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Ludwig Erhard war nie Mitglied der CDU

Archivmeldung vom 25.04.2007

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.04.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Jens Brehl

Ludwig Erhard, Vater des deutschen Wirtschaftswunders und Schöpfer der Sozialen Marktwirtschaft, war nie Mitglied der CDU. Dies enthüllt 30 Jahre nach dem Tod des Ex-Kanzlers Horst Friedrich Wünsche, Geschäftsführer der Bonner Ludwig-Erhard-Stiftung und letzter wissenschaftlicher Mitarbeiter des Politikers, im Hamburger Magazin stern.

"Er war nie Mitglied der CDU", sagte Wünsche im stern-Interview. "Seit über 30 Jahren beschäftige ich mich hauptberuflich mit Ludwig Erhard, und ich sage Ihnen: Erhard ist niemals einer Partei beigetreten." Günter Buchstab, der als Leiter des wissenschaftlichen Dienstes der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung das Parteiarchiv der CDU verwaltet, bestätigte dem stern: "Die Mitgliedschaft lässt sich aktenmäßig nicht nachvollziehen." Seines Wissens habe Erhard an die CDU auch "keine Beiträge gezahlt".

Ludwig Erhard, neben Konrad Adenauer die zweite große Symbolfigur der CDU in den ersten Jahrzehnten der Bundesrepublik, saß 28 Jahre für die Christdemokraten im Bundestag. In acht Bundestagswahlkämpfen warb er für die Partei. Von 1949 bis 1963 war er für die CDU Wirtschaftsminister, von 1963 bis 1966 Bundeskanzler und von 1966 bis 1967 sogar CDU-Vorsitzender, danach bis zu seinem Tod 1977 Ehrenvorsitzender der Partei. Bislang wurde davon ausgegangen, dass Erhard zwar spät, dann aber doch noch der Partei beigetreten ist. In Personenarchiven, wie etwa dem Munzinger-Archiv, aber auch in deutschen Medien fand die Version Aufnahme, Erhard sei anlässlich seiner Wahl zum CDU-Vorsitzenden am 23. März 1966 in die CDU eingetreten, wobei der offizielle Beitritt um drei Jahre auf 1963 rückdatiert worden sei.

Diese Version wird nun von Wünsche und Buchstab im stern dementiert. Der Wissenschaftler der Adenauer-Stiftung sagte dem Magazin: "Ich glaube, das kann man so nicht mehr stehen lassen." Befragt nach einem Aufnahmeantrag, der nach den Parteistatuten unverzichtbar ist, antwortete Buchstab: "Da haben wir nichts gefunden." Der Geschäftsführer der Erhard-Stiftung erklärte dem stern: "Sie haben ihm wohl mal ein Mitgliedsbuch zugeschickt, unaufgefordert, aber das hat er nie unterschrieben."

Im Archiv der Erhard-Stiftung befindet sich eine vom CDU-Kreisverband Ulm ausgestellte "Mitgliedskarte" Ludwig Erhards mit der Nummer "03-18-100", die aber erst am 2. August 1968 ausgestellt und auf den 1. März 1949 rückdatiert worden war. Die Felder für die Beitragsmarken sind nicht beklebt. Mit dieser Karte, die Erhard erst nach seiner Amtszeit als Parteivorsitzender zugeschickt worden war und die dem stern in Kopie vorliegt, sollte offenbar nachträglich eine Legende für seine durchgängige Parteizugehörigkeit geschaffen werden. 1971 folgte noch, ebenso unaufgefordert zugeschickt, ein Mitgliedsbuch Erhards.

Klaus Scheufelen, von 1958 bis 1971 CDU-Vorsitzender in Erhards Landesverband Nord-Württemberg, sagte dem stern, der damalige Ulmer CDU-Chef Franz Wiedemeier habe ungefähr im Jahre 1963 im Landesvorstand einen Zettel vorgezeigt, auf dem Erhard im Sommer 1949 "handschriftlich mit Tinte" seinen Beitritt zur CDU erklärt habe. Diesen Zettel habe Wiedemeier aber nicht zu den Parteiakten, sondern mit nach Hause genommen. Nach Wiedemeiers Tod im Jahre 1970 habe man ihn vergeblich gesucht, er sei verschollen. Zwei andere noch lebende Mitglieder des damaligen CDU-Landesvorstands könnten sich allerdings nicht daran erinnern, diesen Zettel je gesehen zu haben, sagte Scheufelen.

Der Geschäftsführer der Erhard-Stiftung schenkt der Darstellung Scheufelens indes keinen Glauben. "Da ist nichts dahinter", so Wünsche zum stern.

Ein Parteivorsitzender ohne gültige Mitgliedschaft ist ein Kuriosum in der deutschen Parteiengeschichte. Erhard wäre damit formaljuristisch auch nie CDU-Vorsitzender gewesen und er hätte auf keinem Parteitag an Abstimmungen teilnehmen dürfen. Martin Morlok, Professor für Deutsches und Europäisches Parteienrecht an der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität, erklärte dem stern dazu: "Wer kein Mitglied ist, kann auch kein Parteivorsitzender werden."

Quelle: Pressemitteilung stern

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