Corona-Krise: Hält Merkel mit wechselnden „unglaubwürdigen“ Koordinaten Kurs?
Archivmeldung vom 30.04.2020
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Freigeschaltet durch André Ott"Die von den Regierenden in Bund und Ländern durchgesetzten Beschränkungen für die Bürger werden mit immer neuen Zahlen und wechselnden Kriterien begründet. Für Experten ist das „unglaubwürdig“, so der Statistiker Gerd Bosbach und der Fachpublizist Jens Jürgen Korff. Sie erneuern eigene Kritik und bestätigen, was auch andere Fachleuten gesagt haben." Dies meldet das online Magazin "Sputnik".
Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite:"Für Deutschland werden sinkende Zahlen derjenigen gemeldet, die sich entsprechenden Testen zufolge mit dem Virus Sars-Cov 2 infiziert haben. Der befürchtete Ansturm auf die Krankenhäuser in der Bundesrepublik von Menschen mit der laut Weltgesundheitsorganisation WHO vom Virus ausgelösten Krankheit Covid-19 ist ausgeblieben. Die Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens werden zwar gelockert. Doch weiterhin warnen Virologen vor zu schnellen Lockerungen – und alle Bundesländer haben inzwischen die zuvor abgelehnte Maskenpflicht eingeführt.
Die Bundespolitik, voran Kanzlerin Angela Merkel, und das dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) unterstehende Robert-Koch-Institut (RKI), nennen immer wieder neue Kriterien für die Entscheidungen in der Corona-Krise. „Das ist unglaubwürdig“, meinen dazu der Statistik-Experte Gerd Bosbach und der Publizist Jens Jürgen Korff in einem Beitrag vom Mittwoch in ihrem Blog „Lügen mit Zahlen“. Beide sind Autoren des gleichnamigen Buches, in dem sie beschreiben, „wie wir mit Statistiken manipuliert werden“.
„Der ständige Wechsel der Bezugsgrößen erzeugt den Eindruck von Willkür“, stellen die beiden fest. Das neue Corona-Virus habe viele Menschen sehr verunsichert „und wahrscheinlich schnell harte Einschnitte erfordert“, zeigen sie Verständnis für die Politik. „Da war die Regierung gefordert.“
Eine Zauberzahl als Maßstab?
Aus Sicht von Bosbach und Korff sind anfängliche Fehler „verzeihlich, aber schnell hätte klar sein müssen, dass die Nennung wissenschaftlich klingender Kriterien nicht die Lösung sein kann. Der reine Bezug auf mathematisch/statistische Begriffe und Grenzwerte schafft keine Sicherheit“. Sie beklagen einen „fürchterlichen Umgang mit statistischen Daten“.
Beide Autoren erinnern daran, dass Ende Februar, Anfang März das Ziel ausgegeben wurde, den Anstieg der Neuinfektionen zu verlangsamen. Damit sollte die statistische Kurve der Infektionen abgeflacht („Flatten the curve“) und verhindert werden, dass die Intensivabteilungen der Krankenhäuser überfordert werden. Gemessen werden sollte das daran, in welcher Zeit sich die Anzahl der Neuinfizierten verdoppelt.
Dem folgte als neuer Maßstab die Reproduktionszahl „R“ . Sie soll angeben, wie viele Personen ein infizierter Mensch ansteckt. Anfänglich sei das Ziel R=1 gewesen, so die Autoren, dann unter dem Wert 1. RKI-Vizepräsident Lars Schaade, ehemaliger BMG-Mitarbeiter, habe kürzlich „sogar mal ungefähr 0,2 genannt“ und am Dienstag von „möglichst niedrig“ gesprochen.
Unberechenbares Kriterium?
Bosbach und Korff bestätigen die Kritik anderer an dem Maßstab: „Berechnen kann man R sowieso nicht.“
Diese Zahl könne nur geschätzt werden, wobei die entsprechende Methode Mitte April noch gewechselt wurde. Zudem sei seit der Woche vom 20. April die absolute Zahl der gemeldeten Fälle plötzlich die wichtigste Größe. Das werde mit der möglichen Einzelfallverfolgung durch die Gesundheitsämter begründet. Die entsprechende Zahl solle unter 1000 liegen.
