Hofreiter will Grüne für neue Bündnisse öffnen
Archivmeldung vom 14.10.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer neue Chef der Grünen-Fraktion im Bundestag, Anton Hofreiter, will die Partei für neue Bündnisse öffnen. "Ich möchte die gesamte Fraktion inhaltlich und mental darauf vorbereiten, dass künftig sowohl rot-grün-rote als auch schwarz-grüne Koalitionen denkbar sein sollten", sagte Hofreiter der "Rheinischen Post". Entscheidend seien die Inhalte.
"Rot-Grün-Rot wäre eine Koalition mit vielen inhaltlichen Übereinstimmungen. Schwarz-Grün wäre eher eine komplementäre Koalition", betonte Hofreiter. Bei Schwarz-Grün "wären wir in vielen Dingen unterschiedlicher Meinung, aber es könnte auch durchaus spannend sein, in so einer Konstellation zu gemeinsamen Lösungen zu kommen", so der neue Grünen-Fraktionschef weiter.
Union und Grüne sprechen Themenliste für Sondierungen ab
Die Generalsekretäre von CDU und CSU, Hermann Gröhe und Alexander Dobrindt, haben am Sonntagabend mit Grünen Chef Cem Özdemir die Themen für die Sondierungen am kommenden Dienstag festgelegt. Nach Informationen der "Bild-Zeitung" einigte man sich auf einen ähnlichen Katalog wie in den Gesprächen mit der SPD. Demnach wird es am Dienstag um die Themen Europa, Finanzen, demographischer Wandel, Föderalismusreform, Wirtschaft, innere Sicherheit und Außenpolitik gehen. Teilnehmer der ersten Runde rechnen auch hier mit einer längeren Nachtsitzung.
Kretschmann will die Grünen schwäbischer machen
Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat scharfe Kritik am Zustand der Grünen geäußert und angekündigt, die Bundespartei stärker nach dem Stuttgarter Vorbild umbauen zu wollen. "Die Partei ist aus der Spur geraten", sagte Kretschmann dem "Spiegel". "Sie hat Politik zu lange entlang der alten Protestlinien gemacht."
Kretschmann kritisierte, dass die Bundespartei zu wenig vom baden-württembergischen Landesverband lerne; dieser sei "der mit Abstand erfolgreichste unserer Partei", werde aber von der Bundesebene "immer mal mit spitzen Fingern" angefasst. "Das irritiert mich auch. Unsere Erfolge kommen ja nicht von ungefähr." Kretschmann kündigte an, er wolle sich "mehr in die Bundespolitik meiner Partei einmischen".
Grüne Realos verärgert über Özdemir
Bislang schien Cem Özdemir die Rücktrittswelle bei den Grünen nach der Bundestagswahl schadlos zu überstehen. Doch kurz vor dem Parteitag am kommenden Wochenende in Berlin ballt sich nach einem Bericht des "Spiegel" auf dem Realo-Flügel der Ärger über den Vorsitzenden. Ein miserables Ergebnis bei seiner Wiederwahl gelte als sicher, nicht einmal ein Scheitern sei auszuschließen. Einflussreiche Realos aus mehreren Landesverbänden sollen in den vergangenen Tagen ihren Unmut über den Parteichef geäußert haben. Dieser habe sich im Wahlkampf zu wenig außerhalb seines Stammlands Baden-Württemberg engagiert und danach die Interessen des Realo-Flügels nicht hinreichend vertreten. So misslang die Wahl der Wirtschaftspolitikerin Kerstin Andreae zur Fraktionsvorsitzenden, was dem Stuttgarter Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann am Herzen lag. Auch die Reform des Parteirats, um die Özdemir sich kümmert, droht zu scheitern.
Hofreiter will Grünen-Steuerkonzept entschärfen
Vor dem zweiten Sondierungsgespräch mit CDU und CSU hat der neue Grünen-Fraktionsvorsitzende Anton Hofreiter Korrekturen am Steuerkonzept seiner Partei angekündigt. "Sicher war nicht jedes Detail richtig. Wir haben Fehler gemacht", sagte Hofreiter der "Welt am Sonntag".
