Thierse: Politiker sollten, wie Müntefering, den Mut haben, zu zeigen, dass Politik nicht das Allerwichtigste ist
Archivmeldung vom 14.11.2007
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittDer SPD-Politiker und Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Thierse erwartet mehr Mut von Politikern, um zu zeigen, dass Politik nicht das Allerwichtigste sei. Gegenüber der "Leipziger Volkszeitung" verteidigte Thierse in diesem Zusammenhang die "unpolitische Entscheidung" von Franz Müntefering, seine Frau in der letzten Phase ihres Lebens direkt begleiten zu wollen.
"Seine Frau im Dunkeln in Ludwigshafen sitzen zu lassen, wie es Helmut Kohl gemacht hat, ist kein Ideal." Ohne dass er beide
Familiengeschichten vergleichen wolle. "Die Politik ist nicht das
Allerwichtigste. Man sollte sich in solchen Phasen das Recht nehmen,
auch einmal still zu halten. Es ist nicht so, dass man ein
Schwächling ist, wenn man nicht immer sofort in diesen unmenschlichen
Entscheidungsdruck verfällt."
Die SPD, so Thierse, habe mittlerweile an der Seite von Frau
Merkel in der großen Koalition erfahren, dass Deutschland "für eine
wirklich soziale Politik eine andere als diese große Koalition"
brauche. Das Thema Mindestlohn werde eines der wichtigen SPD-Themen
im Wahlkampf sein. "Das wird das Geschäft für die Linkspartei nicht
leichter machen. Die Leute werden wissen, nur mit der SPD kann man in
Deutschland einen Mindestlohn durchsetzen. Dann aber in einer anderen
Koalition als mit der Union." Die Möglichkeit einer Koalition mit der
Linkspartei sehe er aber "gegenwärtig noch längst nicht".
Thierse schloss aus, dass die SPD im Bundestag mit wechselnden Mehrheiten zwischen Koalition und Opposition abreiten könnte. "Das wäre das Ende der Koalition." Die Frage sei aber, "ob Frau Merkel sich weiterhin parteipolitischem Druck beugt oder für beide Seiten vertretbare Kompromisse anstrebt", so Thierse. "Noch sehe ich nicht, dass in dieser Koalition gar nichts auszurichten ist. Man wird also weiterhin das dicke Brett der Union bohren müssen."
Quelle: Pressemitteilung Leipziger Volkszeitung