Bundeswehrverband will neue Form der Wehrpflicht

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Angesichts der schrumpfenden und überalterten Bundeswehr fordert der Vorsitzende des Bundeswehrverbands, André Wüstner, von Union und SPD Schritte hin zu einer neuen Wehrpflicht. "Es muss von der ganzen Gesellschaft wieder verstanden werden, dass eine Wehrpflicht nicht zum Krieg führt, sondern der Abschreckung und damit unserem Leben in Frieden und Freiheit dient", sagte Wüstner der "Süddeutschen Zeitung".
Die Gewinnung von mehr Personal und die Bildung einer leistungsfähigen
Reserve sei ohne eine neue Art der Wehrpflicht, vergleichbar mit dem
schwedischen Modell, nicht zu erreichen. Zumindest solle man noch in
diesem Jahr mit der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD)
angedachten Erfassung und Musterung aller jungen Männer beginnen.
So
habe Generalinspekteur Carsten Breuer zuletzt den Bedarf wegen
zusätzlicher Nato-Anforderungen auf mittelfristig 460.000 Soldaten und
Reservisten beziffert. "Ob das reicht, wird auch davon abhängig sein, ob
Präsident Trump die US-Streitkräfte in Gänze in Europa belässt oder
nicht, wie erwartet, weiter ausdünnen wird", so Wüstner. Schon heute
gebe es alleine im Heer einen zusätzlichen Personalbedarf zwischen
35.000 und 45.000 Soldaten. "Wir brauchen auch neue und attraktivere
Dienstmodelle, ein eigenes Besoldungsrecht und bessere Perspektiven für
die Zeit nach der Bundeswehr."
Generell brauche die Bundeswehr
daneben auch große Strukturreformen, vor allem mehr Dezentralisierung
und Entscheidungsbefugnisse auch für untere Ebenen. "Keine Frage, ein
steigender Verteidigungshaushalt ist eine gute Grundlage, macht aber
nicht allein glücklich. Wer in den nächsten Jahren erfolgreich sein
will, muss mehr denn je 'out of the box' denken, braucht Mut für echte
Weichenstellungen und darf keine Angst vor teils disruptiven Prozessen
haben", so Wüstner. "Wir brauchen wie auch bei Beschaffung oder der
Realisierung von Infrastruktur ein ganz neues Denken - und das muss
bereits in den Koalitionsverhandlungen eine Rolle spielen."
Der
Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft, Moritz Schularick,
der zu der Ökonomen-Gruppe gehört, die mit ihren Vorschlägen für die
Koalitionsverhandlungen die Debatte um das Finanzpaket forciert hatte,
forderte bei der Beschaffung einen klaren Fokus. Generell müsse
überdacht werden, ob die Ostflanke Europas wie im Kalten Krieg mit 2.000
oder 3.000 Kampfpanzern geschützt werden solle, sagte Schularick der
SZ.
"Heute wird schnell ein 25-Millionen-Panzer von einer Drohne
zerstört, die ein paar zehntausend Euro kostet. Ein Drohnen-Wall an der
Ostflanke ist womöglich günstiger als neueste Kampfpanzer", so
Schularick. Das lehre der Krieg in der Ukraine. "Gut denkbar, dass wir
eher zwei Millionen Drohnen, als 2000 neue Kampfpanzer brauchen", sagte
der Ökonom. Es brauche vor allem einen Fokus auf neue Technologien und
Beschaffung in Europa. Zudem brauche Deutschland dringend mehr eigene
Weltraumfähigkeiten für die Verteidigungsfähigkeit. "Es müssten Hunderte
eigene Satelliten ins All geschossen werden."
Quelle: dts Nachrichtenagentur