Hessen bleibt Zahlmeister der Nation - einsame Rekordbelastung bei LFA
Archivmeldung vom 02.11.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer Hessische Finanzminister Karlheinz Weimar hat heute in Wiesbaden den Nachtragshaushaltsplan 2007 vorgestellt. Der Nachtragshaushalt belege eindrucksvoll, dass die Hessische Landesregierung die konsequente Fortführung der Investitionen in die Zukunftsbereiche des Landes weiter entschlossen fortsetze.
Der Nachtrag sei zugleich auch Beleg für die erfolgreiche
Konsolidierungspolitik der Landesregierung. Es sei „ein hartes Stück
Arbeit gewesen, trotz erheblicher Mehrbelastungen, die im
Nachtragshaushalt 2007 insgesamt mit fast einer Milliarde Euro zu Buche
schlagen, die vorgesehene Nettoneuverschuldung unverändert
beizubehalten“, erklärte der Finanzminister.
So steige die
Belastung des Landes durch Zahlungen in den Länderfinanzausgleich (LFA)
um 760 Millionen Euro auf die Rekordsumme von rund 3,2 Milliarden Euro.
„Man muss sich das einmal vorstellen: Die hessischen Bürger zahlen die
ersten 2,5 Monate eines jeden Jahres Steuern ausschließlich für das
Wohlergehen von Bürgern anderer Bundesländer“, sagte der
Finanzminister. Die Rolle des „Zahlmeisters der Nation“ sei kaum noch
erträglich. War Hessen schon in den vergangenen Jahren Hauptzahler in
den LFA, habe sich diese Belastung 2007 noch einmal deutlich
verschärft. Am Ende des Jahres werde Hessen als erstes Bundesland in
der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland eine LFA-Zahllast von
über 3 Milliarden Euro schultern müssen. „Es bedarf erheblicher
Anstrengungen, bei dieser erdrückenden Last den Haushalt auf Kurs zu
halten“, sagte der Finanzminister und vergleicht die Situation „mit
einem 100-Meter-Läufer, der - weil er besser ist als die anderen - beim
Rennen eine Bleiweste tragen muss.“
Die unverhältnismäßige
Belastung Hessens zeige sich gerade auch im Vergleich der aktuellen
Haushaltsergebnisse für die ersten drei Quartale 2007: Hessen habe in
diesem Zeitraum bei den Steuereinnahmen einen weit
überdurchschnittlichen Zuwachs von 16,2 Prozent gegenüber dem
vergleichbaren Vorjahreszeitraum erzielt, in Bayern seien es
demgegenüber nur 13,6 und in Baden-Württemberg 12,9 Prozent. Während
nun aber in Hessen der LFA in den ersten drei Quartalen mit einer
Steigerung von 1,1 Milliarden Euro (ein Plus von mehr als 70 Prozent!)
förmlich explodiert sei, sei er in Bayern nur um 220 Millionen Euro
gestiegen und in Baden-Württemberg sogar um etwa diesen Betrag
gesunken. Dies führe dazu, dass diese Länder nach LFA über
Steuermehreinnahmen zwischen 13 und 16 Prozent verfügten, während in
Hessen lediglich ein Nettozuwachs von noch nicht einmal 7 Prozent
verbleibe.
„Ich betone, dass Hessen ohne die LFA-Zahlungen
eigentlich keine Kredite aufnehmen müsste, satte Überschüsse erzielen
und sogar Schulden abbauen könnte“, sagte Weimar. So werde Hessen in
den Jahren 1999 bis 2007 rund 9,8 Milliarden Euro Kreditmittel
aufgenommen, aber rund 20,2 Milliarden Euro in den LFA eingezahlt
haben. Die zusätzlichen LFA-Ausgaben führten zusammen mit steigenden
Zuweisungen an die Kommunen aus dem Grunderwerbsteueraufkommen in Höhe
von 70 Millionen Euro dazu, dass das Land einen großen Teil seiner
Steuereinnahmen abgeschröpft bekomme und nach LFA aus heutiger Sicht
ein Plus von 754,5 Millionen Euro erwartet werden könne.
