Özdemir offen für neue Verhandlungen
Archivmeldung vom 19.11.2013
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Freigeschaltet durch Manuel SchmidtDer Parteichef der Grünen, Cem Özdemir, schließt neue Koalitionsverhandlungen nicht aus - weder mit der Union noch mit SPD und Linken. "Falls die virtuelle Debatte über ein Scheitern der Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD wider Erwarten real werden sollte, was ich aber nicht sehe, dann müssen alle Parteien miteinander reden", sagte Özdemir dem "Handelsblatt" (Mittwochausgabe).
"Niemand kann sich dann hinstellen und sagen, diese und jene Konstellation geht nicht, ohne, dass man vorher überhaupt mal miteinander geredet hat." Noch aber geht der Spitzenpolitiker der Grünen von einer Großen Koalition aus: "Es spricht alles dafür, dass SPD, CDU und CSU sich irgendwie zusammenraufen werden", sagte Özdemir.
Es sei aber "jetzt schon abzusehen, dass das für die Bürgerinnen und Bürger, den Mittelstand und die nächste Generation eine teure Veranstaltung werden wird. Die Große Koalition wird Wahlgeschenke aus der Rentenkasse finanzieren, damit setzt sie stabile Sozialversicherungsbeiträge aufs Spiel."
Hofreiter offen für neue Sondierungen mit Union
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter ist für den Fall, dass es nicht zur Bildung einer Großen Koalition kommt, zu neuen Sondierungen mit der Union bereit. "In so einem Fall würde es sicherlich noch einmal Gespräche zwischen allen demokratischen Parteien geben", sagte Hofreiter im Gespräch mit "Spiegel Online".
Allerdings bleibt der Grünen-Politiker hinsichtlich einer schwarz-grünen Bundesregierung skeptisch: Die Grünen müssten zur Kenntnis nehmen, dass die Union in den Verhandlungen mit den Sozialdemokraten "unsere Einschätzung aus den Sondierungen mehr als bestätigt hat", so Hofreiter. Insbesondere in der Energie- und Klimapolitik biete die Union "kein tragfähiges inhaltliches Fundament für eine Zusammenarbeit", betonte der Grünen-Fraktionschef.
Bayerns Finanzminister Markus Söder (CSU) erklärte seinerseits am Dienstag im "Deutschlandfunk", dass es im Falle eines Scheiterns der Koalitionsverhandlungen mit der SPD "unterschiedliche Möglichkeiten" gebe. Vor etwaigen Neuwahlen brauche sich die Union nicht zu fürchten, so der CSU-Politiker. "Ich glaube, die Union braucht keine Angst vor einem erneuten Bürgervotum haben."
Überhaupt bräuchten sich CDU und CSU vor "keinem Szenario fürchten", erklärte Söder. Gleichwohl müsse jeder wissen, was es bedeute, wenn eine Große Koalition am Ende nicht zustande komme. Dies wäre für Deutschland eine "schwierige Situation", sagte der bayerische Finanzminister. "Wir sind die entscheidende Nation in Europa, wir sind das stärkste Wirtschaftsland, wir sind der zentrale Anker in der Eurozone. Deswegen ist auch wichtig, dass man eben nicht nur partikular denkt, sondern gesamtstaatlich an die nationale und europäische Verantwortung", so Söder, der zudem betonte, dass eine Große Koalition am besten wäre. "Aber eben nicht zu jedem Preis."
Grünen-Chefin Peter: Grüne sind nicht Merkels Notnagel
Die Grünen wollen sich der Union nicht als Ersatzpartner für ein mögliches Scheitern der Koalitionsverhandlungen mit der SPD andienen. "Wir Grüne sind nicht Angela Merkels Notnagel für den Fall, dass die schwarz-roten Koalitionsverhandlungen scheitern", sagte Parteichefin Simone Peter dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel (Montagausgabe). Die Distanz zwischen den beiden Parteien sei wegen mangelnder Reformbereitschaft der Union eher wieder gewachsen.
Özdemir will mit Grünen liberale Felder besetzen
Grünen-Chef Cem Özdemir will seine Partei als liberale Kraft positionieren. "Wir können unseren Beitrag dazu leisten, dass die FDP in vier Jahren den Einzug in den Bundestag wieder verfehlt", sagte er der "Welt". "Liberalität und Selbstbestimmung sind immens wichtige Werte, die mit den Grünen in Verbindung gebracht werden sollten - gerade auch in der Abhöraffäre."
Die Grünen würden allerdings weiterhin Verbote verlangen. "In unser Europawahlprogramm haben wir die Forderung aufgenommen, Weichmacher in Kinderspielzeug zu verbieten. Giftige Chemikalien haben dort auch nichts verloren", sagte Özdemir.
Auch in der Steuerpolitik stellte er keine Kehrtwende in Aussicht. "Die Rentendiskussion in den Koalitionsverhandlungen von Union und SPD zeigt ja, dass der Verzicht auf eine maßvolle Erhöhung des Spitzensteuersatzes teuer erkauft wird", sagte er. "Da wird jetzt die Belastung über die Sozialbeiträge vorgenommen, und das trifft alle, gerade auch die Geringverdiener."
Wer Steuersenkungen vorschlage, brauche immer eine seriöse Gegenfinanzierung. "Aber es gibt einige Bereiche, in denen man klein- und mittelständische Unternehmen entlasten sollte, etwa über die Forschungsförderung oder bei der Entlastung von unnötiger Bürokratie", sagte er. "Eine Vereinfachung des Mehrwertsteuersystems mit weniger Ausnahmen kann auch eine gefühlte Steuersenkung sein."
Quelle: dts Nachrichtenagentur