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Lafontaine vs. „Bild“: „NS-Vorwürfe, weil wir den deutschen Sozialstaat verteidigen“

Archivmeldung vom 17.08.2018

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 17.08.2018 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Oskar Lafontaine (2017)
Oskar Lafontaine (2017)

Foto: Sandro Halank, Wikimedia Commons, CC-BY-SA 3.0
Lizenz: CC BY-SA 3.0
Die Originaldatei ist hier zu finden.

In einem Facebook-Beitrag hat sich der frühere Linke-Vorsitzenden Oskar Lafontaine zu der gegen die Bewegung „Aufstehen“ betriebenen Kritik geäußert, schreibt das russische online Magazin "Sputnik".

Weiter heißt es auf deren deutschen Webseite: "Zuvor hatte die Linken-Fraktionsvorsitzende Sahra Wagenknecht die von ihr angekündigte linke Sammlungsbewegung  „Aufstehen“ gestartet. Das Projekt „Aufstehen“ versteht sich als Bewegung und nicht als Partei. „Aufstehen“ will Menschen mit ähnlichen Überzeugungen wie SPD, Grüne und Linke vereinigen und somit das linke politische Spektrum in Deutschland abdecken. Das Projekt löste eine Debatte aus.

So veröffentlichte beispielsweise die Bild-Zeitung am Freitag einen bereits zweiten Artikel von Prof. Dr. Michael Wolffsohn, wo er kurz nach dem Titel „Ist die Wagenknecht-Lafontaine-Bewegung national-sozialistisch?“ folgendes Fazit gibt: „Ich bleibe dabei: ‚Aufstehen‘ ist national-sozialistisch. Als Historiker und erst recht als Jude habe ich jedenfalls von dieser Mischung genug. Egal wie stark der Anteil des einen oder anderen ist.“

Besonders nervig finde Wolffsohn Wörter wie „Bewegung“ und „sozial“, zu denen der Historiker eigenen Angaben zufolge gar Gedankenbrücken zum Begriff „National-Sozialismus“ oder gar Nationalsozialismus bauen könnte.

„Nationalstaat steht nicht für Nationalismus und schon gar nicht für Nationalsozialismus“, schreibt dazu nun Oskar Lafontaine in seinem Facebook-Account.

Die immer stärker werdende Bewegung „Aufstehen“ solle so nur „madig“ gemacht werden, indem man den Initiatoren Nationalismus vorwerfe.

„Den Höhepunkt dieser Kampagne stellt der Versuch des Bild-Autors Prof. Wolffsohn dar, uns ‚National-Sozialismus‘ nachzuweisen. Das war selbst für viele Bild-Leser zu starker Tobak“, betont der prominente Politiker.

Neben der „Bild“-Zeitung würden aber auch „Parteifreunde“ Nationalismus vorwerfen, da man den deutschen Sozialstaat verteidige.

„Vielleicht wissen sie nicht, dass von 82,4 Millionen Menschen, die in Deutschland leben, 18,6 Millionen einen Migrationshintergrund haben“, erklärt Lafontaine. Wer also den Sozialstaat verteidige und für die Interessen der Arbeitnehmer eintrete, setze sich auch für die Belange dieser Millionen ein. Er erinnert daran, dass im Unterschied dazu der AfD-Politiker Björn Höcke zum Beispiel Rentensteigerungen nur für Deutsche vorschlage.

„Die unreflektierte Ablehnung des Nationalstaates ist im Ergebnis auch die Ablehnung einer demokratischen Ordnung. Demokratie fußt auf Subsidiarität und Dezentralität. Was auf der unteren Ebene der Gemeinde besser erledigt werden kann als auf der nächsthöheren der Länder soll dort erledigt werden – das gilt auch für die Mitgliedsstaaten und für die Europäische Union“, betont er.

Bei TTIP und CETA hätten viele bereits begriffen, dass mit diesen internationalen Verträgen ein „Abbau an Demokratie“ verbunden sei. Bei den jetzigen Verträgen der EU würden es jedoch viele nicht begreifen, obwohl Jean-Claude Juncker doch unverblümt festgestellt habe: „Es gibt keine demokratische Wahl gegen die EU-Verträge.“

„Noch verlogener wird die Diskussion, wenn es um die Migration und die Aufnahme von Flüchtlingen geht. Wer wie ich dafür eintritt, viele Milliarden für die Verbesserung der Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern und Hungergebieten auszugeben, und im Hinblick auf die Schaffung von Arbeitsplätzen daran festhält, dass das Kapital und die Investitionen zu den Menschen gehen müssen und nicht die Menschen in die Zentren des Kapitalismus, dem wird Nationalismus vorgeworfen.“

Wer die Milliarden für die Flüchtlinge in erster Linie für Menschen, die nach Deutschland kämen, einsetzen möchte und eine Migration von gut ausgebildeten Fachkräften und weniger gut ausgebildeten Menschen nach Deutschland befürworte, der missverstehe sich als Internationalist.

„Die ganze Debatte über Arbeitsmigration zeigt, dass die Export- und Beschäftigungsnationalisten ihr Denken ‚abschotten‘ und die Interessen der Gesellschaften in den ärmeren Ländern aus dem Blick verlieren. Sie sehen den Balken im eigenen Auge nicht, suchen aber den Splitter im Auge ihrer vermeintlichen Gegner“, schließt Lafontaine."

Quelle: Sputnik (Deutschland)

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