Mit
diesen Steuermehreinnahmen würden drei zentrale Mehrbedarfe mit einem
Gesamtvolumen von insgesamt 773,6 Millionen Euro abgedeckt:
Das
freiwillige Vorziehen der Spitzabrechnung des Kommunalen
Finanzausgleichs (KFA) belastet den Nachtragshaushalt mit 238,1
Millionen Euro. „Wir verfolgen damit einen wichtigen Beitrag zur
weiteren Stärkung der Kommunalfinanzen und zeigen, dass die
Landesregierung ein verlässlicher Partner der hessischen Kommunen ist.
Mit den Kommunalen Spitzenverbänden war bereits im Juni besprochen
worden, dass die hessischen Kommunen die KFA-Mittel aus dem Jahr 2006
nicht erst - wie gesetzlich eigentlich vorgesehen - im Jahr 2008
erhalten, sondern bereits im Jahr 2007 ausgezahlt bekommen. Das setzen
wir mit dem Nachtragshaushalt 2007 nun zu 100 Prozent um“, erklärte
Finanzminister Weimar. Damit würden die Finanzausgleichsleistungen für
2007 von 2,95 Milliarden Euro auf mehr als 3,18 Milliarden Euro
anwachsen. Dies sei eine für die hessischen Kommunen sehr erfreuliche
Entwicklung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass für das Jahr 2008
sogar fast 3,3 Milliarden Euro an Finanzausgleichsleistungen für die
hessischen Kommunen im Haushalt veranschlagt seien.
Der Verzicht
auf die Realisierung von Veräußerungserlösen, insbesondere LEO III,
schlage mit insgesamt 420 Millionen Euro zu Buche. „In Folge der
aktuellen Krise auf den internationalen Finanzmärkten haben sich auch
in Deutschland die Rahmenbedingungen für die Finanzierung großer
Immobilientransaktionen seit einigen Wochen erheblich verschlechtert.
Die Subprime-Krise hatte natürlich auch unmittelbare Auswirkungen auf
die Angebote für das aktuelle hessische Immobilienportfolio LEO III“,
begründete Weimar den Stopp der Transaktion. Die abgegebenen Angebote
seien für das Land - ganz im Gegensatz zu denen der vorangegangenen
Transaktionen - wirtschaftlich nicht akzeptabel. „Auch wenn wir mit der
Veräußerung von Immobilienportfolios in den vergangenen Jahren sehr
gute Erfahrungen gemacht haben, kommt ein Verkauf um jeden Preis nicht
in Frage“, erklärte Weimar. Daher werde die LEO III-Transaktion in das
Jahr 2008 verschoben.
Für Einkommensverbesserungen für die
Landesbediensteten stellt die Landesregierung 105,5 Millionen Euro
bereit. „Insbesondere unsere Landesbediensteten haben in den
vergangenen Jahren Einschnitte hinnehmen müssen und damit ihren Beitrag
zur Konsolidierung des Landeshaushalts geleistet. Dennoch haben die
Mitarbeiter weiterhin ihre guten Leistungen erbracht. Nur recht und
billig ist es deshalb, unsere Mitarbeiter nun an der konjunkturellen
Besserung zu beteiligen“, erklärte Weimar. Der Nachtrag finanziere die
im Jahr 2007 vorgesehenen weiteren Einmalzahlungen in Höhe von 20 bzw.
15 Prozent der monatlichen Bezüge der hessischen Beamten und
Versorgungsempfänger incl. eines erhöhten Kinderzuschlags von monatlich
je 50 Euro für das dritte und jedes weitere Kind. Auch der Mehrbedarf,
der sich aus dem derzeit in der parlamentarischen Beratung befindlichen
„Gesetz über Einkommensverbesserungen für Tarifbeschäftigte im
öffentlichen Dienst des Landes Hessen“ ergebe, werde etatisiert.