"Vielleicht war das zu viel auf einmal: Ehegattensplitting abbauen Vermögensabgabe einführen, Spitzensteuersatz anheben. Wir müssen uns fragen, ob unser kompliziertes Konzept zur Abschmelzung des Ehegattensplittings in Zukunft noch sinnvoll ist. Aber jede Änderung am Steuerkonzept setzt eine Debatte über unsere politischen Prioritäten voraus."
Die Grünen hatten in ihrem Wahlprogramm zahlreiche Steuererhöhungen für Gutverdiener angekündigt und damit bei der Bundestagswahl mit nur 8,4 Prozent der Stimmen eine herbe Niederlage kassiert. Nun wollen sie am Dienstag ihre Sondierungsgespräche mit den Spitzen von CDU und CSU über die Chancen für eine erste schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene fortsetzen.
Im Mittelpunkt soll dabei die Steuerpolitik stehen. Vertreter von CDU und CSU haben sich bisher strikt gegen Steuererhöhungen gewandt. Hofreiter kündigte eine Neuausrichtung seiner Partei an: "Natürlich muss sich einiges ändern bei uns. Damit meine ich nicht so sehr unsere Grundüberzeugungen und programmatischen Konzepte, sondern unseren Habitus, unsere Tonlage. Statt etwa die Energiewende oder unser Steuerkonzept als technokratische Ansammlung von Details darzustellen, müssen wir mehr darauf achten, die Dinge zu erklären und zu begründen", sagte Hofreiter.
"Diese Haltung: `Wir wissen, wie Du zu leben hast`, die müssen wir ändern. Es macht einen großen Unterschied, ob wir sagen, wir wollen, dass es in jeder Kantine ein anständiges vegetarisches Gericht gibt, oder ob wir den Eindruck vermitteln, als wollten wir das Fleischessen verbieten."
Göring-Eckardt bekräftigt Interesse an Koalitionsverhandlungen
Die Grünen haben nach den Worten ihrer neuen Bundestags-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt ernsthaftes Interesse an Koalitionsverhandlungen mit der Union. Vor dem nächsten Sondierungstreffen am Dienstag sagte Göring-Eckardt "Bild am Sonntag": "Wenn wir die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der Union für ausgeschlossen hielten, würde es keine zweite Gesprächsrunde geben."
Göring-Eckardt weiter: "Anders als 2005, als es keine Gesprächsgrundlage für Schwarz-Grün gab, fragen sich heute beide Seiten ernsthaft, ob es genügend Gemeinsamkeiten gibt, um miteinander über eine Regierungsbildung verhandeln zu können." Bereits nach dem ersten Sondierungsgespräch hatte Göring-Eckardt das Gefühl: "Das ist keine Showveranstaltung. Deshalb haben wir auch mit der Union vereinbart, beim nächsten Treffen am Dienstag ohne Zeitlimit zu sprechen."
Allerdings müsse sich die Union weiter auf die Grünen zubewegen: "Nur gemeinsame Überschriften reichen für vier Jahre gemeinsamer Politik nicht aus. Mit dem, was ich heute sehe, könnte ich meine Partei nicht von dieser Option überzeugen." Inhaltlich sieht Göring-Eckardt noch große Differenzen: "Wenn man die Programme beider Parteien nebeneinander legt, sieht man die großen Unterschiede."
Göring-Eckardt glaubt nicht, dass die Union SPD und Grüne gegeneinander ausspielen wolle: "Ich habe in dem Gespräch mit der Union nicht den Eindruck gehabt, dass Frau Merkel die Gespräche mit uns taktisch führt. Es geht beiden Seiten um die inhaltliche Sondierung einer schwarz-grünen Koalition und nicht darum, die SPD unter Druck zu setzen. Aber natürlich ist es so, dass Frau Merkel mit zwei möglichen Partnern spricht."
Trotz des schlechten Wahlergebnisses und des personellen Neuanfangs an der Parteispitze sieht Göring-Eckardt die Grünen den Aufgaben einer Regierungspartei gewachsen: "Die neue Führung in Fraktion und Partei sind ja alles keine Azubis. Wir sind handlungs- und regierungsfähig. Und müssen es auch sein."
Quelle: dts Nachrichtenagentur