Protest gegen CDU: Steinmeier bedauert Verdienstkreuz-Rückgaben
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat mit Bedauern auf die Ankündigung zweier Bundesverdienstkreuzträger reagiert, ihre Orden aus Protest gegen die Aufwertung der AfD zurückzugeben. "Der Bundespräsident würde eine Rückgabe des Verdienstordens durch Herrn Weinberg und Herrn Toscano sehr bedauern", sagte ein Sprecher Steinmeiers dem "Redaktionsnetzwerk Deutschland".
"Der Bundespräsident wird beide zu einem Gespräch einladen." Der
Holocaust-Überlebende Albrecht Weinberg und der Fotograf Luigi Toscano
hatten nach der gemeinsamen Abstimmung zur Migrationspolitik von
CDU/CSU, FDP und AfD erklärt, ihre jeweiligen Verdienstorden der
Bundesrepublik zurückzugeben. Damit wollen sie gegen die Aufwertung der
AfD im Deutschen Bundestag protestieren, hatten sie dem RND erklärt.
In
Reaktion darauf verwies das Bundespräsidialamt auf die Verdienste der
beiden Ordensträger: Bundespräsident Steinmeier habe den
Holocaust-Überlebenden Albrecht Weinberg 2017 für dessen persönlichen
Einsatz, mit dem er als Zeitzeuge in Schulen zur Erinnerung an die
NS-Verbrechen beiträgt, mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland ausgezeichnet, sagte der Sprecher dem RND.
Den
Fotografen Luigi Toscano habe Steinmeier 2021 ausgezeichnet, weil er mit
seinen weltweit beachteten Porträts von Überlebenden die Erinnerung an
den Holocaust wachhalte. Das Bundespräsidialamt verwies darauf, dass
Steinmeier erst in der Gedenkstunde für die Opfer des
Nationalsozialismus am Mittwoch im Bundestag hervorgehoben habe, dass
die Shoah "ein Teil der deutschen Identität" sei: "Es gibt kein Ende der
Erinnerung und deshalb auch keinen Schlussstrich unter unsere
Verantwortung", hatte der Bundespräsident gesagt.
Das
Internationale Auschwitz-Komitee zeigte Verständnis für den Schritt der
Ordensträger: "Der Blick der Überlebenden auf Deutschland verdunkelt
sich", sagte der Exekutiv-Vizepräsident des Komitees, Christoph Heubner,
dem RND. "Sie fragen sich, warum der Vorsitzende einer großen
konservativen Partei, die bisher die Lehren aus der Geschichte des
Holocaust und die Würde und die Lebensleistung der
Holocaust-Überlebenden geachtet hat, plötzlich die Zusammenarbeit mit
einer Partei für akzeptabel hält, die die Lehren aus der Geschichte des
Holocaust auf den Müllhaufen bugsieren will", so Heubner.
Der
99-jährige Weinberg, der die Konzentrationslager Auschwitz und
Bergen-Belsen überlebte, hatte dem RND über das Bundesverdienstkreuz
gesagt: "Ich fühlte eine große, große Ehre, als ich es 2017 erhielt. Nun
aber will ich es nicht mehr."
Der Fotograf Toscano ist für sein
seit zehn Jahren laufendes Projekt "Lest we forget" und öffentliche
Ausstellungen von Porträts Überlebender bekannt geworden. Er sagte dem
RND, dass demokratische Parteien "für eine reine Machtdemonstration eine
Mehrheit mit Stimmen von Rechtsextremen" erzwingen, sei "Verrat an der
Demokratie". Er könne und wolle Holocaust-Überlebenden nicht erklären,
"dass eine Partei, die künftig Deutschland regieren will, im Parlament
mit Rechtsextremen stimmt".
Quelle: dts Nachrichtenagentur