Wirtschaftsrat: Eine Vergemeinschaftung von faulen Bankkrediten durch EU-Einlagensicherung muss durch Finanzminister eindeutig abgelehnt werden
Archivmeldung vom 11.10.2018
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Freigeschaltet durch André OttDer Wirtschaftsrat der CDU e.V. kritisiert die lapidare Interview-Aussage von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), bis Ende des Jahres könnten die Risiken in den Bankbilanzen verringert werden. "Wir müssen hier realistisch von einem Jahrzehnt und nicht von ein paar Monaten ausgehen. Solche Äußerungen eines deutschen Finanzministers öffnen die Tür für die Beteiligung der Sparer an extremen Risiken durch faule Kredite, die sich insbesondere in den Bilanzen italienischer und griechischer Banken aufgetürmt haben.
Von einer Lösung dieses Problems sind wir derzeit weit entfernt. Das darf ein deutscher Bundesfinanzminister nicht so lapidar suggerieren", kritisiert Generalsekretär Wolfgang Steiger. "Ohne dass zentrale Voraussetzungen vollständig erfüllt sind, lässt es sich nicht verantworten, das stabile deutsche System, dass sich seit über 80 Jahren bewährt hat, für ein wackliges europäisches Konstrukt preiszugeben", unterstreicht Wolfgang Steiger. Eine wesentliche Hausaufgabe vor der Diskussion über die Einlagensicherung ist deshalb, dass Staatsrisiken in Bankbilanzen etwa über Großkreditgrenzen nachhaltig abgebaut und die regulatorische Vorzugsbehandlung von Staatsanleihen endlich abgeschafft werden. Das wird kein Selbstläufer. Seit Jahren ist dieses Problem bekannt, wird aber nicht angegangen, weil die Refinanzierung der Staatsschuld für einige Finanzminister verteuert würde. Dieser Nexus war und ist politisch gewollt. Ohne Frage ist auch eine juristisch einwandfreie Rechtsgrundlage für die Einführung von EDIS eine grundlegende Voraussetzung. Die Kompetenz zur Vertiefung des Binnenmarkts aus Artikel 114 AEUV kann dies nicht bieten. Ebenfalls muss sichergestellt werden, dass EDIS nicht ungewollt zur Austrittssubvention verkommt. Genau dies würde passieren, wenn die Einlagensicherung im Falle eines Austritts die nationalen Konten in Euro absichert. Nicht zuletzt müssen wir die verharmlosende Rhetorik entlarven: Zum jetzigen Zeitpunkt wäre EDIS eine Konstellation, die deutschen Sparern nachweislich mehr Risiken und ein geringeres Schutzniveau bietet. Wer etwas anderes behauptet, argumentiert gegen die Fakten.
"Eine vergrößerte europaweite Vergemeinschaftung von Schulden darf es nicht geben. Wenn aber der ESM künftig kriselnden Staaten mit ,vorsorglichen Krediten' helfen soll, wird dieses Prinzip ad absurdum geführt", so Wolfgang Steiger. Hintergrund ist die anstehende Reform des Eurorettungsschirms ESM, der zu einem Europäischen Währungsfonds umgebaut werden soll. Nach Ansicht des Wirtschaftsrates kann die Bankenunion erst dann funktionieren, wenn alle EU-Mitgliedsstaaten ihre Haushalte und Bankensysteme saniert haben. "Italien ist dabei zweifellos das entscheidende Land mit Blick auf die faulen Kredite", sagt Wolfgang Steiger. "Ich bleibe dabei: In Italien findet derzeit das Endspiel um den Euro statt. Wenn die europäischen Partnerländer oder die EU-Kommission hier falsche Signale senden, öffnen sich die Schleusen und der Vertrag von Maastricht ist nur noch Makulatur", sagt Wolfgang Steiger. "Die Aussagen des Finanzministers sind deshalb nicht nur kontraproduktiv, sondern in Hinsicht auf die jüngsten Einlassungen von italienischer Seite sogar brandgefährlich."
Besorgniserregend sind die zu befürchtenden Ausfallquoten bei Bankkrediten aber nicht nur in Italien, sondern auch in Portugal und Irland. Bei Slowenien sieht die Situation aufgrund der relativ hohen Absicherung (Coverage Ratio) im Land etwas entspannter aus. Hoch dramatisch sind dagegen die Zahlen in Griechenland und Zypern. "Nach der schleichenden Entwertung der Vermögen in Spareinlagen und Lebensversicherungen durch die Niedrigzinspolitik sollen deutsche Sparer auch noch mit ins Risiko für die unsolide Kreditvergabe und mangelhafte Absicherung in einigen EU-Mitgliedsstaaten eintreten", kritisiert Wolfgang Steiger. "Der Bundesfinanzminister muss unmissverständlich klarstellen, wo er hier steht. Das ist doch den Bürgern gegenüber nicht mehr zu vermitteln und wird bei der Europawahl 2019 nur die Populisten an den Rändern stärken."
Der Wirtschaftsrat sieht jetzt die Mitgliedsstaaten in der Pflicht: "Die Schaffung geeigneter Insolvenzregime, der konsequente Abbau der faulen Kredite und eine entsprechende Risikovorsorge sind die unabdingbaren Grundlagen", erklärt Wolfgang Steiger. "Wer etwas anderes sagt und die Risiken aus den bestehenden ausfallgefährdeten Krediten schon vorab auf die europäische Ebene überführen möchte, dem geht es in Wirklichkeit um die Verschiebung der finanziellen Lasten und nicht um Stabilität. Den deutschen Sparern muss man hier reinen Wein einschenken."
Quelle: Wirtschaftsrat der CDU e.V. (ots)