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Hartz IV-Kompromiss ist ein sozialpolitischer Offenbarungseid

Archivmeldung vom 21.02.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.02.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Fabian Pittich
Adolf Bauer Bild: sovd.de
Adolf Bauer Bild: sovd.de

Zur heutigen Hartz IV-Einigung erklärt SoVD-Präsident Adolf Bauer: "Für die rund 4,7 Millionen Hartz IV-Bezieher besteht kein Grund zum Aufatmen, denn die erzielte Minilösung lässt viele Fragen offen. Nach dem monatelangen Gerangel um eine Einigung liegt jetzt ein mageres Ergebnis vor, das noch genau geprüft und ausgewertet werden muss."

Bauer weiter: "Fest steht aber schon heute, dass mit dem erzielten Kompromiss eine große Chance für überfällige sozialpolitische Korrekturen vertan ist. Insbesondere die Regelsatzberechnung ist weder transparent noch bedarfsgerecht und nachvollziehbar. Sie bleibt damit verfassungsrechtlich angreifbar und macht einen erneuten Gang nach Karlsruhe mehr als wahrscheinlich."

Scharfe Kritik der Unions-Haushälter am Hartz-IV-Kompromiss

Der führende Haushaltspolitiker der Unionsfraktion, Norbert Barthle, hat zum Ausgleich für den Hartz-IV-Kompromiss massive Einsparungen gefordert. "Alles, was nun zusätzlich für Hartz-IV-Empfänger ausgegeben wird, muss durch Kürzungen im Etat von Arbeitsministerin von der Leyen gegenfinanziert werden", sagte Barthle der "Rheinischen Post" (Dienstagausgabe). Barthle kritisierte das Verhandlungsergebnis von Bund und Ländern: "Seitdem die Ministerpräsidenten mit am Tisch saßen, fiel es der Runde erkennbar leichter, das Geld des Bundes auszugeben." Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion warnt zudem vor drohenden Kürzungen auch in anderen Ressorts. "Die Spielräume für die anderen Ressorts werden nun geringer, weil der Bund die Grundsicherung im Alter von den Kommunen übernimmt", so Barthle. Zwar wolle sich der Bund das Geld dafür bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) holen. Doch sei es am Ende wiederum der Bund, der Defizite der BA mit Zuschüssen ausgleichen müsse.

Sozialforscher Butterwege: Hartz-Einigung widerspricht Verfassung - Urteil "mit Füßen getreten"

Der Kölner Armutsforscher Christoph Butterwegge hat die Einigung von Union, FDP und SPD auf eine Reform von Hartz IV scharf kritisiert. "Schaut man genau hin, trägt der Kompromiss dem Karlsruher Urteilsspruch nicht einmal ansatzweise Rechnung", sagte er dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstag-Ausgabe)." Vielmehr werde Hartz IV in Bezug auf Sanktionen, die Möglichkeit der Pauschalierung von Unterkunftskosten durch die Kommunen, die Gewährung von Darlehen und die Aufrechnung von behördlichen Ansprüchen "sogar weiter verschärft", sagte der Politikwissenschaftler der Universität Köln. Ohne Übertreibung könne man nun von "Hartz V" sprechen. "Obwohl der Eckregelsatz (für alleinstehende Erwachsene) geringfügig erhöht wurde und Kinder nunmehr "Bildungs- und Teilhabegutscheine" erhalten", so Butterwegge, "hat sich das BVerfG-Urteil als sozialpolitischer Pyrrhussieg erwiesen und führte der juristische (Teil-)Erfolg der Kläger nicht zur Weiterentwicklung, vielmehr zu einer Bankrotterklärung des Sozialstaates." Die Aufspaltung der Regelsatzerhöhung zeige deutlich, dass CDU/CSU, FDP und SPD das Bundesverfassungsgerichtsurteil vom 9. Februar 2010 nicht umgesetzt, sondern "mit Füßen getreten" hätten. 

Gesine Lötzsch, Klaus Ernst, Gregor Gysi: Das Hartz-IV-Ergebnis ist empörend und verfassungswidrig

Zur Einigung der Hartz-IV-Parteien im Streit um höhere Regelsätze erklären die Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Gesine Lötzsch, Klaus Ernst und der Vorsitzende der Bundestagsfraktion Gregor Gysi:

Das Hartz-IV-Ergebnis ist empörend und verfassungswidrig

Das Arbeitslosengeld II für derzeit etwa 4,7 Millionen Hartz-IV-Beziehende steigt rückwirkend um fünf auf 364 Euro im Monat. Selbst die für 2012 avisierten drei Euro mehr, sind lediglich ein Inflationsausgleich und keine Erhöhung. Dieses Ergebnis ist ein Hohn. Alle Hartz-IV-Parteien haben sich mit den statistischen Fälschungen der Arbeitsministerin abgefunden und die Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts ignoriert. Die willkürliche Veränderung der Berechnungsgrundlagen, um den Sparvorgaben des Finanzministers gerecht zu werden, ist verfassungswidrig. Es ist ein Skandal, dass die Hartz-IV-Parteien acht Wochen verhandeln mussten, um eine Erhöhung des Regelsatzes um insgesamt 8 Euro zu erreichen. Die gleichen Parteien haben nur eine Woche gebraucht, um mit 480 Mrd. Euro die Banken zu retten.

DIE LINKE fordert einen monatlichen Regelsatz von 500 Euro. Dieser Regelsatz ist finanzierbar, wenn wir in dieser Gesellschaft endlich auch wieder die Menschen zur Kasse bitten, die die Krise verursacht und an ihr verdient haben.

Das Bildungspaket ist nur ein Bildungspäckchen. Es löst nicht die gravierenden Bildungsfinanzierungsprobleme in unserem Land. Es trägt nur dazu bei, die Kinder von Arbeitslosen zu stigmatisieren und zu demütigen. Besonders perfide ist es, Kürzungen bei der Berechnung des Regelsatzes für Kinder mit dem Bildungspaket zu begründen.

Der anvisierte Mindestlohn in der Zeitarbeit, im Bewachungsgewerbe und der Weiterbildung ist völlig unzureichend. Wir brauchen einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn, wie es ihn in den meisten Ländern der Europäischen Union gibt, und Equal pay in der Zeitarbeit vom ersten Tage an.

Die Übernahme der Kosten der Grundsicherung im Alter durch den Bund ist real eine Übernahme durch die Bundesagentur für Arbeit. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden mit ihren Versicherungsbeiträgen zur Arbeitslosenversicherung zusätzlich zur Kasse gebeten.

Von der Koalition war nichts anderes zu erwarten. Dass die SPD diesen oberfaulen Kompromiss zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Arbeitslosen und Kinder mitträgt, liegt in ihrer Hartz IV-Logik, von der sie bis heute nicht Abstand genommen hat. DIE LINKE wird die Hartz-IV-Regelung im Bundestag ablehnen und alle juristischen Möglichkeiten nutzen, um dem im Grundgesetz verankerten Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum Geltung zu verschaffen.

Quelle: SoVD Sozialverband Deutschland / Rheinische Post / Kölner Stadt-Anzeiger / DIE LINKE Bundesgeschäftsstelle

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