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Wie grün ist Merkel wirklich?

Archivmeldung vom 24.05.2008

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 24.05.2008 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Oliver Randak

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich im stern-Interview als progressive Umweltpolitikerin gegeben, als erfolgreiche grüne Konservative, im Ausland und daheim. Doch bei näherer Betrachtung liest sich Merkels Öko-Bilanz eher bescheiden.

Jeder deutsche Politiker ist ein Klimakiller. Auf den Dienstreisen mit Flugzeug oder Auto verseuchen sie die Umwelt mit rund 100.000 Tonnen Kohlendioxid im Jahr. Auch Angela Merkel sündigt beständig. Gerade tourte sie mit der Flugbereitschaft acht Tage lang durch Südamerika. Zu Hause wartet ihr Dienstwagen, ein gepanzerter A 8, der aus sechs Litern Hubraum 450 PS schöpft. Ein CO2-Teufel schlechthin.

Doch mit ihren Umweltschutzzielen fürs Land scheint es die Kanzlerin tatsächlich ernst zu meinen. "Ich darf Ihnen berichten, dass die allermeisten Glühbirnen in meiner Wohnung Energiesparlampen sind", hat sie einmal erzählt. Die einstige Umweltministerin aus dem Kabinett von Helmut Kohl will das Mega-Thema Umweltschutz für sich nutzen. Unvergessen ihre Reise im roten Anorak ins ewige Eis von Grönland, bei der sie auf die Risiken der globalen Erwärmung hinwies.

Unübertroffen ehrgeizig das von ihr ausgegebene Ziel, dass Deutschland bis zum Ende des nächsten Jahrzehnts 40 Prozent weniger Treibhausgase in die Atmosphäre pusten soll als im Jahr 1990. Ob in der Zeit der EU-Ratspräsidentschaft 2006 oder während des Weltwirtschaftsgipfels in Heiligendamm 2007 - Angela Merkel präsentiert sich gern als Retterin des Weltklimas.

Im Ernstfall hat die Industrie Vorrang

Die Bilanz tatsächlicher Erfolge ihrer Regierung fällt bisher bescheiden aus. Die Zusammenfassung der zersplitterten Umweltgesetze in einem einheitlichen Umweltgesetzbuch droht am Streit zwischen dem zuständigen Fachminister Sigmar Gabriel (SPD) auf der einen Seite und Wirtschaftsminister Michael Glos sowie Landwirtschaftsminister Horst Seehofer (beide CSU) auf der anderen Seite zu scheitern.

Die Biosprit-Regelung musste zurückgezogen werden, weil das Gemisch laut Autobranche für mehr als drei Millionen Motoren hätte gefährlich werden können. Und obwohl das Bundesumweltamt davon ausgeht, dass 30 Millionen Tonnen CO allein durch Wärmeeinsparung in Gebäuden bis 2020 eingespart werden könnten, vermeidet die Regierung weiterhin, Hausbesitzer wenigstens mit steuerlichen Anreizen in Richtung Umrüstung zu locken. Im täglichen Konflikt zwischen Ökonomie und Ökologie kühlt die Begeisterung für den Umweltschutz schnell ab.

Auch Angela Merkel vertritt im Ernstfall nach wie vor eher das Interesse der Industrie als das des Klimas. So hat sie zusammen mit Finanzminister Peer Steinbrück verhindert, Dienstwagen stärker zu besteuern. Jedes zweite neue Fahrzeug in Deutschland ist ein Firmenwagen, die meisten davon Edelkarossen, die besonders viel CO2 ausstoßen. Auch in Brüssel kämpft die Kanzlerin beharrlich für die hochmotorisierten Sprit-fresser der deutschen Automobilindustrie. Das EU-Vorhaben, CO2-Grenzwerte für Personenautos einzuführen und Überschreitungen mit Strafen zu belegen, lehnt sie ab.

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