Die beiden Experten verweisen dabei auf die Pressekonferenz des RKI-Präsidenten, Tiermediziner Lothar Wieler, am Dienstag. Dabei habe Wieler gesagt, dass es darum gehe, sich öffentlich nicht immer ausschließlich auf „R“ zu konzentrieren“. Es sollten ebenso eine Reihe anderer Werte betrachtet werden, wobei der RKI-Präsident dann von der „Anzahl der Neuinfektionen pro Tag“ gesprochen habe – „und damit hatte er schon wieder eine neue Größe in den Mittelpunkt gestellt.“
„Das ist kein vertrauenswürdiger Umgang mit der Bereitschaft fast aller, sich stark einzuschränken“, stellen die beiden Experten fest. Und: „Gelingt es in normalen Zeiten, mit einer genannten statistischen Maßzahl Eindruck zu erwecken, ist jetzt die Zahl der Wissenden zu groß. Wechselt dann kurz vor der Erfüllung plötzlich das Kriterium, und das gleich mehrfach, sinkt die Bereitschaft, massive Freiheitseinschränkungen weiter zu respektieren.“
Immer eine „neue Sau durch‘s Dorf“?
Von der Politik und den sie beratenden Wissenschaftlern fordern die Autoren: „Seid ehrlich! Entwickelt ein Bündel von Kriterien, an denen wir die Vorboten einer zweiten Welle erkennen können, wenn es sie denn geben sollte.“ Die Entwicklung in Singapur, wo eine neue Infektionswelle gemeldet wird, gebe Hinweise. „Die letzten gut sechs Wochen Erfahrung in Deutschland müssen genutzt werden“, so Bosbach und Korff. Sie fügen hinzu: „Und wenn Ihr keine prüfbaren Kriterien findet, kommuniziert das ehrlich und treibt nicht wieder die nächste ‚Sau‘ durch das Dorf!“
Die von den beiden Experten kritisierten statistischen Tricks im Zusammenhang mit den Beschränkungen des gesellschaftlichen Lebens in der Corona-Krise weisen auf ein Problem hin: Wer hat die Deutungshoheit darüber, wie groß die von Sars-Cov 2 ausgehende Gefahr und wie schwer die dadurch ausgelöste Krise ist? Die liegt eben bei den Regierenden und ihren Beratern aus verschiedenen Bereichen, unterstützt von den meinungsmachenden Medien.
Zwar gibt es immer wieder Beiträge, die auf Zweifel an den offiziellen Zahlen und Statistiken aufmerksam machen. „Fast jede Woche ist es eine andere Kennzahl, welche von Experten und Politikern in den Fokus gerückt wird“, stellte zum Beispiel ein Beitrag auf der Webseite des Senders „N-TV“ am Montag fest. Dazu wird diese Erklärung gegeben: „Was verwirrend anmutet, hat jedoch seine Gründe. Jede Zahl ist in jeweils einer anderen Phase der Pandemie am aussagekräftigsten.“
Haben Merkel und Gates ein gemeinsames Ziel?
Doch daran sind Zweifel berechtigt. Die stützen sich darauf, dass Merkel und andere Politiker, ebenso wie die an Impfstoffen verdienenden Unternehmen und der sie unterstützende Milliardär Bill Gates längst ein klares Ziel ausgegeben haben: Ein normales Leben soll es erst wieder geben, wenn alle gegen das neue Corona-Virus geimpft sind. Gates hat dabei die gesamte Welt im Blick – und sich selbst.
Der Microsoft-Gründer steht in dauerhaftem Kontakt mit der Bundeskanzlerin. Gegenüber der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ (FAZ) sagte er kürzlich: „Angela Merkel ist nicht nur daran gelegen, eine Führungsfigur und eine klare Stimme in Deutschland zu sein, sondern auch dafür zu sorgen, dass Länder zusammenarbeiten, um globale Lösungen zu finden.“ Diese Verbindung darf auch bei der Frage der Zahlen und Statistiken nicht aus dem Auge verloren werden.
