Datenschützer: Politik muss Druck auf Facebook erhöhen
Archivmeldung vom 30.09.2016
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 30.09.2016 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch André OttIn der Debatte um Hasskommentare im Internet fordern die deutschen Datenschutzbehörden von der Politik, den Druck auf das soziale Netzwerk Facebook zu erhöhen. Facebook versuche, die Nutzer gegen "das Unwesen der Hasskommentare" in Stellung zu bringen und sehe diese durch verbales Dagegenhalten, die sogenannte Counter Speech, selbst in der Pflicht: "Eine sofortige Löschung der Kommentare durch freiwillige Selbstverpflichtung dagegen bleibt intransparent und wenig erfolgreich", sagte der für Facebook bundesweit zuständige Hamburger Datenschutzbeauftragte Johannes Caspar dem "Handelsblatt".
"Das liegt im Ergebnis auch nicht auf der Linie der ökonomischen Interessen von Facebook und dürfte am Ende auch nur durch konsequenten Rechtsvollzug durchsetzbar sein. Hier gilt es, künftig für Plattformbetreiber schärfere Regeln zu formulieren." Die Plattformbetreiber dürften sich nicht aus der Verantwortung stehlen. Caspar sieht bei dem Thema Parallelen zur Debatte über den Umgang des Internetkonzerns mit Daten. "Wir vertreten schon seit langer Zeit, dass Facebook im Bereich des Datenschutzes den nationalen Vorschriften unterworfen ist", sagte der Datenschützer.
Dies sei bislang von Facebook "vehement bestritten" und auch durch die nationalen Gerichte nicht bestätigt worden. "Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom Juli dieses Jahres stellt nun aber die Strategie des Netzwerks, sich mit der ausschließlichen Geltung des irischen Rechts der Verantwortlichkeit zu entziehen, ersichtlich infrage." Unterdessen sind die Parteien uneins über ein härteres Vorgehen gegen Facebook. Während die Grünen "dringenden Handlungsbedarf" sehen, lehnt die Union eine härtere Gangart ab. "Wir dürfen jetzt nicht in Aktionismus verfallen und durch Schnellschüsse unsere Meinungsfreiheit riskieren", sagte der Vorsitzende des Ausschusses Digitale Agenda im Bundestag, Jens Koeppen (CDU), dem "Handelsblatt".
Er verwies auf einen Verhaltenskodex von EU-Kommission und IT-Unternehmen zur Bekämpfung illeg! aler Has sreden im Internet vom Mai dieses Jahres. Unter anderem sei vorgesehen, innerhalb von weniger als 24 Stunden Meldungen zu prüfen und illegale Hassreden zu entfernen. "Die Wirkung müssen wir im kommenden Jahr überprüfen", so Koeppen. Die Grünen warfen der Bundesregierung hingegen vor, das Thema Hass-Postings über Jahre nicht ernst genommen zu haben.
"Sie hat den Unternehmen signalisiert, von ihr nichts befürchten zu müssen", sagte Fraktionsvize Konstantin von Notz dem "Handelsblatt". "Erst als der öffentliche Druck zu groß wurde, hat Minister Maas eine Task Force gegründet, die bis heute kaum mehr als heiße Luft produziert hat." Dabei sei die geltende Gesetzeslage ausreichend. Sie müsse aber auch konsequent angewendet werden. Hier bestünden bis heute "erhebliche" Defizite.
Aus Sicht des Grünen-Politikers wäre es die Aufgabe der Bundesregierung, die Unternehmen an diese gesetzlichen Vorgaben und an ihre gesellschaftliche Verantwortung zu erinnern. "Es ist nicht länger hinnehmbar, dass sich milliardenschwere Unternehmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung bis heute weitgehend entziehen."
Die Aktivitäten des Justizministers erschöpften sich aber im Schreiben offener Briefe und dem medienwirksamen Setzen immer neuer Fristen. "Minister Maas muss langsam wirklich aufpassen, dass er sich mit immer neuen ganz offensichtlich vollkommen folgenlosen Drohungen, nicht lächerlich macht", sagte von Notz.
Im Kampf gegen Hass-Postings setzt von Notz auf "gute Meldewege, die es Nutzerinnen und Nutzern ermöglichen, Inhalte zur Überprüfung an die Anbieter weiterzuleiten und ausreichend und gut geschultes Personal, das entlang der deutschen Rechtslage umgehend nach Kenntnisnahme prüft und gegebenenfalls löscht". Außerdem müsse sichergestellt werden, dass Polizei und Strafverfolgungsbehörden auch tatsächlich im Stande seien, ihre Arbeit zu machen. "Hier liegt noch viel Arbeit vor uns."
Quelle: dts Nachrichtenagentur