambrechts Rücktritt als Verteidigungsministerin

Archivmeldung vom 18.01.2023

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 18.01.2023 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Sanjo Babić
Bild: Bundeswehr-Feldjäger: Enno Heidtmann, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0; Lambrecht: Olaf Kosinsky, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE; Komposition: Wochenblick / Eigenes Werk
Bild: Bundeswehr-Feldjäger: Enno Heidtmann, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0; Lambrecht: Olaf Kosinsky, Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0 DE; Komposition: Wochenblick / Eigenes Werk

Für den Rücktritt von Christine Lambrecht als Bundesverteidigungsministerin wurden als Gründe medialer Druck und die Anerkennung der eigenen Inkompetenz angeführt. Experten zeigen eine weitere Möglichkeit auf: das Verlassen des lädierten Schiffs "Bundeswehr". Dies analysieren Irina Taran und Jelisaweta Komarowa im Magazin "RT DE".

Weiter analysieren beide auf RT DE: "Führende deutsche Medien hatten berichtet, dass Deutschland mit der Verlegung dreier ihrer Luftabwehr-Raketensysteme vom Typ MIM-104 Patriot aus US-Herstellung nach Polen begonnen hat. Damit soll die kritisch wichtige militärische und zivile Infrastruktur des NATO-Verbündeten nahe der ukrainischen Grenze geschützt werden.

Informationen über den Beginn der Verlegung der Patriot-Luftabwehrraketensysteme wurden etwa im Spiegel veröffentlicht:

"Die ersten Soldaten sollen demnach noch heute mit ihren Fahrzeugen von Bad Sülze (Mecklenburg-Vorpommern) aufbrechen. In den kommenden Tagen werden dann auch die Waffensysteme in das Nachbarland verlegt. Insgesamt drei Staffeln sollen den Schutz kritischer Infrastruktur des Nato-Verbündeten in Grenznähe zur Ukraine sicherstellen."

Der polnische Verteidigungsminister Mariusz Blaszczak verhandelte die Verlegung dieser Systeme nach Warschau im November 2022 mit seiner damaligen deutschen Amtskollegin Christine Lambrecht.

Nun trat Lambrecht am Vortag – Montag, dem 16. Januar 2023 – unter dem Vorwand zurück, dass die "monatelange Medienaufmerksamkeit" für ihre Person angeblich eine angemessene öffentliche Diskussion über die Rolle der BRD-Streitkräfte unmöglich gemacht habe. Derweil werden nach Ansicht von Experten die deutschen Verteidigungskapazitäten bei dem derzeitigen Tempo der Waffenlieferungen an andere NATO-Länder und die Ukraine "bald nicht mehr ausreichen" – und der wahre Grund für Lambrechts Rücktritt ist eher darin zu suchen.

So sammelte etwa der Stern in etlichen Medien geäußerte Standpunkte, dass Lambrecht in Deutschland mit ernsthaften Fragen bezüglich ihrer Kompetenz konfrontiert gewesen sei: Ob "Helme anstelle von schweren Waffen für die Ukraine – ein internationaler Witz" oder Lambrechts Umgang mit dem enormen Investitionsbedarf in die "kaputtgesparte Bundeswehr", die sie mit Schutzwesten abgetröstet habe (Berliner Zeitung), oder der "Höhe- und Schlusspunkt all der Pannen – ihr peinliches Silvestervideo", (Allgemeine Zeitung, Mainz) mit dem sie sich, ihr Amt und auch das Land international blamiert" habe – nichts habe unter ihrem Kommando auf eine Verbesserung hingedeutet (Augsburger Allgemeine), und sie sei das Amt überhaupt wider besseres Wissen bezüglich ihrer fehlenden Kompetenz als Verteidigungsministerin angetreten, aus reinem "Machtwillen" heraus und völlig lieblos (Reutlinger General-Anzeiger).

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz stimmte Lambrechts Rücktritt noch am selben Tag zu. Die Sprecherin der Bundesregierung Christiane Hoffmann teilte bei einem Briefing mit, dass Scholz zugesagt habe, dem Bundespräsidenten in Kürze einen Vorschlag für einen Nachfolger an der Spitze des Bundesverteidigungsministeriums zu unterbreiten – was auch am 17. Januar geschah: Es soll wohl Boris Pistorius werden, bislang niedersächsischer Innenminister.

