Ausbildungsreform für Psychologische Psychotherapeuten Nachbesserungen dringend erforderlich
Archivmeldung vom 26.09.2019
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Freigeschaltet durch André OttNach der Reform ist vor der Reform. Dieser Grundsatz muss auch und gerade für das Ausbildungsreformgesetz für Psychologische Psychotherapeuten gelten, das heute im Deutschen Bundestag zur Abstimmung steht. "Zwar wurden bei den parlamentarischen Beratungen wichtige Kritikpunkte der Ärzteschaft aufgegriffen.
Das ändert aber nichts daran, dass dieses Gesetz nicht die Voraussetzungen schafft, die unzureichende Vergütungssituation von Absolventen in der postgradualen Qualifikation sicher zu beseitigen. Damit wird ein wichtiges Ziel der Reform verfehlt ", sagte Dr. Heidrun Gitter, Vizepräsidentin der Bundesärztekammer und Vorstandsbeauftragte für die ärztliche Psychotherapie. Der Gesetzgeber habe sich nicht auf eine Lösung der eigentlichen Probleme in der bisherigen Ausbildung psychologischer Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten konzentriert. Stattdessen führe das Gesetz zu weitreichenden und für die Versorgungssicherheit der betroffenen Patienten problematischen Änderungen.
Kritik an dem Gesetz üben neben der Ärzteschaft auch andere Berufsgruppen. So ruft der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen heute unter dem Motto "#WirktNichtRichtig" zu einer Kundgebung gegen die anstehende Bundestagsentscheidung auf (http://psychthgausbrefg.de). "Wir teilen diesen Befund und bieten dem Gesetzgeber gerne unsere Unterstützung bei den dringend erforderlichen Nacharbeiten an diesem Gesetz an", erklärte Gitter.
Aus Sicht der Bundesärztekammer ist nach wie vor unklar, für welche berufliche Tätigkeit die Bachelor- und Masterabschlüsse jeweils qualifizieren und welche Bezeichnung die Absolventen dieser Studiengänge tragen sollen. Die BÄK warnt zudem davor, dass vor der Erteilung der Approbation kein Praktisches Jahr oder zumindest ein Praxissemester durchlaufen werden soll. Dies ist weder im Interesse der Versorgungsqualität noch des Patientenschutzes. Diese fehlende Praxisphase und die unverändert fehlende einheitliche schriftliche Abschlussprüfung am Ende des Studiums gefährden den Wert der angestrebten Approbation. Weiterhin kritisch sieht die Bundesärztekammer die Verkürzung der bisherigen Berufsbezeichnungen "Psychologischer Psychotherapeut" und "Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut" auf "Psychotherapeut".
Die BÄK weist darauf hin, dass der Begriff "Psychotherapeut" nicht nur Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten umfasst, sondern auch Ärztinnen und Ärzte mit einer entsprechenden Weiterbildung. Diese Fachärztinnen und Fachärzte stellen die ganzheitliche psychotherapeutische Versorgung in wesentlichem Umfang sicher. Im Einklang mit den psychologischen Berufsverbänden und Wissenschaftlern ist der Bundesärztekammer völlig unverständlich, warum Öffentlichkeit und Patienten nicht den wissenschaftlichen Hintergrund der Qualifikation, nämlich die Psychologie, erkennen können sollen. Im Gegenteil sollte sich der Gesetzgeber klar zu einer breiten wissenschaftlichen Grundausbildung in der Psychologie im Bachelorstudium als Fundament der neuen Ausbildung bekennen.
"Wesentlich ist für uns auch der Fortbestand des Wissenschaftlichen Beirats Psychotherapie (WBP) als ein bewährtes, von den psychotherapeutisch tätigen Berufsgruppen paritätisch besetztes wissenschaftliches Gremium", sagte Gitter. Denn der WBP ermögliche eine bundeseinheitliche, evidenzbasierte Anerkennungspraxis. Es erschließe sich nicht, auf welcher Basis die wissenschaftliche Anerkennung eines psychotherapeutischen Verfahrens von "der zuständigen Behörde" festgestellt werden soll, wie es das Gesetz vorsieht. "Gerade psychisch Kranke müssen darauf vertrauen können, dass ihre Behandlung auf wissenschaftlich begründeten Verfahren beruht", betonte Gitter.
Die in letzter Minute von der Regierungskoalition vorgelegten Änderungsanträge zum eigenen Gesetzesvorschlag verändern neben der Ausbildungsreform zusätzlich auch entscheidende Vorgaben zur Patientenversorgung zu Lasten chronisch Kranker. "Diese Änderungsanträge machen deutlich, dass das vorgelegte Gesetz nicht zu Ende gedacht ist. Die Abgeordneten sollten den Mut haben, das Gesetz zur Überarbeitung zurückzugeben", so Gitter.
Quelle: Bundesärztekammer (ots)