Mützenich zeigt sich "irritiert" über Schulden-Kehrtwende der Union

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Der ehemalige SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat sich verärgert darüber gezeigt, dass die Union erst nach der Wahl ihren Kurs bei der Schuldenbremse geändert hat. "Dass das jetzt innerhalb von wenigen Stunden gelungen ist, obwohl es immer auf den Widerstand von Herrn Merz und der Unionsfraktion und der beiden Parteien CDU/CSU auch gestoßen ist, das irritiert mich", sagte Merz dem "Interview der Woche" der ARD.
"Das verärgert mich auch schon, weil ich eigentlich vorausschauend Herrn
Merz gebeten hatte, mit uns diesen Weg schon in der letzten
Legislaturperiode zu gehen. Und er hätte ihn mitgehen können."
Die
Frage, ob Merz Kanzler kann, bejahte Mützenich nach kurzem Zögern.
Gleichzeitig sagte er, ein Kanzler könne nicht alles allein stemmen und
müsse auch Teamplayer sein. "Er muss in einem Kabinett, was
möglicherweise dann auch die SPD umfasst, ja manches auch ausgleichen
können", sagte der SPD-Politiker. "Und er muss sich auch in viele
Details auch hineinarbeiten, ohne besserwisserisch zu sein." Am Ende
Entscheidungen zu treffen, traut Mützenich Merz zu.
In die
laufenden Sondierungen will Mützenich sich nicht einmischen. "Wenn ich
gefragt werden würde, ob ich noch Ratschläge geben könnte, dann würde
ich das tun. Aber ein unmittelbarer Akteur zu sein, danach drängt es
mich nicht", sagte der ehemalige SPD-Fraktionschef.
Angesichts
der Abkehr des US-Präsidenten Donald Trump von der Ukraine-Unterstützung
will er nicht nur auf Abschreckung setzen. "Wir wollen
verteidigungsfähig sein, wir müssen abschrecken, wir müssen uns erwehren
können. Aber wir wollen ja keine Kriege führen. Das ist schon etwas
anderes und das ist auch aus meiner Sicht angelegt in den Erfahrungen
nach zwei durch Deutschland verschuldete Weltkriege", sagte Mützenich.
"Und auf der anderen Seite bin ich auch letztlich der festen
Überzeugung, dass wir mehr brauchen als nur die Abschreckungsfähigkeit."
Er wünscht sich die "Staatskunst" eines Helmut Schmidt zurück, der
nicht allein auf militärische Stärke gesetzt habe, sondern auch auf
Verhandlungen.
Mützenich zeigte sich skeptisch gegenüber dem
Angebot von Frankreichs Präsident Emanuel Macron, andere europäische
Länder unter den atomaren Schutzschild zu holen. "Wenn man sich es genau
anschaut, weiß man, dass es natürlich keine nukleare Teilhabe sein
wird. Die französischen Atomwaffen werden am Ende immer unter der
Entscheidungsgewalt eines französischen Staatspräsidenten, einer
Staatspräsidentin stehen, was ja auch alles nicht ganz ausgeschlossen
ist", mahnte er mit Blick auf eine mögliche nächste Präsidentin Le Pen
in Frankreich.
Er finde es "etwas mühselig, diese Debatte über
die französischen Atomwaffen zu führen", so Mützenich. "Ich würde lieber
eine Diskussion darüber führen, wie wir stärker konventionell
abschreckungsfähig sind. Wir haben heute gar nicht mehr so eine starke
Unterscheidung in den Militärstrategien zwischen nuklearen Fähigkeiten
und konventionellen Fähigkeiten."
Quelle: dts Nachrichtenagentur