Innenministerium hat rechtliche Bedenken bei Zurückweisungen
Archivmeldung vom 10.09.2024
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Freigeschaltet durch Sanjo BabićDas Bundesinnenministerium hat vor einem weiteren Treffen mit Unionsvertretern zur Migrationspolitik rechtliche Bedenken bei der Zurückweisung von schutzsuchenden Flüchtlingen aus Drittstaaten im Rahmen der vorübergehend wiedereingeführten Binnengrenzkontrollen artikuliert. Das geht aus einer Bewertung der rechtlichen Voraussetzungen von Zurückweisungen des BMI hervor, über die die "Rheinische Post" in ihrer Mittwochsausgabe berichtet.
Darin heißt es: "Mit Blick auf den Schengener Grenzkodex (SGK), auf
dessen Grundlage vorübergehende Binnengrenzkontrollen bereits
durchgeführt werden und Einreiseverweigerungen (grds. ohne
Schutzersuchen) erfolgen, hat der EuGH bereits einen Rückgriff auf Art.
72 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) für
unzulässig erachtet, da der SGK die legitimen Interessen der
Mitgliedsstaaten ausreichend berücksichtige, da er Ausnahmen im Falle
der ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung und den Schutz der
inneren Sicherheit bereits ermöglicht."
In der Bewertung werden
die hohen Hürden einer solchen rechtlichen Ausnahme beschrieben. Artikel
72 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union setze
demnach das Vorliegen "einer tatsächlichen und hinreichend schweren
Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (öffentliche
Ordnung) oder des Funktionierens der Einrichtungen des Staates, seiner
wichtigen öffentlichen Dienste oder des Überlebens der Bevölkerung
(innere Sicherheit) voraus", heißt es in der Rechtseinschätzung des BMI.
"Deutschland
müsste konkret darlegen (Beweislast), dass der Tatbestand erfüllt ist
und die Ausnahme erforderlich sowie verhältnismäßig ist", heißt es
weiter. Hierbei komme dem Mitgliedsstaat zwar ein Beurteilungsspielraum
zu. Die Anforderungen seien aber "eng" und vom EuGH an unionsrechtlichen
Maßstäben gerichtlich überprüfbar. Erforderlich wäre eine die
"substantielle Darlegung der Ausnahmesituation".
Schließlich
weist das BMI in seiner Einschätzung darauf hin, dass ein Vorgehen auf
Grundlage von Art. 72 AEUV durch den EuGH gerichtlich überprüft werden
könnte. "In Betracht kommt die Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland oder aber auch ein
Vorabentscheidungsersuchen eines deutschen Gerichts, mit dem der Verstoß
gegen Unionsrecht gerügt wird", heißt es zum Schluss in der Bewertung.
Quelle: dts Nachrichtenagentur