"Genug für zwei Tage Kampf"

Es ist erwähnenswert, dass ein Kolumnist der Times, Oliver Moody, bereits Anfang Dezember 2022 von ernsthaften Problemen in der deutschen Armee aufgrund der langjährigen Politik Berlins, die Mittel für die Bundeswehr zu kürzen, sprach. Die Times berichtet, dass es zwar in allen europäischen Ländern zu Knappheit an Kriegsmaterial kommt – Deutschland jedoch besonders stark von der Erschöpfung seiner Waffenarsenale betroffen ist. Experten zufolge würde die Bundeswehr zum Beispiel in einem Krieg hoher Intensität "ihre Munition innerhalb von lediglich zwei Tagen aufbrauchen", so Moody.

Und als ob zur Bestätigung der Worte des britischen Beobachters entbrannte Mitte Dezember ein Skandal: Die neuesten deutschen Schützenpanzer vom Typ Puma versagten bei einem Zuverlässigkeitstest. Wie etwa der Spiegel berichtete, fielen alle 18 gepanzerten Kampffahrzeuge der Panzergrenadierbrigade 37, wie sie sich der schnellen Eingreiftruppe der NATO anschließen sollten, während der Übung sang- und klanglos aus.

Obwohl Lambrecht die Aufklärung der Ursachen des Vorfalls angeordnet hatte, ist der Fall Puma keine Ausnahme. Vielmehr steht die "überzüchtete" Katze symbolisch für das Desaster, das die Bundeswehr auch nach Scholz' Ankündigung des "Wandels" ereilt hat, meint die FAZ.

Im Frühjahr 2022 bezeichnete der deutsche Bundeskanzler das soeben angekündigte 100 Milliarden Euro schwere Sondervermögen für Zwecke der Bundeswehr als "bedeutenden Schritt" für die Sicherheit Deutschlands und Europas sowie als Antwort auf die, wie er es nannte, "Zeitenwende". Die Finanzstruktur wurde geschaffen, damit die Bundesregierung in die Verbesserung der Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr investieren kann. Doch wie Journalisten schreiben, nützen die modernen und ausgefeilten Waffensysteme, für die Berlin das viele Geld ausgeben will, nichts – wenn sie doch schon bei Übungen ausfallen. Nach Ansicht nicht nur von Journalisten (etwa des Handelsblattes), sondern der für die Haushalte zuständigen Beamten ist längst klar, dass die Bundeswehr eine systematische Reform des Beschaffungswesens braucht, die keinen Aufschub duldet.

Doch trotz der internen Probleme mit der Kampffähigkeit und der Versorgung der eigenen Armee leistet die deutsche Führung weiterhin regelmäßig Unterstützung an die ukrainischen Truppen. Nach Angaben des offiziellen Vertreters der Bundesregierung Steffen Hebestreit habe Deutschland die Ukraine im Jahr 2022 mit über 12 Milliarden Euro unterstützt und will diesen Kurs auch 2023 fortsetzen. Insbesondere wird derzeit eine aktive Diskussion über die Lieferung von Leopard-2-Panzern an Kiew geführt: Laut Bloomberg ist Scholz "zunehmend unter Druck geraten", die Lieferung einer Tranche dieser Maschinen an Kiew zu genehmigen – und:

"Nach Angaben zweier Beamter, die mit den Ansichten der Behörden vertraut sind, wird sich Deutschland aufgrund der zunehmenden Forderungen nach Belieferung der Ukraine mit schweren Panzern wahrscheinlich für die Lieferung von Leopard-Panzern entscheiden."

Gleichzeitig hatte auch Lambrecht selbst in einer Rede vor dem Plenum des Bundestages Anfang September 2022 eingeräumt, dass es Probleme bei der Bundeswehr aufgrund der Waffentranchen an Kiew gibt. Ihr zufolge seien schon damals die Bestände der Bundeswehr zur Neige gegangen, und Deutschland habe sein Limit bei den Waffenlieferungen an die Ukraine erreicht.

Dies hielt die damalige Leiterin des deutschen Verteidigungsministeriums jedoch nicht davon ab, Kiew am 12. Januar die Lieferung von 40 Marder-Schützenpanzern noch im ersten Quartal 2023 zu versprechen.   

