Ex-Innenminister Schily nennt Aussagen von Kurnaz "unglaubwürdig"
Archivmeldung vom 07.02.2007
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Freigeschaltet durch Jens BrehlDer ehemalige Innenminister Otto Schily hat den jahrelang im US-Lager Guantánamo inhaftierten Bremer Türken Murat Kurnaz als unglaubwürdig bezeichnet. "Ich bleibe dabei: Die Aussagen des Herrn Kurnaz zum Ziel seiner Pakistanreise sind nach wie vor unglaubwürdig", sagt Schily der ZEIT.
"Wer sich kurz nach den
Anschlägen vom 11. September 2001 einen Kampfanzug, ein Fernglas und
Schnürstiefel kauft und, ohne sich von seiner Familie in Bremen zu
verabschieden, nach Pakistan reist, will dort ja wohl nicht mit dem
Fernrohr Allah suchen", erklärt der SPD-Politiker. Schily sagt wie
schon Außenminister Frank-Walter Steinmeier, es habe nie ein
konkretes Angebot der USA zur Freilassung von Kurnaz gegeben. "Dies
ist eine Legende", sagt Schily, der damals Bundesinnenminister war.
Der Ex-Minister erinnert im Zusammenhang mit einer möglichen Freilassung an die Staatsbürgerschaft von Kurnaz: "Von deutscher Seite ist einer Freilassung zu keinem Zeitpunkt irgendetwas in den Weg gelegt worden. Als türkischer Staatsangehöriger konnte Kurnaz jederzeit in die Türkei einreisen." Die Abwägung der deutschen Sicherheitsbehörden, sagt Schily, "hätte vielleicht anders ausgesehen, hätte es den Ausweg in die Türkei nicht gegeben. Aber diese Frage stellte sich nicht".
Der SPD-Politiker wirft der Union im Kurnaz-Fall Doppelzüngigkeit
vor: "Es ist heuchlerisch, wenn sich heute auf einmal einige
CDU-Parlamentarier als Menschenrechtsaposteln aufspielen. CDU/CSU
haben sich in den Jahren 2001 und 2002 mit Forderungen nach absoluter
Härte überboten. Keine unserer Maßnahmen war ihnen damals hart genug,
sie forderten sogar die Ausweisung von Islamisten auf einen bloßen
Verdacht hin."
Auch nach der Rückkehr von Kurnaz durch die Intervention von Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt Schily eine Entschuldigung bei Kurnaz ab: "Das sähe ja so aus, als hätten wir eine Art Mitverantwortung für Guantánamo. Vielleicht sollte eher Herr Kurnaz seinerseits bedauern, dass er unter sehr merkwürdigen Voraussetzungen nach Pakistan gereist ist. Ihn jetzt als einen Märtyrer aufzubauen, den die Bundesrepublik angeblich auf dem Gewissen hat, ist eine sehr üble Geschichte."
Quelle: Pressemitteilung DIE ZEIT