Magazin: CSU-Spitze zweifelt an Einnahmen durch Pkw-Maut
Archivmeldung vom 16.06.2014
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtIn der CSU gibt es offenbar Zweifel an der Rentabilität der von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt geplanten Pkw-Maut. Wie der "Spiegel" berichtet, forderten in einer Vorstandssitzung im Mai die Anwesenden von Dobrindt Aufklärung über die kalkulierten Einnahmen. Doch der CSU-Politiker sei die Antwort schuldig geblieben.
In das Konzept habe Dobrindt bislang nur Ministerpräsident Horst Seehofer und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann eingeweiht. In diesem überschaubaren Zirkel wird offenbar heftig debattiert, ob die erwarteten Einnahmen von rund einer Milliarde Euro pro Jahr durch die Maut realistisch sind.
Dass die Jahresvignette, die Inländer mit Zahlung der Kfz-Steuern zugeschickt bekommen, etwa 100 Euro kosten soll, gilt als sicher. Die Bedingungen der befristeten Tages- oder Monatsvignette für Ausländer sind noch nicht festgelegt. Hier sehen die Befürworter der Pkw-Maut lukrative Gestaltungsmöglichkeiten, da Reisende das Ticket möglicherweise mehrmals im Jahr erwerben müssten.
Hofreiter: Maut-Pläne von Dobrindt nicht realisierbar
Die Grünen halten die Maut-Pläne von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) grundsätzlich nicht für realisierbar: "Die Dobrindt-Maut kann nicht gleichermaßen EU-Recht berücksichtigen, den deutschen Geldbeutel schonen und dabei noch nennenswerte Einnahmen generieren", sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter der "Welt". EU-Verkehrskommissar Siim Kallas hatte die Bundesregierung am Wochenende ermahnt, sich bei ihrem Gesetzesvorschlag für eine Maut an europäisches Recht zu halten und den "Geist der EU-Gesetze zu respektieren". "Verkehrskommissar Kallas bringt es auf den Punkt", sagte Hofreiter und warf dem Verkehrsminister vor, mit der Debatte über die Maut Zeit zu verschwenden und von seiner "katastrophalen Infrastrukturpolitik" ablenken zu wollen: Während noch über die Maut diskutiert werde, "wird der Zustand von Straßen, Gleisen und Brücken in diesem Land immer schlechter", monierte der Grünen-Politiker.
Städte und Gemeinden fordern intelligente Kfz-Maut
Eine intelligente Kfz-Maut statt einer sturen Pkw-Autobahnmaut fordern Städte und Gemeinden. Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, verweist in der "Leipziger Volkszeitung" darauf, dass sich die Straßenverkehrsinfrastruktur in Deutschland mit rund 600.000 Kilometer Kommunalstraßen in einem so schlechten Zustand befände, "dass mittelfristig eine Lkw- und Pkw-Maut unvermeidbar ist".
Untersuchungen hätten gezeigt, dass bis zum Jahr 2020 allein für die Reparatur des kommunalen Straßennetzes bis zu 120 Milliarden Euro nötig seien. Auch im europäischen Kontext sei es "vernünftig, ein Finanzierungssystem zu schaffen, das die Verursacher in Anspruch nimmt, nach dem Motto `wer viel fährt, zahlt auch viel`." Als Beispiel führt Landsberg an, wenn für einen Lkw die Straßenbenutzung im Ballungsraum zwischen 17 Uhr und 20 Uhr deutlich teurer sei als später, werde dies zu einer Entzerrung der Verkehrsströme führen können. "Aber es ist bedauerlich, dass sich in Deutschland die Mautdiskussion ausschließlich auf Autobahnen und Bundesstraßen beschränkt, obwohl dieses Netz nur etwas mehr als 50.000 Kilometer ausmacht, davon 16.000 Kilometer Autobahnen." Ohne eine Infrastrukturoffensive werde der Wirtschaftsstandort Deutschland "nachhaltig leiden und die Unzufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger deutlich zu nehmen".
Nach Informationen der Zeitung wird Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) die von der Koalition verabredete Pkw-Autobahnmaut "spätestens in der ersten Juli-Woche" dem Kabinett und der Öffentlichkeit vorstellen. Das Konzept, so bestätigten Regierungskreise, sei "nahezu fertig" und befinde sich im Moment auch in Rückkoppelung mit dem Kanzleramt in der internen Schlussbearbeitung. Es beruhe im wesentlichen auf einer zeitlich abgestuften Vignetten-Regelung mit einem Jahreshöchstbetrag von 100 Euro. Geplant ist ein differenziertes System von Öko-Klassen und Öko-Prämien in Kombination mit der Kfz-Steuer, so, dass die deutschen Autofahrer vor einer effektiven Mehrbelastung geschützt seien.
Quelle: dts Nachrichtenagentur