Mehrfach hatten bereits Experten verschiedener Fachrichtungen angemahnt, dass die vorliegenden Daten zur Corona-Krise keine ausreichende Grundlage für die weitreichenden politischen Entscheidungen seien. „Die derzeit verfügbaren Informationen zu den getesteten Personen sind unzureichend – und damit keine angemessene Grundlage für informierte politische Entscheidungen.“ Das stellte die Wissenschaftlerin Shan Huang vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in einer Analyse zur Corona-Krise fest. Unklar sei, „inwieweit die offizielle Fallzahl die tatsächliche Entwicklung der Epidemie widerspiegelt“.
Beschränkungen ohne echte Datenbasis?
„Ich halte die Informationspolitik der Regierung und der sie beratenden Experten für mangelhaft und demokratiegefährdend“, hatte Statistikwissenschaftler Bosbach bereits am 3. April in einem Interview mit dem Online-Magazin „Nachdenkseiten“ erklärt. Der Mathematiker Wolfram Meyerhöfer schrieb in einem Beitrag für die FAZ am 1. April: „Wer rechnen kann und ein Zahlenverständnis hat, ist dem Schwindel der Statistik nicht wehrlos ausgesetzt. Das erweist sich gerade in der Corona-Krise als nützlich.“
Meyerhöfer kritisierte unter anderem, dass die politischen Entscheider wie Bundesgesundheitsminister Jens Spahn nicht erklären, warum ihre Berater bestimmte Positionen vertreten und weshalb sie deren Ratschlägen folgen. Es gebe „auf keinem wissenschaftlichen Gebiet einen Konsens der Fachleute – außer wenn Gremien einseitig besetzt wurden. Die Fachwissenschaften leben vom Streit, und die Politik hat die Pflicht, offenzulegen, wie sie innerhalb dieses Streites zu ihren Entscheidungen gekommen ist.“
Am 5. April hatte eine sechsköpfige Gruppe von Gesundheitsexperten in einem Thesenpapier klargestellt, dass das gesellschaftliche Leben ohne ausreichende Datenlage weitgehend eingeschränkt wurde. In dem Papier wird festgestellt, dass die bisherigen Daten zum neuen Virus Sars-Cov 2 und der von ihm laut Weltgesundheitsorganisation WHO ausgelösten Krankheit Covid-19 nicht ausreichen, um beschreiben zu können, wie diese sich ausbreiten. Sie könnten „nur eingeschränkt zur Absicherung weitreichender Entscheidungen dienen“, so die Autoren.
Alles auf eine Strategie ausgerichtet?
Die Zahl der vom RKI gemeldeten Infektionen habe „nur eine geringe Aussagekraft“. Es fehle eine systematische Testung einer definierten Bevölkerungsgruppe statt der bisherigen anlass- bzw. symptombezogenen Testung. Deshalb sei es „nicht sinnvoll, von einer sog. Verdopplungszeit zu sprechen und von dieser Maßzahl politische Entscheidungen abhängig zu machen“.
Die Darstellung in exponentiell ansteigenden Kurven der aufgerechneten (kumulativen) Häufigkeit führe zu „einer überzeichneten Wahrnehmung“, wurde von den Gesundheitsexperten kritisiert. Damit werde der „Eindruck eines katastrophalen Anstiegs“ erweckt. Die Frage, ob vielleicht genau das das Ziel ist, wurde nicht gestellt.
Ein Blick in das öffentlich gemachte Strategiepapier aus dem Bundesinnenministerium unter Horst Seehofer (CSU) zum Umgang mit Covid-19 deutet auf eine mögliche Antwort zum Zweck der Zahlenspielereien hin: „Um die gewünschte Schockwirkung zu erzielen“, solle die Urangst vor dem Erstickungstod aktiviert sowie bei Kindern die Angst um ihre Großeltern erzeugt werden, heißt es in dem Material unter anderem. Dafür werden anscheinend immer die passenden Zahlen gesucht."
Quelle: Sputnik (Deutschland)