Oskar Lafontaine: "An dem Ermorden von Menschen darf sich die Bundeswehr auch nicht mittelbar durch das Fotografieren von Landschaften und von Stellungen beteiligen"
Archivmeldung vom 21.07.2007
Bitte beachten Sie, dass die Meldung den Stand der Dinge zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung am 21.07.2007 wiedergibt. Eventuelle in der Zwischenzeit veränderte Sachverhalte bleiben daher unberücksichtigt.
Freigeschaltet durch Thorsten SchmittOskar Lafontaine, Co-Vorsitzender der Partei "DIE LINKE", stellte sich heute im RTL-Sommerinterview in seiner saarländischen Heimat den Fragen von Christof Lang. Darin äußerte sich Lafontaine u.a. zur SPD als möglichem Koalitionspartner und zu seiner Kritik am Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr.
Zudem begleitet das "RTL-Nachtjournal" Lafontaine einen gesamten Tag
lang u.a. bei einer Wahlkampfveranstaltung in Saarbrücken, bei der
Betriebsbesichtigung einer Eisenhütte sowie im Umgang mit seinen
potentiellen Wählern am Infostand von "DIE LINKE".
Die Reportage sowie das gesamte Interview gibt es heute im Anschluss
an das verkürzte "RTL Nachtjournal" um ca. 0.20 Uhr.
Über sein Verhältnis zur SPD und der SPD als möglichem
Koalitionspartner äußert sich Lafontaine wie folgt:
"Mein Verhältnis zur SPD ist geklärt. Ich habe die SPD verlassen weil
ich gesagt habe, ich bin mit der Politik nicht mehr einverstanden.
Jetzt sagen wir, wir haben klare politische Ziele. Wir wollen eine
armutsfeste Rente, wir wollen längeres Arbeitslosengeld wieder, also
weg mit Hartz IV. Wir wollen den Mindestlohn und wir wollen
insbesondere den Truppenrückzug aus Afghanistan. Und wir sagen, wer
mit uns eine solche Politik macht, ist Willkommen. Wenn wir keinen
Partner finden, machen wir weiter Opposition."
Oskar Lafontaine definiert, was für ihn "links" bedeutet, wie
folgt:
"'links' heißt für mich, im Zweifelsfall immer einzutreten für
Arbeitnehmer, Rentner und sozial Bedürftige. Die Mehrheit des
Bundestages hat Hartz IV zu verantworten, hat die Rentenkürzungen zu
verantworten und verteilt immer Milliardengeschenke an Unternehmer.
Das ist für mich nicht links."
Zur den Möglichkeiten der Finanzierung seiner Forderung,
Arbeitnehmer und Rentner müssten am wachsenden Wohlstand beteiligt
werden, sagt Lafontaine:
"Erstens einmal sind die Löhne und damit wachsende Renten zu
finanzieren aus dem Zuwachs des Reichtums bei den Löhnen, also aus
den exorbitanten Gewinnen, die die Betriebe zurzeit machen, bei den
Renten über Steuern und Abgaben. Und es gibt ja einen Satz, den
bisher kein Professor widerlegt hat: Wenn wir die Steuernabgabenquote
des europäischen Durchschnitts hätten in Deutschland, dann hätten wir
140 Milliarden Euro pro Jahr Mehreinnahmen in den öffentlichen
Kassen, keine einzige soziale Kürzung der letzten Jahre wäre
notwendig gewesen. Ich lade jetzt wieder alle neoliberalen
Professoren ein, diesen Satz zu widerlegen."
Lafontaine plädiert für eine Senkung der Einkommenssteuer und für
eine Vermögenssteuer, höhere Spitzensteuersätze und eine höhere
Erbschaftssteuer:
"Der Mittelstand sollte nach unserer Vorstellung nicht bluten. Wir
haben vorgeschlagen statt der Unternehmenssteuersenkung, die den
Großkonzernen zugute kommt, die Steuern für Facharbeiter zu senken
und für die drei Millionen Kleinbetriebe, die alle in der
Einkommenssteuer erfasst sind. Und das wäre sicher eine Stärkung der
kleinen und mittleren Betriebe, das hat aber die Mehrheit im
Bundestag abgelehnt. Wir würden Vermögenssteuer befürworten, höhere
Spitzensteuersätze und eine höhere Erbschaftssteuer. Das geht in
anderen Ländern, das geht auch bei uns."
"Wir haben ein Geldvermögen in Deutschland von viereinhalb
Billionen (...) Euro, ein reines Geldvermögen. Die Hälfte gehört den
oberen Zehntausend. Wenn man die mit fünf Prozent besteuern würde,
bei Renditen, die deutlich höher sind, hätte man schon die Summe fast
zusammen, die ich genannt habe."
Von seiner Bezeichnung des Afghanistan-Einsatzes der Bundeswehr als 'Staatsterrorismus' rückt Lafontaine nicht ab: "Ich habe den Deutschen Bundestag zitiert. Der Deutsche Bundestag hat gesagt, ein Terrorist ist: Wer rechtswidrig Gewalt anwendet, um politische Ziele durchzusetzen. Dies trifft auf die so genannte Operation "Enduring Freedom" in Afghanistan zu, also wo viele unschuldige Zivilisten umgebracht werden entgegen den Genfer Konventionen, wir liefern Fotos dazu. Das Bundesverfassungsgericht hat eines der schwächsten Urteile abgegeben (...) der letzten Jahre. Es ist eindeutig, dass das Ermorden von Zivilisten nicht rechtens ist (...). Ich bleibe dabei. An dem Ermorden von Menschen darf sich die Bundeswehr auch nicht mittelbar durch das Fotografieren von Landschaften und von Stellungen beteiligen."
Quelle: Pressemitteilung RTL