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Justizministerium: Verleger erhalten Leistungsschutzrecht

Archivmeldung vom 15.06.2012

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 15.06.2012 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de
Bild: Thorben Wengert / pixelio.de

Das Urheberrecht soll künftig Verlegern ein Leistungsschutzrecht gegen die gewerbliche Übernahme von Artikeln im Internet gewähren. "Mit der Einführung eines Leistungsschutzrechtes soll dem neu entstandenen Schutzbedürfnis der Presseverlage Rechnung getragen werden", heißt es im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums, der dem "Handelsblatt" vorliegt.

Der Entwurf sieht für die Verlage einen Unterlassungsanspruch bei gewerblicher Nutzung vor. Dritte können laut dem Entwurf Artikel gewerblich nur nutzen, wenn sie sich mit den Verlagen auf eine Gebühr einigen. "An diesen Einnahmen müssen die Autoren angemessen beteiligt werden", heißt es in dem Referentenentwurf. Bislang mussten sich Verlage auf Rechte stützen, die ihnen die Autoren einräumen. Ein Nachweis war im Einzelfall bei einem Rechtsstreit über die Urheberschaft im Internet schwierig.

Der Referentenentwurf unterscheidet klar zwischen privater und gewerblicher Nutzung von Printartikeln. So bleibt etwa für private Blogger erlaubt, Internetartikel mit Printartikel zu verlinken und weiter aus den Printartikeln zu zitieren. Das Zitatrecht bleibt nach dem Entwurf vollkommen unberührt. Bloße Zitate können nicht unter Hinweis auf das Leistungsschutzrecht verboten oder mit Lizengebühren belegt werden. Die Urheber, also die Journalisten, sollen, so der Gesetzentwurf, an den Vergütungen, die Presseverlage durch das neue Leistungsschutzrecht erhalten, "angemessen" beteiligt werden.

Die Einführung eines Leistungsschutzrechts für Presseverlage war im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Koalition beschlossen worden. Das Projekt ist seitdem heftig umstritten. Vor allem im Internet laufen die Nutzer Sturm gegen das geplante Gesetz. Die Kritiker bangen um den freien Informationsfluß . Die Kritik wird angeführt von IGEL, der Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht", getragen unter anderem vom Chaos Computer Club, aber auch von Google und Perlentaucher, von Unternehmungen also, die mit den Zeitungstexten Geschäfte machen.

Beim lange erwarteten Gesetzentwurf der Bundesjustizministeriums handelt es sich um einen sogenannten Referentenentwurf, er wurde gestern an die anderen Ministerien zur Stellungnahme verschickt, mit einer sehr kurzen Frist "im Interesse einer beschleunigten Bearbeitung bis 18. Juni". Der Entwurf liegt der "Süddeutschen Zeitung" vor.

Das Leistungsschutzrecht, wie es das neue Gesetz den Presseverlagen gewähren will, schützt auch die vom Urheberrecht nicht erfassten Texte. Das Leistungsschutzrecht wird deshalb auch als `"kleines Urheberrecht`bezeichnet. Kurz gesagt ist es so: Das Urheberrecht schützt die geistige, das Leistungsschutzrecht die gewerbliche Leistung. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird darauf hingewiesen, dass ein besonderer Schutz der verlegerischen Leistung schon seit dem 19. Jahrhundert - vergeblich - gefordert wird. Die Lage habe sich aber mit der digitalen Revolution geändert. "Heute sehen sich Presseverlage zunehmend damit konfrontiert, das andere gewerbliche Nutzer für die eigene Wertschöpfung systematisch auf die verlegerische Leistung zugreifen und diese in einer Weise nutzen, die über das bloße Verlinken weit hinausgeht". Das neue Gesetz will verhindern, dass gewerbliche Nutzer mit der Leistung der Verlage ohne einen Cent dafür zu zahlen, Geschäfte machen und Werbung akquirieren. Der Gesetzentwurf wehrt sich gegen den Vorwurf, es handele sich um einen gesetzgeberischen Schutz von alten, überholten Geschäftsmodellen: Das neue Leistungsschutzrecht könne und solle kein Korrektiv sein für Strukturveränderungen des Marktes, "auf die die Verleger mit neuen Angeboten reagieren müssen". Das Leistungsschutzrecht für Verleger - also das Recht der exklusiven Nutzung des eigenen Presseerzeugnisses - soll ein Jahr nach der ersten Veröffentlichung erlöschen. Ob aus dem Gesetzentwurf noch ein Gesetz wird ist freilich angesichts der schon sehr fortgeschrittenen Legislaturperiode und der Umstrittenheit der Materie fraglich.

Das Kabinett soll am 4. Juli noch vor der Sommerpause über den Entwurf entscheiden.

BITKOM kritisiert Pläne zur Einführung eines Leistungsschutzrechts

Das Bundesjustizministerium hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes vorgelegt, der ein so genanntes Leistungsschutzrecht für Presseverleger vorsieht. Der Hightech-Verband BITKOM kommentiert den Entwurf wie folgt. BITKOM-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: „Bislang ist völlig unklar, wie sich ein Leistungsschutzrecht sowohl ökonomisch als auch gesellschaftlich auswirken wird. Der Gesetzentwurf wirkt trotz der langen Reifezeit wie ein Schnellschuss und lässt viel Deutungsspielraum offen. So wird nicht klar definiert, was mit einer „gewerblichen“ Veröffentlichung gemeint ist und der Begriff „Presseverleger“ lässt trotz Definition Fragen offen. Ohne Klarheit im Gesetz müssen wir eine Prozesswelle fürchten. Da auch kleine Teile von journalistischen Texten (sog. Snippets) explizit geschützt werden, ist zu befürchten, dass in Suchmaschinen die Suchergebnisse von Presseseiten künftig entweder gar nicht mehr gelistet bzw. nicht mehr mit gewohnten Teaser versehen werden. Das könnte dann faktisch erst nach einem Jahr geschehen, wenn das geplante Leistungsschutzrechts abgelaufen ist. Aus Sicht des BITKOM bremst ein Leistungsschutzrecht innovative Technologien und Dienste. Ähnlich wie bei Geoinformationsdiensten geht Deutschland auch hier wieder einmal einen Sonderweg.“

Quelle: dts Nachrichtenagentur / BITKOM

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