Postgewerkschaft befürchtet Entlassungen
Archivmeldung vom 09.06.2018
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Freigeschaltet durch André OttDie Postgewerkschaft befürchtet Entlassungen wegen der hoch gesteckten Gewinnziele des DAX-Konzerns. Für das Geschäftsjahr 2020 hat die Post fünf Milliarden Euro Gewinn vor Steuern angekündigt. "Das kann der Vorstand nur schaffen, wenn er weiter am Personal spart", sagte Christina Dahlhaus, Chefin der Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) der "Welt am Sonntag".
Sie sehe mit Sorge, dass es in gut einem Jahr wieder möglich sein werde, Mitarbeiter bei der Post zu entlassen. Zu dem Zeitpunkt läuft der Kündigungsschutz aus. Das von Postchef Frank Appel ausgerufene Gewinnziel bezeichnete Dahlhaus als "exorbitant". Als weitere Folge sieht Dahlhaus die Gefahr, dass das Management alles versuchen werde, den Haustarifvertrag der Post AG zu unterwandern. Dabei geht es vor allem um die Pläne, die Billigtochter Delivery mit der Arbeit in der Post AG zusammenzulegen. "Wir wollen verhindern, dass in ein und demselben Betrieb unterschiedliche Löhne gezahlt werden", sagte die Gewerkschaftschefin der Zeitung. Die Beschäftigten der 46 Delivery-Gesellschaften werden nach den unterschiedlichen Tarifverträgen der Logistikbranche bezahlt.
Die Löhne sind bis zu 25 Prozent niedriger als im Postkonzern. Der geplante Gesamtbetrieb könnte einen Einstieg in diese Bezahlung auch für die anderen Zusteller bringen. "Delivery kann eine Blaupause für alle möglichen Veränderungen sein", sagte Dahlhaus. Deshalb fordere ihre Gewerkschaft einen eigenen Haustarifvertrag für die Tochtergesellschaften. Auch um die befristeten Arbeitsverträge der Post und die Praxis der Entfristung gab es zuletzt Streit, weil dies an eine Höchstgrenze bei den Krankheitstagen gekoppelt ist. "Moralisch halte ich das für verwerflich. Es sind nicht nur die 20 Krankheitstage in zwei Jahren", sagte Dahlhaus der "Welt am Sonntag". Wer entfristet werden wolle, dürfe mit seinem Zustellauto in demselben Zeitraum nicht mehr als zwei Unfälle mit zusammen 5000 Euro Schaden verursacht haben.
"Das alles führt dazu, dass die Beschäftigten selbst dann arbeiten, wenn sie krank sind", sagte Dahlhaus. Eine Probezeit von sechs Monaten reiche aus, um die Leistung einschätzen zu können. Zudem fordert sie in dem Interview, dass für sogenannte Kettenbefristungen eine zeitliche Obergrenze eingeführt werden müsse. Ebenso kritisiert die Gewerkschaftschefin die Arbeitsbedingungen der Post. "So wie heute ist die Arbeit für viele Briefträger und Paketboten kaum mehr zu schaffen", sagte Dahlhaus. Der Krankenstand liege über das Jahr hinweg bei etwa zehn Prozent. "In keinem anderen DAX-Unternehmen ist sie so hoch", sagte Dahlhaus.
Ältere Postzusteller müssten dringend entlastet werden und zum Beispiel Zeitzuschläge für ihre Touren bekommen. Generell müssten die Zustellbezirke verkleinert und die Zustellmengen verringert werden. "Wichtig wäre es aber auch, dass alle Kunden ihren Stammzusteller zurückbekommen. Er ist die Vertrauensperson und das Aushängeschild", sagte Dahlhaus. Warum die Post diese Kundenbindung in weiten Teilen kaputt gemacht habe, verstehe sie nicht. Die Kommunikationsgewerkschaft DPV (DPVKOM) vertritt die Interessen der Beschäftigten bei Post, Postbank, Telekom sowie in Callcentern. Die Spartengewerkschaft hat gut 20.000 Mitglieder.
Quelle: dts Nachrichtenagentur