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Stellungnahme: Rente mit 63 kaum umsetzbar

Archivmeldung vom 22.01.2014

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 22.01.2014 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de
Bild: Rainer Sturm / pixelio.de

Die Deutsche Rentenversicherung hält die Rentenpläne von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) in wesentlichen Teilen für nicht umsetzbar. Dies ergibt sich aus einer vertraulichen Stellungnahme der Deutschen Rentenversicherung zum Gesetzentwurf, die dem "Handelsblatt" vorliegt. Demnach fehlen entscheidende Daten, um das Vorliegen der Voraussetzungen für die neue abschlagfreie Rente mit 63 überhaupt prüfen zu können.

Nach den Plänen der Bundesregierung sollen Versicherte ab Juli dieses Jahres bereits mit 63 Jahren abschlagfrei in Rente gehen können, wenn sie 45 Beitragsjahre erreicht haben. Dabei sollen auch Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld, Krankengeld, Leistungen der Arbeitsförderung, Übergangsgeld und Leistungen bei Krankheit angerechnet werden. Nicht berücksichtigt werden sollen dagegen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe und Arbeitslosengeld II, auch Hartz IV genannt.

Arbeitslosenhilfe gab es für Langzeitarbeitslose, bis 2005 Hartz IV eingeführt wurde.

Das Problem ist nun, dass die Rentenversicherung auf den Rentenkonten der Versicherten Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe gar nicht getrennt erfasst. Vor 1978 seien Zeiten der Arbeitslosigkeit als Anrechnungszeiten gespeichert, heißt es. Bei der Rentenversicherung wisse man nicht, ob überhaupt Geld gezahlt wurde. Für Zeiten zwischen 1978 und 2001 wurde zwar der Leistungsbezug erfasst, nicht aber, ob es Arbeitslosengeld oder Arbeitslosenhilfe gab, heißt es in der Stellungnahme. Ähnliche Datenlücken gebe es beim Krankengeld für Zeiten vor 1984.

Die Schlussfolgerung der Rentenversicherung: Da Rückfragen bei der Bundesagentur für Arbeit nicht zielführend seien, da dort entsprechende Daten nicht so lange gespeichert werden, wäre "der Nachweis für das Vorliegen der entsprechenden Anspruchsvoraussetzungen vom Versicherten zu erbringen". Die Rentenversicherung geht aber davon aus, dass den Betroffenen dieser Nachweis nach so langer Zeit "häufig" nicht möglich sein wird. In diesen Fällen "kann das Vorliegen der Voraussetzungen für die abschlagfreie Rente mit 63 nicht abschließend festgestellt werden."

Ob Arbeitsministerin Nahles ihren Entwurf nun ändern wird, ist noch unklar. Das Ministerium verwies auf Anfrage auf die laufende Ressortabstimmung. "Einzelheiten des Vorhabens werden in diesem Verfahren, das nicht öffentlich ist, erörtert und geklärt", sagte ein Sprecher.

Zeitung: Datenlücke bereitet Probleme bei Umsetzung der Rente mit 63

Bei der Umsetzung der Rente mit 63 bereitet eine Datenlücke Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) Probleme. Die Deutsche Rentenversicherung kann bei der Anrechnung der nötigen Beitragszeit von 45 Jahren nicht wie vorgesehen Zeiten kurz- und langfristiger Arbeitslosigkeit unterscheiden, wie aus einer Stellungnahme der Behörde hervorgeht, die der "Süddeutschen Zeitung" vorliegt.

In dem Papier heißt es: Eine vollmaschinelle Prüfung der 45 Jahre sei "nicht möglich. Auf der Grundlage der Daten, die bei den Rentenversicherungsträgern in den Versicherungskonten gespeichert sind, kann zwischen Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld und Zeiten des Bezugs von Arbeitslosenhilfe nicht differenziert werden". Dieses Problem bestehe zwischen Juli 1978 und Januar 2001 - also Zeiten, die für die Berechnung der Rente mit 63 für langjährig Versicherte relevant wären. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) kann beim Füllen der Datenlücke ebenfalls nicht helfen. "Wir löschen alle elektronisch gespeicherten Angaben über Zeiten der Arbeitslosigkeit nach fünf Jahren, weil sie für uns nicht mehr erforderlich sind", sagte eine Sprecherin der Nürnberger Behörde der SZ. Ein möglicher Ausweg wäre deshalb, dass die Versicherten die nötigen Belege selbst vorlegen. Die Rentenversicherung merkt in ihrer Stellungnahme, die sie am Montag bei einer Anhörung im Bundesarbeitsministerium vorlegte, jedoch an: Häufig werde es der Fall sein, dass die Arbeitnehmer über einen so langen Zeitraum nicht mehr über die erforderlichen Unterlagen verfügen. Im Arbeitsministerium wird nach Informationen der Zeitung deshalb bereits diskutiert, ob die Versicherten nicht durch eine "Glaubhaftmachung" oder eidesstattliche Versicherung zurechnungsfähige Zeiten der Arbeitslosigkeit nachweisen könnten, wenn keine schriftlichen Unterlagen mehr vorliegen.

Die Rentenversicherung hat außerdem verfassungsrechtliche Bedenken wegen des Gleichheitsgrundsatzes im Grundgesetz. Ihr erscheint es "zweifelhaft", ob die Unterscheidung zwischen verschiedenen Arten der Arbeitslosigkeit "sachlich zu rechtfertigen ist".

Der Rentenexperte der CDU, Peter Weiß, sagte der SZ: "Das Problem der Abgrenzung bei den Zeiten der Arbeitslosigkeit lässt sich nicht so einfach lösen, wie es so locker im Referentenentwurf steht." Auch müsse eine Abgrenzung zwischen den Zeiten der Kurz- und Langzeitarbeitslosigkeit "gerichtsfest sein". Er hoffe dabei auf juristische Hilfe vom Justiz- und vom Innenministerium. "Das Schlimmste, was uns passieren kann, ist, dass uns die Sozialgerichte das Gesetz wieder auseinandernehmen."

Dem vergangene Woche vorgelegten Referentenentwurf des Bundesarbeitsministeriums zufolge sollen bei der abschlagsfreien Rente mit 63 bei den 45 Beitragsjahren auch Zeiten der kurzfristigen Arbeitslosigkeit mitgezählt werden, in denen Arbeitslosengeld I bezogen wurde. Langzeitarbeitslose hätten demzufolge von der Rente mit 63 nichts, da das Ministerium den Bezug der früheren Arbeitslosenhilfe oder von Arbeitslosengeld II (Hartz IV) nicht berücksichtigen will. Das Rentenpaket der großen Koalition soll zum 1. Juli 2014 in Kraft treten. Im Ministerium wurde deshalb bereits in den Weihnachtsferien an dem Entwurf gearbeitet. Nahles hatte in einem SZ-Interview gesagt: Die Rentenbeschlüsse so schnell in Paragrafen gießen zu müssen, sei, "offen gesagt, für unser Haus ein Husarenritt".

Quelle: dts Nachrichtenagentur

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