Unionspolitiker und Kommunen warnen vor Sozialtourismus nach Deutschland
Archivmeldung vom 03.12.2013
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Freigeschaltet durch Thorsten SchmittFührende CDU- und CSU-Politiker und die Kommunen warnen eindringlich vor einem Sozialtourismus aus ärmeren EU-Staaten nach Deutschland. CDU-Rechtsexperte Günter Krings sagte der "Welt", man dürfe liberale Freizügigkeitsregelungen innerhalb der EU nicht mit hohen Sozialleistungen kombinieren. "Sonst entstehen falsche Anreize, die zu einer Einwanderung in die sozialen Sicherungssysteme führt." Wer nur zur Arbeitssuche nach Deutschland komme, dürfe anschließend nicht beim Sozialstaat die Hand aufhalten, forderte Krings.
"Konkret wollen wir im Sozialrecht klarstellen, dass kein EU-Bürger Hartz IV erhält, der zur Arbeitssuche nach Deutschland kommt", sagte er mit Blick auf entsprechende Vereinbarungen im Koalitionsvertrag von Union und SPD. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, Gerd Landsberg, forderte in der "Welt": "Einer ungebremsten Armutsmigration in unsere Sozialsysteme müssen wir entgegenwirken. Schon jetzt sind viele betroffenen Kommunen mit der Finanzierung von Unterbringung und Versorgung dieses Personenkreises teilweise überfordert." Er sprach sich zwar für die Freizügigkeit in der EU aus. "Wir erwarten allerdings wirksame Maßnahmen gegen die ungerechtfertigte Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger."
CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl forderte eine befristete Wiedereinreisesperre, da sonst "jeder Verwaltungsvollzug in der Praxis ins Leere" laufe. Zweitens müsse gelten: "Wer tatsächlich gar keine Chance hat, als Arbeitnehmer oder Selbstständiger tatsächlich erfolgreich tätig zu sein, ist nicht von der Freizügigkeit geschützt. Für diese Gruppe müssen Sozialleistungen ausgeschlossen sein", sagte Uhl der "Welt".
Grund für die Befürchtungen ist ein Gerichtsurteil, demzufolge Bürger aus anderen EU-Ländern auch dann Anspruch auf Sozialleistungen haben, wenn sie hier keinen Arbeitsplatz finden. In der vergangenen Woche hatte das Landessozialgericht von Nordrhein-Westfalen einer rumänischen Familie Hartz-IV-Leistungen zugesprochen und eine anderslautende Vorschrift im Sozialgesetzbuch als Verstoß gegen das zwischen den EU-Staaten vereinbarte Gleichbehandlungsgebot gewertet. Die Familie aus Rumänien war 2009 zur Arbeitssuche nach Deutschland gekommen und hatte zunächst vom Verkauf von Obdachlosenzeitungen und von Kindergeld gelebt. Der im November 2010 gestellte Hartz-IV-Antrag war abgelehnt worden. Es wird damit gerechnet, dass sich das Bundessozialgericht mit dem Fall beschäftigen wird.
Ifo-Chef warnt vor Einwanderung in Sozialsysteme
Der Wirtschaftswissenschaftler Hans-Werner Sinn vom Ifo Institut für Wirtschaftsforschung warnt angesichts eines neuen Gerichtsurteils vor einer Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme. Sinn sagte der F.A.Z.: "Es war nur eine Frage der Zeit, bis sich die neuen Regeln zur Freizügigkeit herumsprechen würden." Nun sehe man die Anreizeffekte auf Rumänen und Bulgaren.
Der Münchner Ökonom erklärte der F.A.Z.: "Die Zahlen werden zunehmen; wir sind am Beginn einer neuen Migrationswelle." Sinn befürchtet, dass Politiker deshalb das sinnvolle Grundrecht auf Freizügigkeit einschränken werden. "Um dieses Grundrecht zu erhalten, gibt es nur eine Möglichkeit: Man muss wegkommen vom Inklusionsprinzip und übergehen zum Heimatlandprinzip." Für steuerfinanzierte Sozialleistungen des Staates gilt nach Ansicht von Sinn: "Wer diese in seinem Heimatland in Anspruch nehmen kann, kann nicht in einem anderen Land die Hand aufhalten, aber er darf die Leistungen seines Heimatlandes konsumieren, wo er will."
"Bild": Immer mehr Hartz-IV-Bezieher aus Rumänien und Bulgarien
Die Zahl der Hartz-IV-Empfänger aus Bulgarien und Rumänien hat laut eines Berichtes der "Bild-Zeitung" bis Ende August auf 38.801 zugenommen. Das entspreche einem Anstieg um 46,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, berichtet die Zeitung unter Berufung auf einen neuen Statistik-Bericht der Bundesagentur für Arbeit (BA). Bei der Öffnung der Grenzen für Arbeitnehmer aus den beiden neuen EU-Staaten im April 2011 hatte es noch 19.115 Hartz IV-Empfänger aus Bulgarien und Rumänien gegeben, schreibt die Zeitung in ihrer Dienstagsausgabe weiter.
Quelle: dts Nachrichtenagentur