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Rechtswissenschaftlerin: Infektionsschutzgesetz „könnte die Ausbreitung des Virus sogar noch befördern“

Archivmeldung vom 14.04.2021

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 14.04.2021 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Anja Schmitt
Der Lockdown wird schon irgendwann enden - oder? (Symbolbild)
Der Lockdown wird schon irgendwann enden - oder? (Symbolbild)

Bild: Unbekannt / Eigenes Werk

Die Rechtswissenschaftlerin Anna Leisner-Egensperger hält den geplanten Machtzuwachs für die Bundesregierung im neuen Infektionsschutzgesetz für problematisch. Eine pauschale Ausgangssperre sei rechtlich nicht haltbar und könnte „die Ausbreitung des Virus sogar noch befördern“. Dies berichtet das russische online Magazin „SNA News“ .

Weiter heißt es hierzu auf deren deutschen Webseite: "Anna Leisner-Egensperger ist Inhaberin des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Im Interview mit der „Welt“ kritisiert sie das von der Bundesregierung geplante Infektionsschutzgesetz in mehrfacher Hinsicht.

Nachgelagerte parlamentarische Beteiligung: problematisch

Durch die Zurücknahme der Kompetenzen, die man den Ministerpräsidenten erst übertragen hat, delegitimiere man den Föderalismus ein Stück weit, so Leisner-Egensperger.

Beim Infektionsschutzgesetz gehe es um wesentliche Grundrechtsfragen, über die eigentlich das Parlament befinden müsse. Wenn die Bundesregierung einheitliche Maßnahmen verhängt, solle der Bundestag zwar künftig zustimmen. Diese nachgelagerte parlamentarische Beteiligung sei aber problematisch, sagt Leisner-Egensperger, „weil der Vorstoß nicht aus der parlamentarischen Arbeit kommt und ausgiebige Debatten nicht als solche vorgesehen sind“.

Ausgangssperre: verfassungsrechtlich sehr problematisch

Ebenso wie die Gesundheitsexperten Klaus Stöhr und Detlev Krüger kritisiert die Staatsrechtlerin, dass der Blick auf Inzidenzen zum gegenwärtigen Zeitpunkt der Pandemie nicht mehr ausreiche. Ein wachsender Teil der Risikogruppen sei inzwischen geimpft und deutlich weniger gefährdet als etwa vor einem Jahr. Neben den Inzidenzen müsse deswegen auf jeden Fall die Impfquote berücksichtigt werden. Als weiterer Parameter für die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems müsste auch unbedingt die Auslastung der Intensivbetten in den Blick genommen werden.

Leisner-Egensperger geht deswegen auch davon aus, dass das neue Gesetz vor Gericht bestand haben könnte. Die Ausgangssperre bei Inzidenzen über 100 sei in ihrer Pauschalität verfassungsrechtlich sehr problematisch.

Infektionsschutzgesetz: könnte die Ausbreitung des Virus befördern

Die Juristin erklärt: „Das Grundgesetz erfordert, dass alle Maßnahmen verhältnismäßig sein müssen. Es muss im Einzelfall geprüft werden, ob nicht mildere Mittel ebenso beitragen zur Eindämmung der Pandemie.“ Denkbar sei etwa, belebte Plätze des Nachts zu kontrollieren. Inzwischen sei es wissenschaftlich erwiesen, dass sich Menschen draußen nur selten anstecken. „Wenn man nachts nun alle in die Innenräume zwingt, könnte man die Ausbreitung des Virus sogar noch befördern“, so Leisner-Egensperger. Sie könne sich nicht vorstellen, dass es irgendein Gericht in Deutschland gäbe, dass bei einer solch allgemeinen Ausgangsbeschränkung keine Probleme mit der Verhältnismäßigkeit sähe."

Quelle: SNA News (Deutschland)

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