"Am Rande des Zusammenbruchs"

Wie Alexander Kamkin, leitender Forscher am Institut für internationale und Wirtschaft und Beziehungen an der Russischen Akademie der Wissenschaften, in einem Gespräch mit RT erinnerte, setzte die zurücktretende deutsche Verteidigungsministerin Christine Lambrecht den Kurs ihrer Vorgänger zur Reduzierung der Finanzen fort: Sie kürzte die Mittel für die Bundeswehr und erhöhte gleichzeitig die Waffenexporte nach Kiew – und verschärfte damit die Situation in Bezug auf den "beklagenswerten Zustand der deutschen Streitkräfte":

"Die deutsche Rüstungsindustrie war unter Lambrecht im Export aktiv. Militärische Ausrüstung wurde an die Golfstaaten und die NATO-Verbündeten geliefert, Diesel-U-Boote wurden an Israel geliefert. Dementsprechend schien Deutschland durchaus in der Lage zu sein, das erforderliche Maß an eigener Kampffähigkeit zu gewährleisten. Doch die Mittel für den inländischen Militärbedarf wurden ständig gekürzt, was schließlich zum Vorfall mit den Schützenpanzern Typ Puma und einer überhaupt vernachlässigten Armee führte, die wir jetzt in der BRD sehen."

Vor diesem Hintergrund wirken die ehrgeizigen Pläne von Scholz, die Streitkräfte des Landes zu stärken, ziemlich seltsam – denn sie widersprechen der "zum eigenen Schaden" geführten Politik Berlins, Kiew mit Waffen zu versorgen, so Kamkin:

"Jetzt ist die Unterstützung der Ukraine mit Rüstungsgütern in vollem Gange, und wir sprechen hier von schweren, ernstzunehmenden Waffensystemen. Darüber hinaus hat Berlin beschlossen, Polen einige Luftabwehrsysteme des Typs Patriot zu übergeben – Systeme, die später möglicherweise auch Kiew übergeben werden können. Unter diesen Bedingungen und der chronischen Unterfinanzierung der Bundeswehr haben die Streitkräfte des Landes riesige Schwierigkeiten."

Seinerseits erinnert Nikita Danjuk, dass bei dem derzeitigen Tempo der Waffenlieferungen an die NATO und Kiew "die deutschen Verteidigungskapazitäten bald vollständig abgeschliffen sein werden".

Laut seiner Arbeitshypothese habe Lambrecht rechtzeitig für sich persönlich die Reißleine gezogen. Der stellvertretende Direktor des Instituts für strategische Studien und Prognosen an der Russischen Universität der Völkerfreundschaft und Mitglied der Russischen Gesellschaftskammer kommentierte für RT:

"Sache ist, dass die deutschen Bestände an Luft- und Raketenabwehrsystemen, aber auch anderen Waffen sehr schnell zur Neige gehen. Die Militärhilfe für Kiew läuft den Interessen der Bundeswehr zuwider. Doch aus der berüchtigten transatlantischen Solidarität heraus ist Berlin bereit, seine eigene Verteidigung an den Rand des Zusammenbruchs zu bringen. Lambrecht hat aber bereits verstanden, wohin die Reise geht – und sie möchte nicht mit dem Zusammenbruch der Bundeswehr in Verbindung gebracht werden. Deshalb ist sie zurückgetreten."

Wie jeder Chef der deutschen Militärbehörde wisse auch Lambrecht, dass Berlin weiterhin unter dem Druck Washingtons stehen wird – sodass die BRD, die ihrer Subjektivität und Unabhängigkeit schon jetzt praktisch beraubt ist, ihre Waffen der Ukraine und den benachbarten NATO-Partner im Osten "bis zum letzten Tropfen" abwerfen muss, fügte Danjuk hinzu:

"In der Folge wird Deutschland natürlich versuchen, die eingegangenen Verpflichtungen zu sabotieren. Aber es wird trotzdem weiterhin Waffen liefern, wenn auch mit Tricksereien. Die Lieferungen könnten viel später als angekündigt oder in einem reduzierten Format erfolgen – eine Menge angekündigt, aber eine andere geliefert. Aber die USA werden auf dem Liefern von Waffen an die Ukraine durch Deutschland bestehen, um es so abhängig wie möglich vom US-Militär zu machen. Allerdings wird früher oder später wird die hirnvernebelnde antirussische Propaganda in Deutschland verpuffen, während die ruinierte Bundeswehr bleibt – und Deutschland wird seine eigenen Probleme selbst lösen müssen", schloss der Experte.

Quelle: RT DE

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