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Sozialarbeiter sehen Sozialstaat und sozialen Frieden in Gefahr

Archivmeldung vom 24.06.2010

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.06.2010 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / PIXELIO
Bild: Dr. Klaus-Uwe Gerhardt / PIXELIO

Der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) warnt in seiner "Saarbrücker Erklärung" angesichts der fortgesetzten Kürzungen bei sozialen Leistungen und Diensten vor einer wachsenden Spaltung der Gesellschaft. Stattdessen fordert der Verband von der Politik ein wirkliches "Armutsbekämpfungskonzept" und eine solidarische Beteiligung der Bezieher von höheren Einkommen und von Unternehmen an den Sozialkosten.

Um dies durchzusetzen, müsse die Soziale Arbeit politischer werden, so der 1. Vorsitzende des DBSH, Michael Leinenbach: "Es ist ethische Verpflichtung der Profession sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen".

Als Beispiel nennt der Verband die Kürzungen des Elterngeldes: Nach einer beispiellosen Diffamierung der sog. "Hartz IV - Empfänger" würden die aktuell von der Bundesregierung beschlossenen Haushaltskürzungen zuerst die von Armut betroffenen Menschen treffen. Bereits mit der Einführung des neuen Elterngeldes Anfang 2007 wurde für sie die Bezugsdauer im Vergleich zum früheren Erziehungsgeld von 24 auf 12 Monate begrenzt, nunmehr sollen "Hartz IV"-Empfänger ganz auf Unterstützung für ihre neu geborenen Kinder verzichten - und dies trotz der allerorten beklagten Kinderarmut. Die Politik, bei armen Familien zu kürzen, ist aus den USA bestens bekannt. Dort begrenzte Bill Clinton 1977 die Unterstützung für die Kinder von SozialhilfeempfängerInnen. Dahinter steht der Glaube, dass sich Armut quasi biologisch vermehrt und ein Absenken von staatlicher Unterstützung dazu führt, dass einkommensschwache Familien keine Kinder mehr bekommen und so die Armut bekämpft wird. "Eine solche Botschaft ist unethisch und geht an der sozialen Realität vorbei", so Friedrich Maus vom Vorstand des DBSH.

Doch dies ist nicht die einzige geplante Kürzung - wieder einmal sind es Erwerbslose, Gering- und Wenigverdiener, die die Lasten der Krise tragen sollen und sich in Zukunft noch weniger als bisher auf staatliche Hilfe und Förderung zur Selbsthilfe verlassen können. In Folge der immer dramatischer werdenden Finanzsituation der Kommunen werden viele unterstützende soziale Dienste ihre Angebote einschränken oder gar einstellen müssen. Bereits heute können in vielen Bereichen soziale Dienste nur noch symbolische Hilfen anbieten oder auf "Tafeln" oder "Suppenküchen" verweisen.

Nicht wenige Tätigkeitsfelder der Sozialen Arbeit selbst sind Opfer neoliberaler Politikansätze: Statt langfristig wirksamer Hilfe und Förderung soll Soziale Arbeit nur noch dazu beitragen, mögliche Ansprüche von Menschen in Not zu minimieren. Damit verbunden verschlechtern sind die Arbeitsbedingungen in der Sozialen Arbeit zusehends. "Leiharbeit zu Minilöhnen, Ausstieg aus Tarifverträgen und das Missachten von gesetzlichen Standards - alles das, was in der Privatwirtschaft beklagt wird - findet sich zum Teil verschärft auch in den sozialen Diensten wieder", so Michael Leinenbach, 1. Vorsitzender des DBSH.

In dieser Situation bestärkt der Deutsche Berufsverband für Soziale Arbeit (DBSH) in seiner aktuell verabschiedeten "Saarbrücker Erklärung" die besondere Verpflichtung der Profession zur Parteinahme für Arme und für die Verpflichtung der Politik, ein wirksames "Armutsbekämpfungskonzept" vorzulegen. Der DBSH fordert eine Vielzahl von Maßnahmen zur Förderung und Hilfe für Menschen mit Unterstützungsbedarf, sowie Verbesserungen in den Bereichen Erziehung, Bildung, Pflege und Gesundheit. Für soziale Dienstleistungen muss es darüber hinaus festgesetzte Standards geben, um Quantität und Qualität zu sichern. "Hilfe darf nicht zur Marktware verkommen", so der Verband.

Der DBSH ist sich dabei bewusst, dass dies mit den vorhandenen Finanzmitteln nicht zu realisieren ist: "Wenn der soziale Frieden in der Gesellschaft erhalten bleiben soll, so bedarf es einer solidarischen Haltung vor allem der Menschen mit höherem Einkommen", so Michael Leinenbach, erster Vorsitzender des DBSH". Gefordert werden eine solidarische Absicherung im Gesundheitsbereich, eine breitere Einnahmebasis für die Rentenversicherung, eine Erhöhung der Einkommenssteuer, eine besondere Beteiligung großer Vermögen, eine gerechte Erbschaftssteuer sowie Steuern auf Boni und Spekulationsgewinne.

Quelle: Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit e.V. (DBSH)

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