Flensburger Industriearbeitsplätze in Gefahr: Wirtschaftliches Potential der deutsch-dänischen Zusammenarbeit besser ausnutzen
Für die FSG und Fjord Paper braucht es akut vor allem eines: einen seriösen Investor - und sowohl als Kommunalpolitik und Oberbürgermeister können wir hier unterstützen: Politik durch Sichtbarmachung der Stärken und Potenziale dieser Unternehmen, wie durch die heutige Debatte und der Oberbürgermeister durch proaktives Agieren und Werben in den unternehmerischen Netzwerken.
Die Rede des Vorsitzenden der SSW-Ratsfraktion, Ratsherr Martin Lorenzen, zu: Aktuelle Stunde zu Industriearbeitsplätze in Gefahr - Einsatz für den Erhalt der Arbeitsplätze bei FSG und Fjord Paper
Es gilt das gesprochene Wort: Flensburg muss wirtschaftliches Potential der deutsch-dänischen Zusammenarbeit besser ausnutzen.
Kære fru bypræsident,
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Liebe Gäste,
zunächst
einmal vielen Dank an die SPD, dass sie die Industriearbeitsplätze in
Flensburg hier und heute auf die Tagesordnung gesetzt hat. Es ist gut
und wichtig, dass auch wir mit dieser Debatte den Industriestandort
Flensburg sichtbar machen.
Der drohende Arbeitsplatzverlust bei
Fjord Paper und vielleicht auch FSG, aber eben auch der avisierte Abbau
bei Semikron Danfoss ist ein herber Schlag für Flensburg und würde nicht
nur wirtschaftliche, sondern auch erhebliche gesellschaftliche
Auswirkungen auf die Region haben. Allerdings gibt es doch verschiedene
Ursachen.
Die Strukturkrise der Deutschen Werften ist
mittlerweile dauerhaft durch finanzielle Schwierigkeiten und Insolvenzen
geprägt. Die besondere Situation der FSG ist, dass diese durch den
aktuellen Gesellschafter Windhorst zudem wie gelähmt scheint. Es ist
kein „Roter Faden“ zu erkennen. Beschäftigte werden überraschend nach
Hause geschickt, weil keine Arbeit da ist und werden genauso
überraschend zurückgeholt und stellen fest, dass weiterhin keine Arbeit
da ist. Sie müssen immer wieder auf ihre Gehaltszahlungen warten und mit
einer gedankenlosen Gleichgültigkeit scheint Lars Windhorst nicht zu
interessieren, dass zu den Beschäftigten auch Familien – Ehepartner und
Kinder – gehören, die durch dieses Gebaren einer existenziellen Angst
ausgesetzt werden. So kann man mit Menschen nicht umgehen. Die
Beschäftigten der FSG haben daher unsere volle Solidarität verdient.
Mit
seriösem Unternehmertum hat das schon lange nichts mehr zu tun –
Windhorst muss weg! Und das schnell, solange die Werft noch die hohe
Kompetenz besitzt; denn der brain-drain hat bereits begonnen. Dabei
brauchen wir jede Werft in Deutschland, um die großen Herausforderungen
im Bereich der Sicherheitspolitik sowie der Energiewende zu meistern.
Auch
bei Fjord Paper hat sich das Gerangel der ehemaligen und aktuellen
Gesellschafter nicht positiv auf die sehr motivierte Belegschaft
ausgewirkt. Insgesamt drücken hier die im Wettbewerb immer noch
vergleichsweise hohen Energiepreise. Die Beschäftigten bei Fjord Paper
sind engagiert und innovativ, man ist dabei eine Produktumstellung auf
neue nachhaltigere Produkte für die Lebensmittelindustrie und die
Einbindung regionaler Strohfasern in die Papier-Produktion anzugehen.
Das ist doch genau das, was wir uns alle wünschen: regional und
nachhaltig. Nicht nur deshalb hat Fjord Paper es verdient, dass wir uns
alle für dieses großartige Unternehmen einsetzen. Im Rahmen des
laufenden Insolvenzverfahrens bleibt wohl nur die Hoffnung auf einen
neuen strategischen Investor. Umso wichtiger, dass auch wir sichtbar
machen, dass es sich hier ein Unternehmen nicht nur mit Tradition,
sondern echten Ideen und Perspektive handelt.
Insgesamt steht
die deutsche Industrie vor einem Mix aus externen und internen
Herausforderungen, die ihre Wettbewerbsfähigkeit bedrohen. Fallende
Produktion und Absatz in deutschen Schlüsselindustrien, auch mit
negativen Auswirkungen auf Zulieferbetriebe, sind ein Faktum. Steigende
Energiekosten belasten vor allem energieintensive Branchen erheblich und
fordern Lösungen zur Kostensenkung und Effizienzsteigerung. Aber auch
der Fachkräftemangel ist ein weiteres gravierendes Problem, das viele
Unternehmen in ihrem Wachstum und ihrer Innovationsfähigkeit hemmt.
