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Extremismus Studie auf alternativen Plattformen: Zensur legaler aber extremer Meinungen vorantreiben!

Archivmeldung vom 10.02.2020

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 10.02.2020 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch André Ott
Staatliche Zensur schützt dich vor der Realität.
Staatliche Zensur schützt dich vor der Realität.

Bild: Sina / Eigenes Werk

Die rechtsextremen Attentäter in Halle, Christchurch und Poway nutzten alternative Plattformen dazu, ihre Anschläge per Livestream ins Internet zu übertragen. Welche Bedeutung diese Plattformen für die Verbreitung von Rechtsextremismus haben und welche Gegenmaßnahmen wirksam sein könnten, zeigt jetzt erstmals eine von der Robert Bosch Stiftung GmbH geförderte Studie des Institute for Strategic Dialogue (ISD), die morgen in Berlin vorgestellt wird.

Darin fordern die Forscher Politik, Zivilgesellschaft, Forschung und Tech-Firmen dazu auf, mehr gegen die Radikalisierung einzelner Nutzer und die Normalisierung rechtsextremer Ideologie zu unternehmen. Die Maßnahmen sollten dabei die technischen Kapazitäten und die Eigendynamik der Plattformen berücksichtigen und auf dem Schutz der Grundrechte beruhen. "Es ist wichtig zu verstehen, wie die alternativen Plattformen aufgebaut sind, wer sie betreibt und welche Dynamik sie haben, um Ansatzpunkte für einen geeigneten Umgang mit Rechtsextremismus im Internet zu finden", sagt Sandra Breka, Geschäftsführerin der Robert Bosch Stiftung.

Zehntausende Nutzer instrumentalisieren Plattformen für ihre Zwecke

Für die Studie "Das Online-Ökosystem rechtsextremer Akteure" hat das Forscherteam deutsche Communities auf zehn Plattformen systematisch untersucht, darunter die sozialen Netzwerke VK und Gab, die Gaming-App Discord, das Internetforum 4chan und den Messenger-Dienst Telegram. Die Forscher fanden dort rund 375 rechtsextreme und rechtspopulistische Kanäle und Communities. Die Gesamtzahl der Nutzer in diesen Gruppen schätzen die Forscher auf 15.000 bis 50.000. Die Studie zeigt, dass die Plattformen in der Regel nicht von Extremisten gegründet werden, sondern von Nutzern für ihre Zwecke instrumentalisiert werden. Über ein Viertel der Gruppen (27 Prozent) war durch die Gegnerschaft zu Muslimen, Einwanderung und Flüchtlinge gekennzeichnet, ein Viertel (24 Prozent) sprach sich offen für den Nationalsozialismus aus. Auf 4chan enthielten 56 Prozent aller Posts über Juden und das Judentum antisemitische Äußerungen.

Auch wenn der Großteil der analysierten Inhalte nicht zu Gewalt aufruft, sehen die Forscher darin eine gefährliche Inspiration: "Die Posts konzentrieren sich überproportional häufig auf die negativen Folgen der Immigration. Wie wir aus den Manifesten rechtsextremer Attentäter gelernt haben, können rechtsextreme Ideen wie die Verschwörungstheorie des "Großen Austauschs" extremistische Gewalt und Terrorismus inspirieren, ohne aktiv zur Gewalt aufzurufen", sagt die Extremismusforscherin Julia Ebner vom ISD, einem unabhängigen Forschungsinstitut mit Sitz in London.

NetzDG auf alternative Plattformen nicht übertragbar - Forscher empfehlen passende Maßnahmen für Plattformbetreiber

Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) beschränkt sich auf die Entfernung illegaler Inhalte und ist daher nicht geeignet, auf die häufig legalen, aber extremistischen Aktivitäten auf alternativen Plattformen zu reagieren.