Gleiches gilt für die vorgesehene Einmalzahlung in Höhe von 500 Euro an
die Arbeitnehmer, die eine erhöhte wöchentliche Arbeitszeit leisten.
Die Verbesserungen für die Bediensteten des Landes erfordern in der
Summe die Bereitstellung von insgesamt 105,5 Mio. Euro.
Neben diesen
drei Schwerpunktbereichen würden mit dem Nachtragshaushalt auch solche
Veränderungen auf der Einnahmen- und Ausgabenseite nachvollzogen, die
sich mittlerweile im Haushaltsvollzug ergeben hätten. Die sich hieraus
ergebenden zusätzlichen Belastungen in Höhe von 160,2 Millionen Euro
würden durch Entlastungen an anderer Stelle im Landeshaushalt in Höhe
von 179,3 Millionen Euro mehr als kompensiert.
Beispielhaft für
die zusätzlichen Belastungen nannte Weimar die Sicherung und den Ausbau
der Unterrichtsversorgung, die ein politisches Hauptanliegen der
Landesregierung darstelle. „Seit unserem Regierungsantritt arbeiten wir
kontinuierlich daran, die Verhältnisse an den hessischen Schulen zu
verbessern. Dies schlägt sich auch im diesjährigen Nachtrag nieder: Wir
stellen für die weitere Einstellung von zusätzlichen Lehrkräften sowie
den Ausbau der Unterrichtsversorgung im Rahmen der Unterrichtsgarantie
plus zusätzliche Personalmittel in Höhe von rund 33,5 Millionen Euro
zur Verfügung“, sagte Weimar. Weiter nannte er die Zuführungen zum
Stiftungskapital der Stiftungen „Point Alpha“ und „Sprudelhof“
(insgesamt 4,5 Millionen Euro), Mehrbedarf für die
Schwangerenkonfliktberatung (rund 1,5 Millionen Euro), Mehrkosten für
die Sanierung des Staatstheaters Kassel (rund 6 Millionen Euro) sowie
Mehrbedarf für Beihilfen (8 Millionen Euro).
An wesentlichen
Entlastungen bspw. Einsparungen fielen demgegenüber Minderausgaben bei
den Zinsen an (35,3 Millionen Euro), Mehreinnahmen bei der Zentralen
Bußgeldstelle (1,5 Millionen Euro) und Minderausgaben bei Baumaßnahmen
(36,6 Millionen Euro), zugleich wurde eine Entnahme aus der Rücklage
Zukunftsoffensive (50 Millionen Euro) etatisiert.
„Zusammenfassend
kann ich sagen, dass den erheblichen Mehrbelastungen von insgesamt
933,8 Millionen Euro Haushaltverbesserungen in genau gleicher Größe
gegenüberstehen“, sagte Finanzminister Weimar. Damit könne die Höhe der
im Haushaltsplan 2007 vorgesehenen Nettoneuverschuldung (rund 826
Millionen Euro) trotz der erheblichen Mehrbedarfe unverändert
beibehalten werden. „Natürlich hätte ich es mir leicht machen und zum
Beispiel mit dem Festhalten am Verkauf des LEO III-Immobilienportfolios
eine deutlich geringere Neuverschuldung erzielen können“, sagte Weimar.
„Unwirtschaftliches Verhalten entspricht jedoch nicht meinen
Vorstellungen von seriöser Haushaltspolitik.“
Der Finanzminister
betonte, dass die Erstellung des Nachtragshaushalts 2007 auf
realistischen Betrachtungen basiere. „Sollte sich jedoch bis zur
Verabschiedung des Nachtrags im Dezember irgendwelcher Änderungsbedarf
abzeichnen, werden wir rechtzeitig darüber informieren und Gelegenheit
geben, dies noch in den Entwurf einfließen zu lassen“, sagte Weimar
abschließend.
Quelle: Pressemitteilung Hessisches Ministerium der Finanzen