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Bundesernährungsminister Schmidt hält Evaluationsbericht zur Lebensmittelbuch-Kommission zurück

Archivmeldung vom 26.02.2015

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 26.02.2015 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Manuel Schmidt
Christian Schmidt (2013)
Christian Schmidt (2013)

Foto: Thomas Lother
Lizenz: CC-BY-SA-3.0-de
Die Originaldatei ist hier zu finden.

Die Verbraucherorganisation foodwatch hat Bundesernährungsminister Christian Schmidt aufgefordert, den Evaluationsbericht über die Arbeit der Lebensmittelbuch-Kommission unverzüglich und vollständig zu veröffentlichen. Das externe Gutachten liegt dem Ministerium bereits seit Dezember vor. Rund drei Monate nach Abschluss der Evaluation konnte ein Sprecher Schmidts auf Nachfrage von foodwatch jedoch noch nicht einmal einen Termin für die Veröffentlichung in Aussicht stellen.

Das widerspricht dem Versprechen des Bundesernährungsministeriums (BMEL) in Bezug auf die Evaluation der umstrittenen Kommission: "Das BMEL legt Wert auf einen offenen und öffentlichen Diskussionsprozess zu diesen Fragen und hat einen solchen Prozess deswegen selbst angestoßen." (Quelle: Internetseite des BMEL; Link siehe unten).

"Die Mauertaktik von Minister Schmidt ist das Gegenteil einer offenen und öffentlichen Debatte und lässt nichts Gutes erwarten", kritisierte Lena Blanken, Expertin für Lebensmittelkennzeichnung bei foodwatch. "Bei der Evaluation läuft einiges schief: Erst bekommen ausgerechnet industrienahe Gutachter den Zuschlag für die Überprüfung der Kommission, dann wird das Ergebnis monatelang nicht auf den Tisch gelegt. Es gibt keinen guten Grund dafür, das Gutachten zurückzuhalten oder erst dann zu veröffentlichen, wenn es durch die politische Mühle gegangen ist."

Die geheim tagende, beim BMEL angesiedelte Lebensmittelbuch-Kommission erarbeitet sogenannte Leitsätze zur Produktkennzeichnung und -zusammensetzung. Diese sind zwar formal unverbindlich, doch weil sich Hersteller, die amtliche Lebensmittelüberwachung und auch Gerichte an ihnen orientieren, haben sie eine mit Gesetzen vergleichbare Wirkung. Acht der 32 Mitglieder der Kommission stammen aus der Lebensmittelwirtschaft. Die Geschäftsordnung sieht vor, dass sie mit ihren Stimmen alle Entscheidungen blockieren können. In der Kritik steht das Gremium, weil es für zahlreiche irreführende Produktbezeichnungen verantwortlich ist - zum Beispiel Schokoladenpudding, der nur einen Mini-Anteil Kakao enthält, Kirschtee ohne Kirschen oder Lachs-Imitat, das unter dem Namen "Alaska-Seelachs" verkauft wird. Der Bayreuther Staatsrechtler Prof. Stephan Rixen hatte das Konstrukt einer quasi normsetzenden, aber demokratisch unzureichend legitimierten Instanz zuletzt als verfassungswidrig bezeichnet.

foodwatch forderte Minister Christian Schmidt auf, die Lebensmittelbuch-Kommission abzuschaffen. "Die Kommission hat Verbrauchertäuschung in vielen Fällen erst legitmiert, verbraucherfreundlichere Standards sind am Veto der Lebensmittelwirtschaft gescheitert", erklärte Lena Blanken. Zur Festegung von Produktbezeichnungen forderte foodwatch stattdessen ein demokratisches und transparentes Verfahren, bei dem zum Beispiel das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit Leitsätze erarbeitet und sich dabei zuallervorderst an der Erwartung der Verbraucher, nicht an den ökonomischen Interessen der Hersteller orientiert.

Das Bundesernährungsministerium hatte im Jahr 2013 auf die Kritik an der Lebensmittelbuch-Kommission reagiert und eine externe Evaluation angestoßen. Dabei sollte laut Ausschreibungstext die "gesamte Struktur" des umstrittenen Gremiums "auf den Prüfstand" kommen. Nach der Ausschreibung durch die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) erhielt die zur industrienahen AFC Consulting Group gehörende AFC Public Services GmbH den Zuschlag - gemeinsam mit Prof. Dr. Wolfgang Voit von der Philipps-Universität Marburg, dessen Forschungsstelle u.a. von Ferrero und Dr. Oetker unterstützt wird. Im April 2014 begannen sie mit der Arbeit an dem Gutachten. Auch foodwatch wurde um eine Einschätzung gebeten. Mitte Dezember 2014 wurde der Evaluationsbericht dem Ministerium überstellt, seitdem jedoch nicht veröffentlicht.

Quelle: foodwatch e.V. (ots)

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