Da den Betreibern alternativer Plattformen häufig die Ressourcen fehlen, Inhalte umfassend zu moderieren, empfiehlt die Studie die Zusammenarbeit mit Mainstream-Plattformen, um von deren technischen Möglichkeiten zu profitieren - zum Beispiel eine Datenbank mit digitalen Fingerabdrücken terroristischer Inhalte, mit der ein erneutes Hochladen automatisch verhindert werden kann. Die Studie zeigt zudem, dass die Sperrung von Accounts rechtsextremer Gruppen und Influencer wirksam ist, um deren Reichweite erheblich einzuschränken. Dabei fordern die Forscher allerdings jeweils eine nachvollziehbare Begründung für die Sperrung.

Die Studie spricht sich zudem für die Entwicklung von Frühwarnsystemen aus, etwa in Form von Algorithmen zur Spracherkennung, um konkrete Bedrohungen zu erfassen. Weiterhin sollten Bildungsmaßnahmen wie die Schulung von Jugendarbeitern, zivilgesellschaftlichen Akteuren, Eltern und Lehrern ausgeweitet werden, damit diese über die Radikalisierungsgefahren in rechtsextremen Communities aufklären können.

Über die Robert Bosch Stiftung

Die Robert Bosch Stiftung GmbH gehört zu den großen, unternehmensverbundenen Stiftungen in Europa. In ihrer gemeinnützigen Arbeit greift sie gesellschaftliche Themen frühzeitig auf und erarbeitet exemplarische Lösungen. Dazu entwickelt sie eigene Projekte und führt sie durch. Außerdem fördert sie Initiativen Dritter, die zu ihren Zielen passen.

Die Robert Bosch Stiftung ist auf den Gebieten Gesundheit, Wissenschaft, Bildung, Bürgergesellschaft, Internationale Verständigung und Kooperation tätig.

Die Robert Bosch Stiftung bekennt sich zu den Werten und dem Vorbild ihres Stifters, Robert Bosch, und setzt dessen philanthropisches Wirken fort. Mit mehr als 50 Jahren Erfahrung verfügt sie in ihren Fördergebieten über ein breites Wissen, die Qualifikation zur Entwicklung von Lösungen und ein umfangreiches Netzwerk von Partnern, Experten und Praktikern.

Die Robert Bosch Stiftung ist alleinige Trägerin des Robert-Bosch-Krankenhauses und der zugehörigen Forschungsinstitute in Stuttgart, Institut für Geschichte der Medizin (IGM) und Dr. Margarete Fischer-Bosch-Institut für Klinische Pharmakologie (IKP), sowie des International Alumni Center (iac) in Berlin. Sie ist Gesellschafterin des UWC Robert Bosch Colleges in Freiburg und der Deutschen Schulakademie in Berlin. Die Robert Bosch Stiftung hält rund 92 Prozent der Geschäftsanteile an der Robert Bosch GmbH und finanziert sich aus den Dividenden, die sie aus dieser Beteiligung erhält. Seit ihrer Gründung 1964 hat die Robert Bosch Stiftung rund 1,8 Milliarden Euro für ihre gemeinnützige Arbeit ausgegeben. www.bosch-stiftung.de

Über das Institute for Strategic Dialogue

ISD Global hat es sich zum Ziel gesetzt, die verschiedenen Formen von Polarisierung, Hass und Extremismus zu verstehen und wirksam zu bekämpfen. ISD Global verbindet ethnographische Forschung, Expertise in Ideologien und Religionen mit innovativen digitalen Analysen von Extremismus, Hass und Desinformationskampagnen. Aufbauend auf den Erkenntnissen entwickelt ISD Global Projekte, mit denen politisch Verantwortlichen, jungen Menschen und lokalen Influencern geholfen wird, die Demokratie, ihre Kommunen oder sich selbst vor diesen Bedrohungen zu schützen. Sie beraten weltweit Regierungen, Regionen, Städte und Technologiekonzerne bei der Entwicklung adäquater Strategien und bieten praktische Trainingsmodule zur nachhaltigen Bekämpfung extremistischer Ideologien und ihrer Auswirkungen.

Quelle: Robert Bosch Stiftung GmbH (ots)


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