Gleichzeitig erfordert der Technologiewandel durch Digitalisierung hohe
Investitionen, die nicht jedes Unternehmen stemmen kann.
Zusätzlich
beeinträchtigen Lieferkettenprobleme und globale Abhängigkeiten die
Produktion und werfen Fragen zur Sicherheit und Flexibilität
internationaler Lieferketten auf. Auch der Klimaschutz und die
Energiewende verlangen große Umstellungen und Investitionen. Hinzu kommt
die wachsende Konkurrenz aus dem Ausland, insbesondere durch
Schwellenländer mit kostengünstiger Produktion. Und vielleicht auch bald
hohe Zölle aus den USA.
Um diese Herausforderungen zu
bewältigen und die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Industrie zu
sichern, sind zielgerichtete Investitionen, technologische Innovationen
und ein enger Schulterschluss zwischen Politik, Wirtschaft und Bildung
entscheidend. Hier sind Bund und Land gefordert z.B. um durch die
Senkung der Netzentgelte und Strompreise unsere Unternehmen
wettbewerbsfähiger zu machen und mit gezielten Investitionen in
Infrastruktur, Bildung und Digitalisierung endlich unser Land
voranzubringen. Da ist immer noch viel zu wenig passiert.
Angesichts
von ca. 1,4 Billionen Euro Nachholbedarf an Investitionen laut Studie
wird das ohne eine Reform der Schuldenbremsen nicht möglich sein. Denn
sonst ist schlicht nicht genug Geld vorhanden. Egal wer ab dem 23.
Februar regiert wird diese Reformen mit den Bundesländern angehen
müssen.
So viel zu den Rahmenbedingungen für die Unternehmen, die
sich unbedingt ändern müssen. Das können wir aber hier in Flensburg
überhaupt nicht alleine bewältigen. Um den Industriestandort Flensburg
zu stärken brauchen wir als Stadt einen umfassenden Ansatz, den wir
gemeinsam mit dem Land und den Wirtschaftsverbänden entwickeln müssen,
der auf die besonderen Bedürfnisse der ansässigen Industrien eingeht und
gleichzeitig neue Möglichkeiten für Innovation und Wachstum schafft.
Zum Beispiel:
Förderung der Digitalisierung:
Investitionen in
digitale Technologien und Ausbildung der Mitarbeitenden im Bereich
moderner, digitaler Arbeitsmethoden sind wesentlich, um wettbewerbsfähig
zu bleiben.
Energieeffizienz und -kosten:
Aufgrund der hohen
Energiekosten in Deutschland sind Maßnahmen zur Steigerung der
Energieeffizienz und zur Nutzung regionaler und nachhaltiger
Energiequellen von zentraler Bedeutung.
Förderprogramme für Innovationsprojekte:
Flensburg
könnte von gezielten Innovations- und Forschungsprojekten profitieren,
die neue Technologien fördern und lokale Unternehmen wettbewerbsfähiger
machen.
Natürlich sollten wir als Grenzstadt dies vor allem auch
mit unseren dänischen Partnern gemeinsam in Angriff nehmen. Flensburg
muss sich wieder viel stärker als Motor der grenzüberschreitenden
Zusammenarbeit gerade auch im wirtschaftlichen Bereich begreifen. Hier
sieht der SSW ein großes wirtschaftliches Potential für unsere
Unternehmen, das immer noch nicht gut genug genutzt wird. Das hat auch
eine Studie des Kieler Institut für Wirtschaftsförderung aus dem Jahr
2022 gezeigt. Hier müssen wir als Kommunalpolitik gemeinsam mit unseren
OB viel aktiver werden und zusammen mit der WIREG, der IHK auf unsere
dänischen und skandinavischen Partner zugehen. Hier haben wir noch sehr
viele Hausaufgaben zu machen.
Für die FSG und Fjord Paper braucht es akut vor allem eines: einen seriösen Investor - und sowohl als Kommunalpolitik und Oberbürgermeister können wir hier unterstützen: Politik durch Sichtbarmachung der Stärken und Potenziale dieser Unternehmen, wie durch die heutige Debatte und der Oberbürgermeister durch proaktives Agieren und Werben in den unternehmerischen Netzwerken.
Darum muss es jetzt gehen – für die Beschäftigten in diesen Unternehmen und für den Industriestandort Flensburg!"
Quelle: SSW