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CSU-Innenpolitiker Uhl entfacht neue Diskussionen zur Vorratsdatenspeicherung

Archivmeldung vom 25.07.2011

Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 25.07.2011 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.

Freigeschaltet durch Thorsten Schmitt
Bild: Andreas Morlok / pixelio.de
Bild: Andreas Morlok / pixelio.de

Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Hans-Peter Uhl, hat nach den Anschlägen in Norwegen erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert. "Wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung", sagte der CSU-Politiker der "Passauer Neue Presse". Um Anschläge verhindern zu können sei es notwendig, dass Ermittler im Vorfeld die Kommunikation verdächtiger Personen überwachen können.

Die alte Regelung zur Vorratsdatenspeicherung sah vor, dass Daten von Telefon- und Internetverbindungen sechs Monate lang zur Kriminalitätsbekämpfung gespeichert werden. Diese wurde jedoch im März 2010 vom Bundesverfassungsgericht gekippt. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) fordert hingegen, dass Daten nur bei einem begründeten Verdacht gesichert werden dürfen, was die Union für unzureichend hält. Um potentielle Attentate zu verhindern forderte Bernhard Witthaut, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), eine Datei auffälliger Personen einzurichten.

Innere Sicherheit: CDU-Politiker warnt vor vorschnellen Lösungen

Der CDU-Politiker Reinhard Grindel hat in der Debatte über die innere Sicherheit vor vorschnellen gesetzgeberischen Aktionen gewarnt. "Wir dürfen auch auf keinen Fall den Eindruck erwecken, als ob man diese unfassbare Tat jetzt zum Anlass nimmt und im Streit um die innere Sicherheit innerhalb der Koalition zu punkten", sagte Grindel im Deutschlandfunk."Ich warne dort vor vorschnellen Patentlösungen, die es nicht gibt." Es sei wichtig, das Internet als öffentlichen Raum zu verstehen und klar zu machen, dass in der virtuellen Welt nichts hingenommen werden darf, was man auch in der realen Welt nicht akzeptieren würde. "Wir brauchen, glaube ich, auch im Internet noch stärker eine Kultur des Hinsehens", so der CDU-Politiker. Bei der derzeitigen Menge von Internetseiten sei es nötig, dass jeder Internet-Nutzer, der massive Radikalisierungen feststellt, staatliche Stellen davon informiert.

FDP-Politiker Buschmann weist Forderung nach Vorratsdatenspeicherung zurück

FDP-Rechtsexperte Marco Buschmann hat nach dem Anschlag in Norwegen Forderungen nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung zurückgewiesen. "Wenn man nach dem Attentat in Norwegen die Vorratsdatenspeicherung fordert, ist das ein Stück weit geschmacklos," sagte Buschmann der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Dienstagsausgabe). Wer das fordere, so Buschmann, zeige, dass er von dem Thema wenig verstanden hat. "Die Vorratsdatenspeicherung verhindert keine solchen Attentate. Sie kann lediglich im Nachhinein bei der Ermittlung helfen. Die Politik täte gut daran, wenn sie in so einem Fall innehalten würde, anstatt populistische Forderungen aufzustellen," sagte Buschmann weiter.

Bayrischer Innenminister Herrmann unterstützt Vorratsdatenspeicherung

Der bayrische Innenminister, Joachim Herrmann (CSU), hat nach den Anschlägen in Norwegen eine intensivere Beobachtung des Internets gefordert und unterstützt die Vorratsdatenspeicherung. "Vor allen Dingen ist natürlich wichtig zu wissen, handelt es sich wirklich um einen absoluten Alleintäter, oder gibt es Vernetzungen zu anderen, sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Bislang gäbe es darauf aber noch keine konkreten Hinweise. "Die Forderung nach der Vorratsdatenspeicherung ist richtig, völlig unabhängig von dem Geschehen in Norwegen", so Herrmann. Es sei wichtig, Einträge im Internet genauer zu beobachten. Vorratsdatenspeicherung nütze jedoch nur dann etwas, wenn ein Netzwerk von verschiedenen Tätern im Vorfeld kommuniziert. Nur dann könne man möglichen Attentatsplänen auf die Spur kommen. "Aber sollte es sich wirklich um einen Einzeltäter handeln, dann kommen wir natürlich gerade mit der Beobachtung der Kommunikation da nicht weiter", fügte der Politiker hinzu.

Vorratsdatenspeicherung hätte Anschläge in Norwegen wohl nicht verhindern können

Angesichts der Anschläge in Norwegen hat die Organisation "no abuse in internet" (naiin) vor Schnellschüssen gewarnt. Die gemeinnützige Einrichtung, die seit über einem Jahrzehnt unter anderem im Kampf gegen Extremismus im Internet engagiert ist, verurteilt insbesondere, dass die schlimmen Ereignisse von einigen Politikern dazu instrumentalisiert werden, die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland zu fordern. "In Norwegen werden nach unserem Kenntnisstand IP-Adressen in der Praxis bereits über mehrere Wochen hinweg gespeichert. Außerdem stehen den Behörden weitere Überwachungsmaßnahmen zur Verfügung. Und dennoch hatten sie den Täter nicht auf dem Radar", erklärt Dennis Grabowski, 1. Vorsitzender von naiin.

Ohnehin sei die Vorratsdatenspeicherung nicht das Allheilmittel, als das sie immer wieder angepriesen werde, moniert die Organisation. "Sie kann umgangen werden, ist nicht treffsicher und verletzt die Bürgerrechte von Millionen Unschuldigen. Mit dem Wertekanon eines demokratischen Rechtsstaates ist dieses Ermittlungsinstrument nicht vereinbar", so Grabowski. naiin kritisiert darüber hinaus, dass es gerade in der deutschen Politik einen Trend gebe, nach Ereignissen wie in Norwegen das Internet vorschnell an den Pranger zu stellen.

"Das Internet ist ein freiheitliches Medium, das als solches auch erhalten bleiben sollte. Entsprechend dem hohen Stellenwert, den es in unserer Gesellschaft heute einnimmt, lässt es sich bedauerlicherweise nicht vermeiden, dass es auch von Nutzern mit extremistischer Gesinnung genutzt wird", erklärt der naiin-Vorsitzende. Extremisten nutzen die Möglichkeiten des weltweiten Datennetzes nach Angaben von naiin vor allem zur Selbstinszenierung, Nachwuchsrekrutierung, Vernetzung und Verbreitung ihres Gedankengutes. "Das sollte aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Internet vor allem aber freiheitliche und demokratische Werte in Regionen der Welt bringt, in der diese noch nicht selbstverständlich sind, und eben nicht überwiegend von Terroristen und Extremisten genutzt wird", führt Grabowski aus.

Dennoch gelte es laut naiin den Kampf gegen Extremismus jeder Couleur im Internet nicht zu vernachlässigen, sondern weiter zu intensivieren. Die Organisation fordert neben mehr Personal für die Strafverfolgungs- und Sicherheitsbehörden auch die Bereitstellung von Fördermitteln für gesellschaftliche Initiativen. naiin kritisiert, dass ein Gros der von der Bundesregierung im Kampf gegen Extremismus bereitgestellten Fördermittel nicht für Maßnahmen im Internet vorgesehen sei. "Die aktuelle Förderpolitik der Bundesregierung trägt der zentralen Rolle, die das Internet in unserer heutigen Gesellschaft spielt, nicht angemessen Rechnung", kritisiert der naiin-Vorsitzende.

Quelle: dts Nachrichtenagentur / naiin

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